30 How to safe a life #Stexpert

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"Timmi!",rief der blonde Junge über den ganzen Spielplatz.

Seine Haare glänzten im Licht der untergehenden Sonne golden und er kam auf mich zugesprungen. Seine kurzen Arme legte er um meine Oberschenkel. Sein Kinn stützte er gegen mein rechtes Bein. Leicht lächelte ich ihn an und löste seine Hände. Ich ging vor ihm in die Hocke. Nun waren wir auf Augenhöhe.

"Willst du heim?",fragte ich.

"Ja, es wird kalt",jammerte dieser.

"Na dann komm."

Ich griff nach seiner kleinen Hand und führte ihn vom Spielplatz.

"Mama meinte, du sollst noch bei mir bleiben bis ich einschlafe",find der 5-Jährige an zu reden.

"Ja, ich weiß. Und das werde ich auch tun",versicherte ich ihm.

"Dann werde ich aber nicht einschlafen und wir können die ganze Nacht lang spielen",rief er.

Ich lachte kurz auf.

"Aber morgen musst du doch in den Kindergarten",meinte ich.

"Da will ich nicht hin. Da sind ganz viele Mädchen. Die sind blöd."

Beleidigt verschränkte er die Arme.

"Warum sind die denn blöd?",fragte ich neugierig und versuchte mein Lachen zu unterdrücken.

"Sie spielen immer mit ihren öden Puppen und kichern blöd",schimpfte er.

Er redete wie ein Wasserfall, aber ich hörte einfach nicht hin. Seine Stimme gelang in den Hintergrund. Er erinnerte mich, an mich selbst als ich in die neue Schule kam. Neue Schule, neue Lehrer, neue Leute, neuer Anfang, oder so. Ich habe davon gar nichts gespürt. Die Schule war nach dem gleichen Prinzip wie die Alte aufgebaut, die Lehrer mochten mich genauso wenig, die Schüler ignorierten mich genauso, meine Eltern stritten sich immer noch. Nichts von all dem, was sie mir versprochen hatten, ist wahr geworden.

"Und jetzt soll ich ihnen glauben, dass der Job mir gut tut",murmelte ich.

"Was?",fragte der Kleine plötzlich.

Ich fühlte mich ertappt.

"Was was?",fragte ich verwirrt zurück, obwohl ich genau wusste, was er meinte.

"Was was was",kicherte er jetzt.

"Wir müssen nur noch über die Straße und dann sind wir Zuhause",meinte ich.

"Das weiß ich doch."

" Und weil du das so gut weißt, darfst du sogar alleine über die Straße gehen",lobte ich ihn.

Er sah mich mit großen Augen an.

"Aber schau immer nach links und rechts",mahnte ich ihn.

Er nickte heftig und sah dann in die gesagten Richtungen. Es war eine wirklich wenig befahrene Straße, weil es eine Einbahnstraße war und zudem es hier nur Wohngebiet war. Es konnte eigentlich kaum was passieren, weil alle Autofahrer hier wissen, dass kleine Kinder einfach über die Straße rennen könnten. Trotzdem trichterte ich meinem kleinen Engel ein, dass er immer vorsichtig sein soll.

"Es kommt kein Auto",meinte er.

Ich ließ seine Hand los und er sah sich nochmal um und ging dann über die Straße. Natürlich dicht gefolgte von mir.

"Siehst du! Du bist ganz alleine über die Straße gegangen",lobte ich ihn erneut.

Er grinste. Vorallem seine Mutter machte sich große Sorgen um ihn. Er war ihr zweites Kind. Wo ihr erstes Kind ist, wusste ich nicht. Ich hatte es noch nie gesehen.

"Ich will nach oben, dann können wir endlich spielen!",rief er und zerrte mich an der Hand in das Treppenhaus des Mehrfamilienhauses.

Oben angekommen half ich ihm seine Jacke und Schuhe auszuziehen, wobei er fest darauf bestand, er könne es schon selbst.

"Ich bin nämlich ein Stegosaurus und der kann alles",meinte er immer.

"Na, dann mein kleiner Stegi, wollen wir mal spielen",antwortete ich.

"Timmi?",fragte er plötzlich traurig.

"Ja, was denn?",fragte ich vorsichtig.

Stegi, wie ich ihn absofort nannte, deutete auf meine hochgekrempelt Ärmel. Sein trauriger Blick lag auf meinen vernarbten Unterarmen und den frischen Wunden.

"Das hatte meine Schwester auch. Sie meinte, es wäre ein Zeichen. Sie wäre für etwas auserwählt. Und kurz bevor du gekommen bist, war sie plötzlich weg und meine Eltern hatten mir erzählt, dass sie verreist wäre. Bitte, lass mich auch nicht alleine zurück."

Schlagartig wurde mir klar, wo das erste Kind war. Es traf mich wie ein Schlag in die Magengrube.

"Sie ist verreist?",fragte ich stotternd.

Er nickte vehement.

"Ja, in ein besseres Land",meinte er, "Und sie ist dort sehr glücklich."

Er lächelte zaghaft.

"Woher weißt du das?"

Er stand auf und holte einen Zettel aus einer Schublade hervor.

"Sie hat mir geschrieben."

Ich überflog den Brief. Ich merkte, dass er von seiner Mutter stammen muss.

"Irgendwann triffst du sie wieder",versprach ich ihm.

Er sah mich traurig an.

"Wenn du verreist, nimmst du mich dann mit?",fragte er.

"Nein, weil ich nicht verreisen werde. Jetzt nicht mehr."

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Morgen früh noch eins? Hab noch ein paar auf Lager 😊

(Bei diesen blöden "Orientierungstagen" hab ich nämlich kein Wlan (ich heule ;-;))

PS: Ich hasse mein Gewissen, das ist blöd ;-;

Oneshots | YouTuberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt