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„Na gut, dann... gib mir jetzt einen Kuss", meinte Jungkook und hätte er es nicht so ernst gesagt, hätte Taehyung es bestimmt für einen Scherz gehalten.

Denn... Jungkook konnte das nicht ernst meinen, oder? Wieso sollte er...?

Mit jedem Herzschlag, den er darüber nach dachte und ihm klar wurde, was Jungkook da verlangte, wurden Taehyungs Augen immer größer und er starrte den Älteren erschrocken an, während er den Mund öffnete, als wollte er etwas sagen, ihn dann aber wieder schluckend schloss. 

Jungkook hingegen sah ihn weiterhin ernst und auffordernd an, auch wenn sich irgendwann ein kleines Schmunzeln auf seine Lippen schlich, das seine Augen allerdings nicht richtig erreichte.

In Taehyungs Kopf ratterte es. Er konnte Jungkook jetzt doch nicht küssen, oder? Nein, er wollte das nicht. Es wäre so verdammt falsch... auf jede erdenkliche Art.

Aber nicht zu tun, was Jungkook wollte... war seit den Geschehennissen von heute Nachmittag eigentlich keine Option mehr. Taehyungs Wohlergehen und vermutlich auch sein ganzes Leben hingen an einem Faden der aus der seidenen Gunst von Jeon Jungkook gesponnen war...

Sein Puls raste und auch Taehyungs Atem ging verschnellert. Es wusste es gab nur eine Lösung und dass er keine richtige Wahl hatte, also wollte er nicht mehr länger darüber nachdenken, sondern stützte sich mit den Händen mehr an der Mittelkonsole des Auto ab, um sich leichter vorbeugen zu können und Jungkook einen schnellen Kuss auf die Wange zu drücken. 

Taehyungs Unterlippe tat dabei weh und Jungkooks Hand in seinem Nacken folgte der Bewegung, hinderte ihn aber daran danach mehr als ein paar Zentimeter zurück zu weichen, weswegen er fast unmittelbar vor Jungkooks Gesicht wieder Halt machen musste.

Seine Wangen fühlten sich ganz heiß an und vor Scham würde er jetzt am liebsten nach unten auf den Boden, seine Hände oder ein verdammtes Staubkorn starren, aber irgendwie war es in diesem Moment unmöglich Jungkooks Blick nicht zu erwidern. Er sah ihm tief in die Augen und in diesem Augenblick, da war etwas zwischen ihnen, Taehyung konnte es genau spüren.

Jungkook beugte sich vorsichtig zu ihm vor, schloss im letzten Moment die Augen und legte seine Lippen sanft auf Taehyungs Oberlippe. Und erst als Jungkook begann seine Lippen langsam zu bewegen, wurde Taehyung klar, dass er gerade geküsst wurde. Und zwar richtig.

Jungkooks Griff in Taehyungs Nacken hatte sich ein bisschen gelockert, der Junge könnte jetzt bestimmt irgendwie zurück weichen, doch er konnte keinen richtigen Gedanken mehr fassen und so als würde er es aus Intuition tun, schloss er seine Augen und konzentrierte sich nur noch darauf, wie sich Jungkooks Lippen auf seinen anfühlten.

Seine Unterlippe tat zwar immer noch weh, aber es ging, weil Jungkooks nur Taes Oberlippe umschlossen und vorsichtig liebkosten, wobei sich Jungkooks Unterlippe direkt zwischen Taehyungs Lippenpaar schmiegte.

Und Taehyung wollte nur einmal wissen, wie es sich anfühlen würde, wenn er seine Lippen gegen Jungkooks bewegen würde...

Es war zu viel. In diesem einen Moment, in dem der Junge den Kuss erwiderte, fuhr ein Beben durch seinen Körper, irgendein Damm brach und im nächsten Augenblick schluchzte er bereits gegen Jungkooks Lippen.

Sofort löste sich der Ältere ein bisschen von ihm, doch Taehyung ließ die Augen geschlossen, so als könnte er dadurch verhindern, dass er noch mehr weinen musste, als er es ohnehin bereits tat. Doch dann drückte ihn Jungkooks Hand in seinem Nacken plötzlich wieder näher, der zweite Arm des anderen schlang sich um seinen Oberkörper und auf einmal fand sich Taehyung in einer engen Umarmung wieder.

Es war zwar unbequem, weil er dadurch gefühlt durch das halbe Auto gezerrt wurde und die Mittelkonsole sich unangenehm gegen ihn drückte, aber wirklich darauf konzentrieren konnte er sich nicht, denn alles was er tat war sein Gesicht gegen Jungkooks Brust zu drücken und einfach zu weinen. Er konnte nichts dagegen tun.

Taehyung hatte heute zwar schon aus reiner Verzweiflung so viel geweint, doch jetzt war es ganz anders, es war als wäre der Stress plötzlich über ihm zusammen gebrochen und als würde es ihn innerlich befreien, wenn er ihn einfach aus sich raus heulte. 

Jungkook drückte ihn dabei einfach fest an sich, es war bizarr wenn man daran dachte, wie er ihm vor ein paar Stunden noch weh getan hatte, aber Tae klammerte sich an den Gedanken, dass er es ab jetzt nur mehr mit dem lieben Jungkook zu tun haben würde, weil er nicht vor hatte den Älteren jemals wieder so zu verärgern oder provozieren.

"Es ist okay, Puppy... Ich bin da", flüsterte Jungkook irgendwann und legte seinen Kopf dann auf Taehyungs ab.

"Ich will nach Hause", hauchte Taehyung dann kaum hörbar und schluchzte noch einmal laut auf.

stockholm syndrome • taekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt