54 PaTRiCk und mAnU #Kürbistumor

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"Hast du auch eine Freundin, Patrick?",fragte Lukas mich. Seine blonden Locken waren etwas zerzaust, da er gerade vom spielen herein kam. Ich strich ihm über den Kopf, um seine Haare zu glätten und lächelte dabei leicht. "Ich habe viele Freundinnen",erklärte ich. "Aber du musst doch eine haben, die du sehr gerne magst",erwiderte der Kleine. "Nein, irgendwie habe ich die nicht." "Warum nicht?" Er hatte mich in die Malecke gezogen. Ich legte ihm Stifte und Papier hin und er begann zu malen.

"Was malst du?" Er schüttelte wild den Kopf. Seine Locken flogen von rechts nach links über das ganze Gesicht. "Erst meine Frage",wand er ein. "Du weißt, wie das Leben funktioniert, was?",fragte ich belustigt nach, was er nicht verstand. "Das Leben funktioniert doch nicht? Es ist so wie es ist",meinte er. "Meine Mama meinte, zu dir könnte ein schlankes Mädchen passen. Sie könnte brauen Haare haben und grüne Augen",auf dem Bild konnte ich mich erkennen. Er malte gerade meine Haare, "und sie hätte dann den gleichen Humor, wie du",jedes Wort, das er sagte, erinnerte mich an eine Person von früher," und ihr hättet dann drei wundervolle Kinder. Meine Mama sagt, das würde sie dir wünschen."

Manu begann zu lachen. "Du musst dir mal meinen Keller ansehen",rief er. "Was? Warum?",fragte ich kichernd. Ich liebte es. Seine Stimme zu hören, mit ihm zu lachen. Ich liebte ihn.

"Deine Mama scheint gute Menschenkenntnisse zu haben",sagte ich. "Meine Mama hat immer Recht",prahlte Lukas. Er hatte ein breites Grinsen aufgesetzt. "Naja, fast immer. Es muss nicht immer ein Mädchen sein, weißt du?",erwiderte ich. "Hä, wie?",fragte er. "Es gibt Leute, die verlieben sich in Jungs. Die finden dann Mädchen nicht attraktiv",erklärte ich. "Aber ein Junge muss doch mit einem Mädchen zusammen sein. Sonst funktioniert das alles ja nicht",meinte Lukas. "Was funktioniert nicht?" "Ja, das Kinder kriegen." Ich schluckte. "Und wie funktioniert das?" Ich hoffte, seine Eltern hatten ihm eine gute Erklärung verkauft. Lukas lachte. "Weißt du das denn nicht? Wenn sich Mama und Papa ganz dolle mögen, dann sieht das der Storch und er bringt ihnen ein Baby von der Baby-Insel." Ich atmete erleichtert auf. "Zwei Männer können auch keine Kinder bekommen. Denen bringt der Storch nichts",meinte ich. "Das ist ja unfair",rief Lukas.

"Ja. Ja, das ist es. Was malst du?",fragte ich ihn, um das Thema zu wechseln. "Ich male dich und deinen Mann und ihr habt euch lieb." Er deutete auf die verschiedenen Bildelemente. Auf der linken Seite stand ich neben meinem Kopf war ein etwas verkrüppeltes Herz und links neben dem Herz stand ein Mann. Es war zumindest keine Frau. Über meinem Kopf hatte er mir P angefangen. "Wie schreibt man Patrick?",fragte er unschuldig. "P und dann ein a",erklärte ich. Zum Schluss stand da PaTRiCk. "Und wie heißt dein Mann?",fragte er. "Schreib Manu hin",riet ich ihm. "M..a",murmelte er. mAnU. "Das zeige ich dann meiner Mama und meinem Papa",sagte er stolz. Ich legte das Bild etwas zur Seite, damit ich es ihm bevor er nach Hause geht geben kann. "Hast du Hunger? Es ist Essenszeit",fragte ich ihn. "Au ja!",rief er und lief los zu dem großen Tisch.

Am nächsten Morgen ging ich nichts ahnend in den Personalraum. Ich war heute etwas später dran, da in der Stadt Stau herrschte. Ich stieß die Tür auf und begrüßte alle mit einem glücklichen "Moin". "Tut mir leid, dass ich so spät gekommen bin. Es gab Stau",erklärte ich. Plötzlich kam unsere Chefin zu mir. "Frau Steven wünscht, dich zu sprechen, Patrick",meinte sie. Steven war Lukas Nachname. Ich ahnte schlimmes. "Okay",sagte ich zögerlich. Und warum?" "Das wollte sie mit dir besprechen",meinte sie nur und deutete auf einen Nebenraum. Ich ging dort hinein. Auf einem Stuhl saß die genannte Frau.

"Guten Morgen, Frau Steven. Tut mir leid, ich hatte mich heute verspätet. Warten Sie schon lange?",begann ich. "Nein, kein Problem",sagte sie schlicht. "Und was ist dann das Problem?",fragte ich. "Mein Sohn Lukas hatte mir erzählt, dass die homosexuell sind",ihre Stimme war kühl. "Ja, das stimmt so auch",meinte ich hoffentlich selbstbewusst. "Wissen sie eigentlich, wie viel Mühe ich mir gebe, um ihn zu einem normalen Jungen zu erziehen. Und dann kommt so ein zweitklassiger, schwuler Kindergärten und mein Sohn sagt, er wolle später so werden wie sie." Ich schluckte. Das hatte ich nicht erwartete. Ihre leise, ruhige Stimme trotzte nur so von Verabscheuung. "Ich will, dass sie meinen Sohn nie wieder anfassen und nie wieder mir ihm reden",forderte sie. "Ich dulde sie nicht. Es war nicht von der Evolution vorgesehen, dass sie Männer ficken",zischte sie.

Das war hart. "Und wenn ich von meinem Sohn noch einmal, ihren und den Namen von ihrem Partner höre, sorge ich dafür, dass sie gefeuert werden. Ich will, das mein Kind nicht mit solchen in Kontakt kommt!" Ich hatte Angst. Lukas würde nicht aufhören davon zu reden und ich würde meinen Job los sein. "Verstanden. Ich werde ihrem Sohn nicht zu nahe kommen. Einen schönen Tag noch",verabschiedete ich mich und hielt ihr die Tür auf. Mich ignorierend stolzierte sie aus dem Raum. "Was wollte sie?",fragten mich meine Kolleginnen sofort. "Nicht so wichtig",meinte ich nur.

Die Kinder saßen alle in einem Kreis. Mädchen und Jungen gemischt. Das sah man später nicht mehr so oft. Lukas saß gegenüber von dem Platz für einen Betreuer. Von hinten tippte mich eine Kollegin an. Ich drehte meinen Kopf über die Schulter. "Willst du heute den Tag beginnen?",fragte sie. "Nein, mach du",wies ich ab. Ich wollte hier weg. Unser Kindergarten war klein. Wenn wir eine Abmeldung hätten, würden wir vom Staat nicht mehr gefördert werden. "Ist alles okay?",fragte sie. "Ja, klar",meinte ich nur, "Was soll denn sein?" "Gut",murmelte sie, sah mir noch kurz in die Augen und setzte sich dann in den Kreis.

"Fangen wir mit dem heutigen Tag an. Wie jeden Tag habe ich eine ganz einfache Frage für euch. Was ist Liebe?" Ich wusste, warum wir die Kinder solche Fragen stellten. Sie dachten immer ganz einfach. Wir würden oft nie auf deren Antworten kommen. "Wenn sich eine Frau und ein Mann ganz fest lieb haben",meinte ein Mädchen. Dann meldete sich Lukas zu Wort:"Aber es können auch zwei Männer sein!" "Hä, gar nicht",erwiderte das Mädchen. "Wie kommst du darauf, Lukas?",fragte meine Kollegin. "Patrick hat mir davon erzählt. Von ihm und Manu",sagte er. "Dem Manu?",fragte sie mich. Ich nickte zaghaft. "Nun ja, Lukas hat Recht. Es gibt Männer, die Männer lieben und Frauen, die Frauen lieben",erklärte meine Kollegin den Kindern. Ich sah meinen Job als Kindergärtner schon schwinden.

"Was an "lassen sie meinen Sohn in Ruhe" haben sie nicht verstanden?",fragte Frau Stevens mich am nächsten Morgen drohend. "Ich habe den ganzen Tag nicht ein Wort mit ihm geredet",verteidigte ich mich. "Aber Lukas redet nur von dir. Wenn das nicht anders wird, melde ich ihn hier ab",drohte sie, "Ich werde auch mit deiner Vorgesetzten reden." Ich schwieg. Nur weil sie ein homophobes... ich atmete tief ein, um mich zu beruhigen. "Mama, warum bist du noch hier?",fragte Lukas plötzlich. "Ich musste noch etwas mit Patrick bereden",erklärte sie. Dabei spuckte sie meinen Namen förmlich aus. "Er ist nämlich kein guter Umgang für mich." Lukas sah mich schief an. "Aber warum denn?",fragte er. "Weil er einfach kein gutes Vorbild ist",meinte sie. "Aber",Lukas wollte widersprechen. "Ich muss jetzt in die Arbeit, Schatz",unterbrach sie ihn und lächelte ihn lieb an.

"Ich verstehe meine Mama nicht immer",meinte Lukas leise. Wir beide hörten es, wodurch die Frau wütend wurde. "Wie können sie meinem Sohn näher stehen, als seine Mutter? Was erlauben sie sich eigentlich? Ich werde dafür sorgen, dass sie gefeuert werden!"

Später saß ich wieder mit Lukas im Malzimmer. Er zeichnete an einem ähnlichen Bild, wo er mich und einen anderen Mann zeichnete. Dazwischen wieder ihn. "Das schenke ich jetzt dir. Mama hat meines Zuhause weggeschmissen",erzählte er. Dabei hörte ich, wie traurig er darüber war. "Danke",flüsterte ich berührt. Mit krakeliger Schrift schrieb er meinen Namen und Manuels darüber. Stolz hielt er das Papier mir unter die Nase. Darauf war ich -oder jemand anderes mit brauenen hochgestylten Haaren- mit einem sehr organen Kopf und ein braunhaariger mit einem sehr weißen Kopf. Sie standen händchenhaltend da, sahen lächelnd zum Betrachter. Ich musste auch leicht lächeln.

PaTRiCk und mAnU
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Ich habe da mal eine Frage:
Welche Elemente würdet ihr den Freedom-Squad Mitgliedern zuteilen?
(Feuer, Wasser, Erde, Luft)

Oneshots | YouTuberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt