//Alkohol, Apfelkuchen und noch mehr

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*Julys Sicht*

„Hello from the other side!"
„I must have called a thousand times!"
Nur zu gern stimmte ich in den von Lily und Ally kurzerhand gegründeten Chor mit ein.
Knack.
Ein dritter Kinnhaken brach dem Besitzer beinahe schon wieder das besagte Körperteil.
Aber das schien meine Schwester, die schon mit einem bis zum Rand gefüllten Cocktailglas durch die Gegend scharwenzelte (kennt noch irgendwer das Wort? Laut Google ein Wort aus Westfalen), nicht besonders zu stören.
Stattdessen packte sie Alex theatralisch an den Schultern, während sie ihm natürlich noch so laut ins Gesicht grölte, dass sein Trommelfell platzen musste.
Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war diese Annahme gar nicht so falsch.
„TO TELL YOU I'M SORRY FOR BREAKING YOUR....EARRRRRRRRR!!"
Das Brüllen schlug in ein wohl noch schlimmeres opernhaftes Trillern um. Selbst einem Tauben würde das ganz und gar nicht gefallen, glaubt mir.

Kili, jetzt Kilian, bahnte sich einen Weg durch die Menge an herumkreischenden und tanzenden Mädels Richtung der Trommelfell-vergewaltigenden Nudel: „Kann mal bitte wer das Radio leiser stellen?"
„Du kennst diesen Spruch?", Evie drehte sich mit jetzt leuchtenden Augen zu ihm um.
„Verfüge über keinen Ausschaltknopf und über keine Lautstärkeregelung und ein Radio bin ich auch nicht- wartet mal.
DAS MIDDLE EARTH HIT RADIO! SIE EMPFANGEN UNS VON VALINOR BIS ZUM SCHICKSALSBERG! HEUTE: WORAN WÄRE DENETHOR WOHL GESTORBEN, WENN ER NICHT SELBSTMORD BEGANGEN HÄTTE? AN EINER TOMATE ERSTICKT, VOM PALANTIER ERSCHLAGEN ODER SCHLIESSLICH RECHTMÄSSIG VON FARAMIR UMGEBRACHT? RATEN SIE JETZT MIT UND GEWINNEN SIE EINE SPEKTAKULÄRE SIGHTSEEING TOUR DURCH GANZ MITTELERDE! MIT EINER EXKLUSIVEN TAUCHTOUR IM SEE VON ESGAROTH!"
Nach dem letzten Wort kippte Abby vornüber auf die Couch. Der Drink wurde in letzter Sekunde heldenhaft von Thranduil aufgefangen und ihr wieder in die Hand gedrückt. Man haben Elben Reflexe.

Nur war jetzt Kili noch verwirrter als ohnehin schon: „Woher kennst du das? Ich weiß ihr seit...ihr wisst schon, aber so viel?"
„Wir sind die Presse, wir wissen alles. Die internationalen Geheimdienste können einpacken! Im Gegensatz zu denen wissen wir genau mit wie vielen Frauen jeder Mann illegal im Bett gelegen hat-"
Ich musste entschieden dazwischen gehen: „ABBY MARIA SCHMIDT!"
„Ja?"
„Schnauze."

Zehn Minuten später hatten wir dann auf Wunsch der Mädels doch ein sehr verstört aussehendes Lama draußen im Garten ohne Zaun stehen, Wodka und Whiskey machten ihrem Namen alle Ehre und durften tatsächlich zwei drei Schlückchen besagter Getränke saufen, sodass sie mittlerweile schon 5 mal in den Pool gefallen waren, Karsten rollte zwischen allen wie ein kleiner brauner Fußball umher und Arod machte sich seelenruhig über die Cookies her, bis ich sie ihm entschlossen unter der Nase wegzog.
Angel war währenddessen dabei, mit einem Nudelholz und einer Bratpfanne auf eine Einhorn Piñata einzuschlagen, die irgendwer noch aus den Untiefen unseres Kellers gezogen hatte.
Mit dem Ergebnis, dass Mike und Jonas drei Minuten später mit ein paar dutzend blauen Flecken da standen.
Das Beste daran war allerdings, dass sie das Ganze mit den verbundenen Augen vorgeschlagen hatten.

Aus den Stereoanlagen tönte mittlerweile ein sehr willkürlich zusammengestellter Mix aus Soundtrack „normaler" Musik und Oper, zu denen alle Mädchen, die gerade nichts zu tun hatten, auf die Knie fielen und dramatisch mehr oder weniger katastrophal dazu mitsangen.
Mehrere Kuchen standen mittlerweile auf dem Tisch und wurden von allen SEHR neugierig beäugt.
Mist, jetzt hab ich Hunger, eventuell hätte ich das nicht machen sollen. Naja.
Jetzt ist es auch schon zu spät.

Evie schien dieses niemals gesagte Kuchen-Verbot nicht besonders ernst zu nehmen.
Seelenruhig mopste sie sich einen Pappteller (natürlich im Mittelerde-Karte Style) und watschelte möglichst unauffällig in Richtung eines Apfelkuchens, den Mike noch aus seinem Ärmel gezaubert hatte.
Ja, er hatte dieses wundervolle Essens-Stück draußen gelassen, aber ist dann doch noch zur Besinnung gekommen und hat ihn uns schon jetzt gegeben.
Warte mal...wann hätte er das denn sonst machen sollen?

Vorsichtig stupste ich meine Freundin an. Mit einem lauten erschreckten Quieken wirbelte sie herum und drohte nach hinten in das Essen zu stolpern, aber zum Glück hielt ich sie fest.
Weil ich sie mag? Vielleicht.
Weil ich gerne auch noch etwas von diesem übrigens sehr lecker aussehenden Kuchen abbekommen wollte? Schon eher.
„Komm runter, niemand nimmt dir deinen heiligen Kuchen weg. Vorausgesetzt du gibst mir auch noch was ab, natürlich", ich grinste sie scheinheilig an und hielt ihr eines dieser langen Kuchenschneidemesser hin. Mitsamt meinem Pappteller.
Sie hob vielsagend eine Augenbraue: „Du schneidest."
„Warum?"
„Weil ich gerne diesen Tag überleben möchte."
„Und warum soll ich daran Interesse haben? Komm gib her."
Gutmütig nahm ich die Sache wortwörtlich selbst in die Hand und schnitt den Kuchen feierlich an.
Selbstverständlich ohne mich in den Finger zu schneiden oder mich höchstpersönlich selbst umzubringen. Ich kanns halt. Nicht.
Aber sonst würde Leggy vermutlich auch noch zu einem Helikopter mutieren...
Das erste Stück Kuchen wurde instabil, kippte um und lag zerdetscht auf dem Teller.
Noch gutmütiger als ich es eigentlich sein müsste, nahm ich das kaputte Stück, während das zweite von Evie nahezu perfekt wurde. Zwar 10 Meter größer, um nochmaliges Umstürzen zu vermeiden, aber nahezu perfekt.
„Du kannst es ja mit jemandem teilen", kommentierte ich Evies fassungslosen Blick, als ich ihr beinahe ein Viertel des gesamten Kuchens überreichte.

Vorsichtig piekste ich mit der Gabel in den Teig und zusammen mit meiner Freundin probierte ich „Mikes Meistertote".
10 Sekunden später rannten wir beide zum Waschbecken und spuckten das Teil im hohen Bogen wieder aus.
„WAS IST DAS DENN?!"
Evie trank die Hälfte einer ein Liter Flasche in einem Zug. Ally schrie vom anderen Ende des Raumes: „He! Das ist nur zum Alkohol neutralisiere!"
„Schmeckt's nicht?"
Der Erzeuger dieses Kuchens kam zu uns rübergeschlendert, während ich ihm demonstrativ den Apfelkuchen hinhielt: „Ich weiß nicht, was das ist, aber es schmeckt so, als hättest du Salz mit Zucker verwechselt..."
Was für ein Klischee.
„Zeig mal", er kam näher, beide Augenbrauen fragend angehoben.
Blödmann. Der weiß doch nicht mal, dass man das doch zum Teufel NICHT SEHEN KANN!
Im nächsten Moment passierten wieder einmal viele Dinge gleichzeitig.
Evie nahm das Blech in die Hand, machte sich auf den Weg zum Mülleimer.
Zuckerwatte rannte in diesem Moment fauchend und zischend vor Karsten weg, genau vor ihre Füße.
Das Mädchen stolperte, verlor das Gleichgewicht und klatschte Mike den Kuchen ins Gesicht.

Happy Birthday, Angel.
Wie du siehst läuft alles wie am Schnürchen.

(Ich feier' den letzten Satz irgendwie.)

Ja, das ist ein Kapitel.
Und ja, es ist pünktlich.
Ihr dürft uns gerne beklatschen...

[Knuddel]




Wie sieben Mittelerdler unser Leben komplett auf den Kopf stellten ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt