//Bahnhöfe, schlechtes Wetter und unerwartete Besucher T1 ✓

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*Julys Sicht*

"Beeil dich, sonst kommen wir noch später!", ich eilte die breite Treppe zum Bahnhof hoch.
"Was kann ich dafür, dass diese blöde S-bahn wegen Gewitter Verspätung hatte?!", schnaufend lief meine Schwester hinter mir her, der nasse Schirm, den sie in der Hand hielt, hinterließ kleine Wassertropfen auf den grauen Stufen.
"Es war nicht meine Idee, dass unsere drei Freundinnen sich entschieden haben, an einem Tag mit so einem scheiß Wetter aus dem Urlaub zu kommen!", ich blieb auf der letzten Stufe stehen und warf genervt die Hände in die Luft.

Meine Schwester zuckte mit den Schultern und setzte an, etwas zu erwiedern, da ertönte ein lauter Gong und eine furchtbar verzerrte Stimme teilte uns über die Lautsprecher mit, welcher Zug jetzt auf welchem Gleis einfahren würde.
"Da kommen sie an, los komm, Abby!", ich packte meine Schwester, deren blonden Haare ebenso wie meine nass an ihrem Gesicht klebten, an der Hand und zerrte sie ohne Rücksicht auf Verluste hinter mir her.
Der Schirm, den wir unterwegs gekauft hatten, hatte zwar die schlimmsten Regenschauer abgehalten, aber es hatte leider schon vor dem Kauf geregnet.

Wir durchquerten einmal den halben Bahnhof und kämpften uns durch die Menschenmassen bis zum allerletzten, halb verlassenen Gleis. Neben einer einsamen Taube und zwei Männern, die mit ihren Aktenkoffern unglaublich wichtig an uns vorbei eilten, standen unsere drei besten Freundinnen.

"Bonjour!!", rief die Größte und während die anderen beiden winkten, stürmte sie schon auf uns zu.

"Hi, Ally!", grinste ich in die schwarzen Haare meiner Freundin, die mir um den Hals fiel, sobald sie uns erreicht hatte.
"Wie waren der Flug und die Fahrt?"
"Super. Frankreich ist klasse!", mischten sich eine der beiden braunhaarigen ein, die sich nun ebenfalls zu uns gesellt hatte und jetzt meiner Schwester in die Arme hüpfte.
"Hallo Lily!", freute ich mich und zog auch sie in eine Umarmung.

"Leute, könnte mir BITTE mal jemand helfen?", beschwerte sich die Letzte von uns.
Evie stand immernoch auf ihrem vorherigen Platz und versuchte, die vier Koffer der Mädls im Gepäck, zu und zu gelangen.
Lachend nahmen wir ihr ein paar Taschen ab und nach einer weiteren, ausschweifenden Begrüßung, verzogen wir uns ein Stockwerk tiefer, um uns auf den Weg zur S-Bahn zu machen.

"Und, wie waren die zwei Wochen mit euren Eltern?", wollte Lily wissen, während ich in meiner Handtasche nach den bereits vorab gekauften Fahrkarten wühlte und uns ein unangenehm kalter Wind um die Ohren pfiff.
Die Unterführung, in der wir uns befanden, führte an einer Seite zum Busbahnhof außerhalb des Hauptbahnhofs und da es draußen immernoch regnete, bekamen wir indirekt auch was ab.
"Super Wetter hier", murrte Ally leise neben mir und zog sich ihre Jacke fester um den Oberkörper.
"Ganz gut", beantwortete meine Schwester Lilys Frage und berichtete dann ausführlichst von unseren ersten beiden Sommerferienwochen.

Während unsere drei Freundinnen die zwei Wochen einen Mädlsurlaub in Frankreich gemacht hatten, waren Abby und ich Zuhause geblieben und hatten noch etwas Zeit mit unseren Eltern verbracht.
Die hatten dieses Jahr nämlich ihren zwanzigsten Hochzeitstag und fuhren dreieinhalb Wochen in die Karibik -in das selbe Hotel, wo sie vor 20 Jahren die Flitterwochen verbracht hatten.
Danach wollten sie noch eine Woche einen Zwischenstopp in Italien einlegen, bevor sie wieder zurückkamen.
Da mussten wir natürlich davor noch Unterweisungen für den Haushalt bekommen und konnten nicht einfach nach Frankreich abhauen.
Um so schöner war es, dass wir jetzt das Haus für die nächsten Wochen für uns und unsere Freundinnen bei uns hatten.

Leider war ich bei meiner Suche nach den Fahrkarten nicht erfolgreich gewesen, wie ich während Abbys großartigem Bericht und einer Inventur meiner Handtasche feststellte.
"Leute, wir haben ein Problem", seufzte ich und starrte die hässliche, graue Wand an.
"Allerdings", stimmte mir Evie, die auf ihr Handy starrte, mit gerunzelter Stirn zu, "Die S-bahn hat nämlich Verspätung."
"Das find ich heute ausnahmsweise mal gut, ich hab nämlich die Fahrkarten Daheim liegen lassen", beichtete ich.
"July, was kannst du eigentlich?", kam es seufzend von meiner Schwester.
"Mehr als du jedenfalls!", schnaubte ich nur und haute ihr kurz auf den Hinterkopf.

Wie sieben Mittelerdler unser Leben komplett auf den Kopf stellten ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt