//Der mysteriöse Hefeteig T4 ✓

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*Abbys Sicht*

"Bitte, bitte, bitte!"
Ungeduldig tigerte ich durch den Vorgarten, mein Handy ans Ohr gepresst.
"Komm schon!", genervt legte ich wieder auf und klickte dann erneut Julys Nummer an. Wieder nichts.
Ergeben ließ ich den Kopf an die Hausmauer sinken und atmete einmal tief durch. War ja klar, dass sowas wieder mir passieren musste.

Offenbar hatte ich gestern Abend in der Eile meinen Haustürschlüssel an Ally gegeben, ihn aber nicht wieder zurück geholt. Naja, wenn man auch so blöd war, Auto- und Hausschlüssel zu trennen, verdiente man wohl nichts anderes.
Aber meinen Plan, mich ganz unbemerkt ins Haus zu schleichen, konnte ich jetzt vergessen.
Und dabei wollte ich mir doch unangenehme Fragen ersparen! Wenn ich jetzt die Klingel drückte, würde ich nicht nur das ganze Haus aufwecken, sondern auch mindestens fünf Nachfragen erhalten, die ich weder beantworten konnte - noch wollte.

Da meine werte Schwester tiefer schlief als jedes Murmeltier und ich ja schlecht am Festnetz anrufen konnte, stand ich jetzt hier.
"Super, Abby, einfach super", schimpfte ich mich selbst.
Ratlos pflanzte ich mich neben meinen Einkaufskorb auf die Treppe und legte den Kopf auf die Knie. Sollte ich einfach warten, bis jemand den Briefkasten checkte oder July die vierzehn entgangen Anrufe sah?

Das Schicksal meinte es jedoch gut mit mir, denn im selben Moment hörte ich Stimmen und das unverkennbare Geräusch eines öffnenden Fensters.
Das war Bilbo. Wenn er das Küchenfenster geöffnet hatte, kam ich vielleicht so ins Haus!
Blieb nur zu hoffen, dass die Jalousien im Wohnzimmer noch zu waren, dann konnte ich über die Terrasse sprinten.
Ich pirschte mich also ganz langsam an die Hausecke und warf dann einen prüfenden Blick in den Garten. Augenblicklich zuckte ich zurück, denn Ally und der Oberzwerg saßen auf der Terrasse, er tatsächlich mit Flipflops.
Wieso hatten die mich nicht gehört?

Gerade wollte ich mich zurückziehen, da riss jemand mit Schwung die Terrassentür auf.
July trat mit verschränkten Armen heraus: "Könnt ihr mir erklären, was das im Kühlschrank ist?!"
Ohoh, bloß weg hier. Ich flitzte wieder zurück zur Haustür und überlegte mir einen neuen Fluchtplan. Durch die Küche ging wegen der vielen Zeugen nicht, außerdem war dort wohl irgendwas passiert.

Fünf Minuten später war ich kurz davor, über die Bank neben der Tür auf das Vordach und dann ins darüberliegende Badezimmer zu klettern.
Das ganze scheiterte an zwei Problemen.
Erstens, war jemand im Bad und würde ich Dinge sehen, die ich nicht sehen wollte? Dabei dachte ich nicht an meine Freundinnen, sondern an gewissen männlichen Besuch.
Zweitens war die Wahrscheinlichkeit hoch, mir dabei sämtliche Knochen zu brechen und nicht nur meine Familie, auch Aragorn würde mich dafür umbringen.
Also war das auch keine Option.

Aus Verzweiflung wollte ich schon klingeln, da öffnete sich schwungvoll die Haustür und Lily rannte förmlich in mich hinein.
"Du kommst genau richtig zur Katastrophe", grinste sie und rieb sich ihren Kopf, der mit meiner Schulter kollidiert war.
Ich mimte die Unwissende: "ist was passiert?"
Meine Freundin verdrehte die Augen und berichtete dann, dass irgendwer im Kühlschrank einen Hefeteig deponiert hatte, der gerade explodiert war und niemand wusste, woher er kam.
"Deine Schwester ist ebenfalls kurz vorm explodieren, deswegen flüchte ich lieber. Außerdem hat mein Papa mich heute schon um sechs Uhr morgens angerufen, ob es dem Auto gut geht und dass ich es so bald wie möglich zurück bringen soll."

Grinsend betrat ich das Haus, in dem es tatsächlich nach Gebäck roch. Hm, eigentlich war der Hefeteig ja keine schlechte Idee. Nur die Ausarbeitung war wohl verbesserungswürdig...
Um die Gefahrenzone erstmal zu vermeiden, schlenderte ich ins Wohnzimmer. Dort traf ich auf den Elbenkönig, der auch gleich den Inhalt meines Einkaufskorbs bekam.
Das Haaröl, die Zartbitterschokolade und die Flasche Rotwein waren die Bezahlung für das Bild gestern im Auto. "Du weißt, wie man Geschäfte macht", kommentierte ich und bekam tatsächlich eine Art von Lächeln zurück.
Sachen gibt's.

Wie sieben Mittelerdler unser Leben komplett auf den Kopf stellten ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt