//Schwangere und stolze Schwiegerväter

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*Julys Sicht*

Der überfüllte Bus war definitiv keine Freude für uns.
Das lag nicht an dem Besoffenen hinter uns, der lautstark "du hast mich tausendmal belogen" in Opernversion trällerte, und auch nicht an der Frau weiter vorne, die mit ihrer Schwester Gabriele über deren Großcousine diskutierte.
(Selbst der Busfahrer hatte ein sehr genervtes Gesicht aufgesetzt, was man im Rückspiegel deutlich erkennen konnte.)
Das Blöde war, dass mich alle zwei Minuten jemand anredete, und nach meinem "Kind" fragte.

"Sie macht das sehr gut mit der Schwangerschaft, wir sind alle sehr stolz auf sie", erklärte Thranduil, der stolze Schwiegervater und bald-Opa, gerade einem Pärchen vor uns und tätschelte mir die Hand.
Ich hatte beide Hände auf meinen "Babybauch" gelegt, um notfalls Zuckerwatte festhalten zu können, wenn sie wach wurde.
Legolas, der werdende Papa und besorgte Ehemann, ließ seinem Ada den Vortritt, was Schwangerschaftsfragen anging.
Der Elbenkönig schien sich da bestens auszukennen und berichtete den Leuten liebend gern über meine "Schwangerschaft".

"Nächster Halt: Bahnhof von (Ortsname)", verkündete uns die Lautsprecherstimmen-lady.
"Wir müssen raus!", rief ich.
Sofort brach hektisches Gekruschel aus.
Angel rückte hastig ihren Schal über Karstens Kiste zurecht, Lily suchte nach ihrer Powerbank, die eigentlich Abby gehörte, die aber im Moment andere Sorgen, in Form eines Waldläufers mit Hustenanfall, hatte.
Ich seufzte tief und packte meinen Koffer.
"Oh nein, mein Engel, du kannst doch nichts schweres heben, du bist doch schwanger!"
Tadelnd blickte mein Freund zu mir und griff sich meinen Koffer.
Das war keine gute Idee...

*Evies Sicht*

Sobald wir wieder festen Boden unter den Füßen hatten, stauchte Abby Lily zusammen und verlangte ihre Powerbank, die aber -laut Lily- uns allen gehören und sie sie ja nicht kaputt machen würde.
"Ist doch jetzt egal, wenn wir noch was essen wollen müssen wir uns beeilen!",unterbrach July die beiden Streithennen (feminin von Streithähne?😅).
Kili und Fili schnappten nach Luft und hielten meinen beiden Freundinnen gleichzeitig den Mund zu.
Da hat aber jemand Angst um sein Essen...

Nachdem wir den Bahnhofskiosk erfolgreich geplündert hatten, Kili und Fili höchst zufrieden um acht Uhr morgens eine doppelte Portion Pommes verdrückt, und Thranduil drei Packungen Marshmallows für Angel besorgt hatte, fuhr unser Zug ein.
Auf einmal tummelten sich hunderte von Leuten auf dem Bahnsteig, zogen Koffer und rempelten einen an.
"Bloß schnell in den Zug", murrte July und teilte uns zur Sicherheit noch unsere Abteilnummer mit, falls jemand verloren ging.
Ich sah schon die Durchsage vor mir: "der kleine Fili hat seine Eltern verloren, bitte melden sie sich beim Schaffner."
Bitte nicht.

*Abbys Sicht*

Irgendwie schafften wir es mit unseren Koffern, der Kiste mit Igel-inhalt und allen unseren Pappnasen in den Zug.
Zugegeben, zuerst hatten wir es noch mit freundlichem "Darf ich mal?", "Dankeschön" und "Verzeihung" versucht, aber spätestens, als mir ein Typ mit Schnurrbart seinen Koffer auf die Füße geworfen hatte, hatten wir unsere Taktik geändert.
Kurz und schmerzlos -jedenfalls für uns- hatten wir uns zu unserem Abteil gekämpft.

"Mein Gott, da verreckt man ja fast drin", beschwerte sich Evie sofort und riss alle Fenster, an die sie rankam auf.
"Wenn du nachher frierst! Ich sag's dir Fräulein...", warnte ich sie schnaubend, obwohl eigentlich mein Schwesterlein die Frostbeule war.
Die ließ sich gerade seufzend in einen Sitz fallen und zog Legolas zu sich, damit sie ein Kissen hatte.
Ich pfiff Aragorn zu mir.
"Hinsetzen!", befahl ich streng und parkte ihn auf einem Sitz, nur, um mich dann auf seinen Schoß fallen zu lassen und mich an ihn zu kuscheln.
"Danke, Sis!", rief ich July zu, die sich seelig lächelnd an ihren Leggy kuschelte.
"Man könnte heulen", kommentierte uns Lily und ließ sich neben Kili auf einen noch leeren Platz fallen.

Nach und nach pflanzten sich alle, unsere Frischluftfanatikerin schloss die Fenster, und wir breiteten unsere Essensvorräte aus.
Gerade, als Ally Inventur machte und bei "wir haben noch Kekse, oh mein Gandalf!" angekommen war, betrat eine Zugbegleiterin (heißen die so?😅) unser Abteil und kontrollierte unsere Fahrkarten.
Dabei bemerkte sie natürlich auch Julys "Babybauch".
"Ach, wie schön, was wird es denn?", fragte sie.
July starrte erst überfordert zu Thranduil, der diesmal aber keine passende Antwort parat hatte, und stotterte dann nur: "wir...äh...lassen uns überraschen."
Legolas nickte zustimmend und griff nach ihrer Hand.
"Na dann viel Glück und eine schöne Fahrt wünsche ich ihnen!", flötete die Frau, die anscheinend Kreide gefressen hatte, und ließ die Glastür mit einem Rums wieder hinter sich zudonnern.
"Glastüren in 'nem Zug, was für 'ne Schnappsidee", hörte man sie noch murmeln.

"Gib mir mal die Marshmallows!"
Meine Cousine streckte die Hand aus und deutete auf eine große durchsichtige Packung.
"Die hier?"
Unschuldig zog ich die Marshmallows zu mir und verdrückte ein paar, während Angel gegenüber aussah, als würde sie gleich einen Mord begehen und auf Thranduils Schoß strampelte wie ein Kleinkind.
"Giiiiibt sie miiiiirrrrrrrrrrrrrrrr!!", quengelte sie und zog dabei das "r" so lange, wir nur möglich.
Ganz langsam schob ich ihr die Packung rüber.
Ich bin schon fies...

*Lilys Sicht*

Die nächste Stunde verlief ohne weitere Zwischenfälle, Schwangerschaftsfragen oder Marshmallowkämpfe.
Es war noch früh am Morgen und jeder dümpelte vor sich hin, schlief noch ein bisschen oder spielte am Handy.
"Bei der nächsten Station müssen wir raus, wir müssen umsteigen", informierte uns July mit einem Gähnen und grabschte mit geschlossenen Augen nach ihrer Jacke, die sie wegen unserer Katzen-Halter-Konstruktion anziehen musste.
"Wie oft müssen wir umsteigen?", grummelte ich.
"Nur ein Mal, das ist jetzt", gähnte July zurück und scheuchte uns dann auf, "Los jetzt, wir müssen gleich raus!"

"Hauptbahnhof Kiel", verkündete die Lautsprecherlady, als wir mit Sack und Pack aus dem Zug stolperten.
"Das die immer so drängeln müssen...", beschwerte sich Thorin über die Menschenmassen, die umher liefen.
"Sowas nennt man Stress", belehrte ich ihn, während Abby ernsthaft Google Maps öffnete, um nach Gleis 9 ¾- okay, nicht ganz, um nach Gleis 23 zu suchen.
Ihre Schwester schnappte sich ihr Handy und deutete ans andere Ende des Bahnhofs.
"Da hinten, du Nudel!"

Wir brauchen kein Google Maps.
Wir haben etwas besseres.
Darf ich vorstellen?
July Maps.

(Abby_Exelent du weißt, woher das kommt🤣)

[Knuddel]

Wie sieben Mittelerdler unser Leben komplett auf den Kopf stellten ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt