89 Das Läuten der Hochzeitsglocken #Kürbistumor

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Vorsichtig schlug ich mit meiner Gabel an mein Weinglas, welches sofort einen klirrenden Ton von sich gab und die Gäste um mich herum erstummen ließ. Ich atmete nochmals tief durch und griff nach meinen kleinen Karten, die ich mir geschrieben hatte. Selbstbewusst stellte ich mich vor das Brautpaar, welche mich beide erwartungsvoll ansahen.

"Okay, also", begann ich mit zitternder Stimme, "ich, wie ihr alle vielleicht schon mitbekommen habt, bin der Trauzeuge meines besten Freundes und mir wurde gesagt, dass ich eine schöne, nicht zu kitischge, aber dennoch berührende Rede schreiben und vortragen soll. Schafft das erstmal, denn die Grauzone, in der ich mich dafür bewegen darf, ist klein.

"Patrick", sprach ich den Bräutigam an, "wir kennen uns schon über 20 Jahre. Wir haben eine lange Geschichte hinter uns mit vielen Hochs und Tiefs. Wir haben unsere Schulzeit miteinander abgesessen, haben so mache Freundinnen hinter uns gelassen, nur um jetzt hier zu sein. Du neben deiner Braut und ich als dein Trauzeuge."

Wie gerne würde ich neben Patrick stehen und diese Rede von jemand anderem anhören müssen. Wie gerne würde ich seine Hand halten, sie fest drücken, ihn hinter mir herziehen, an mich heran und schließlich einen Kuss auf seinen so weichen Lippen platzieren. Wie gerne, wäre ich in dieser Position.

Aber es musste anders kommen. Das wusste ich schon, als Patrick Lisa das erste Mal sah. Wir waren gerade mit unserem Abschluss fertig, gingen in eine Disco in der Stadt.

Patrick sah an dem Tag wunderschön aus. Er hatte eine zerissene schwarze Jeans an und ein schlichtes weißes T-shirt, aber an ihm sah es so edel aus. Ich wollte es ihm sagen, dass ich mich in ihn verliebt hatte. Ich wollte es so sehr, aber ich fühlte, wie es nicht der richtige Zeitpunkt war. Ich spührte, wie an diesem Tag irgendetwas einschneidendes passieren würde. Also beließ ich es dabei.

Wir betraten nach langem Anstehen den Club und es war schrecklich voll. Schon in den frühen Abendstunden konnte man sich kaum nach vorne bewegen. Ich hatte sie nicht gesehen, als sie Patrick anrempelte. Ich hatte nur Patricks strahlende Augen gesehen.

"Als du sie zum ersten Mal sahst, leuchteten deine Augen. Ich glaube, du weißt es nicht, aber ich habe es beobachtet. Deine Augen strahlten, als du ihr in die Augen gesehen hast. Lisa, du hast Patrick strahlen lassen, wie noch nie jemand zuvor. Und dann wusste ich es, dass ihr füreinander bestimmt wart."

Ich sah die verliebten Blicke, die Patrick ihr den ganzen Abend zuwarf und es tat weh. So verdammt weh. Warum musste er sich sofort in ein Mädchen verlieben? Und nicht in mich? Oder wenigstens in einen Jungen, dass ich eine wenigsten geringe Chance hatte.

Mein Atem zitterte vor Enttäuschung. In meine Augen schossen Tränen, denn in diesem Augenblick wurde mir klar, dass Patrick mich nie lieben wird.

"Ich geh ein bisschen raus. Schnapp sie dir", rief ich Patrick über die laute Musik hinweg zu.

"Du hast dich echt Hals über Kopf in sie verliebt. Ich weiß ja nicht, wie es bei dir war, Lisa, aber da hören wir ja noch eine zweite Sicht",ich blickte zu der Trauzeugin von Lisa, welche mir lächelnd zunickte.

"Was macht ein so schöner Junge draußen ganz allein?", fragte mich ein Mann mitte zwanzig. Er hatte sich ganz nah an mich gestellt, sein Atem stank nach Alkohol und Rauch, während seine Hand vorsichtig an meinem Rücken hinunter fuhr. Ich war emotional so geschädigt, dass es mir egal war, was mit mir passierte. Ich wollte nur eine Ablenkung von all dem, was ich dort drinnen gesehen hatte.

"Ich bin ja jetzt nicht mehr allein", erwiderte ich und drehte mich vollends zu ihm um. Seine Hand stoppte ganz unten an meinem Rücken. Vorsichtig ging er einen weiteren Schritt auf mich zu, was mich zum rückwärts gehen veranlasste.

Oneshots | YouTuberWo Geschichten leben. Entdecke jetzt