66. Kapitel

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"Alles klar?", fragte Karina, als Jitka an ihr vorbeizischte. "Das ging jetzt verdächtig schnell ..."

Jitka blieb stehen, um die Bedenken ihrer Freundin zu zerstreuen. "Alles klar", bestätigte sie. "Sylvie ist nur ... sehr effizient."

Karina hatte immer noch eine skeptische Augenbraue hochgezogen. "Das heißt, es lief gut? Hat sie sich bei dir entschuldigt, und du dich bei ihr?"

"Ach nein, so weit sind wir natürlich nicht gegangen. Aber wir haben beschlossen, uns dir und Erik zuliebe, bis auf Weiteres, gegenseitig leben zu lassen."

Karina sah ganz und gar nicht überzeugt aus. Sie schüttelte nur ungläubig den Kopf und seufzte.

"Mach dir keine Sorgen", sagte Jikta und klopfte ihr auf die Schulter. "Sylvie ist vielleicht doch einigermaßen in Ordnung, und du sollst ihr einen Bogen leihen. Überleg dir einstweilen, wo wir am Nachmittag proben, ich muss jetzt unbedingt noch mit Erik den Sommertag aufnehmen." Karina sah etwas verdutzt drein, und schien sich noch weniger auszukennen, doch darum konnte Jitka sich jetzt nicht kümmern. Sylvie würde ohnehin gleich da sein, dann sollte sie Karina doch alles erzählen. Jitka musste erst einmal zu Erik. Er hatte auch eine Erklärung verdient. Es war ihr immer noch verdammt unangenehm, dass er diese ganze peinliche Geschichte mitbekommen hatte.

Als sie das Palais auf dem Spazierweg umrundete, sah sie ihn auch schon weiter hinten im Park an einen Baum gelehnt in der Sonne sitzen. Er wirkte irgendwie merkwürdig in sich zusammengesunken, doch als sie sich ihm durch das raschelnde Laub näherte, bemerkte er sie und wandte sich ihr mit einem Lächeln zu.

"Erik!", rief sie. Die letzten Schritte lief sie zu ihm hin und sie kauerte sich neben ihn ins Gras. "Es tut mir so leid, dass du das mitbekommen hast und was ich alles gesagt habe. Es tut mir überhaupt leid, was heute passiert ist."

"Ich glaube, das macht nichts", sagte er ruhig. "Hat Sylvie mit dir gesprochen?"

Jitka nickte. "Ja, wir haben beschlossen, dass wir uns jetzt vertragen. Zufrieden?"

Erik lächelte und die Erleichterung war ihm anzusehen.

"Ich glaube, es war gut, dass ihr euch gezofft habt. Sonst hätte das noch Jahre gedauert", seufzte er. Sie lachte und nahm seine Hände in ihre. Sie fühlten sich ganz kalt an. Jetzt bemerkte sie erst, wie bleich sein Gesicht aussah und obwohl er sie anlächelte, wirkten seine Augen irgendwie trüb.

"Erik?", fragte sie besorgt und strich ihm leicht mit der Hand über die Wange. "Geht es dir nicht gut?"

Er schüttelte den Kopf. "Nicht so besonders", sagte er, sie musste ihn bestürzt angesehen haben, denn er nahm sie am Arm und zog sie zu sich hin. "Das ist jetzt nicht so außergewöhnlich. Bleib einfach hier bei mir sitzen, dann geht es bald vorbei. Bestimmt."

"Es tut mir so leid", sagte sie und rieb seine kalten Finger in ihren Händen. "Ich hätte wissen müssen, dass ich dich in eine furchtbare Situation bringe."

"Du hast nicht wissen können, dass ich draußen stehe. Und wie gesagt, ich finde, es war notwendig", seine Stimme klang ein wenig atemlos. "Und das ist nicht der Grund, warum ich mich jetzt unwohl fühle, das weißt du doch. Sowas passiert mir öfter und es geht auch wieder vorbei." Er ließ den Kopf gegen den Baumstamm sinken und sah furchtbar erschöpft und elend aus.

"Ist dir kalt?", fragte sie. "Magst du hineingehen? Kann ich irgendwas tun für dich?" Seine Hand schloss sich um ihre, als er matt den Kopf schüttelte.

"Bleib einfach hier bei mir", flüsterte er und lehnte seinen Kopf an ihre Schulter. "Mir ist gerade zu schwindlig, um aufzustehen."

"Dann ist es vielleicht am besten, du legst dich ein wenig hin ...", schlug Jitka vor, er sagte nichts, doch ließ sich von ihr helfen sich hinzulegen. Sie setzte sich an die Stelle, an der er gesessen hatte mit dem Rücken an den Baum gelehnt und ließ ihn seinen Kopf auf ihren Oberschenkel legen, während sie ihm beruhigend über seine blasse Stirn strich. "Besser so?", fragte sie.

Das Schicksal spielt in Dur und MollWo Geschichten leben. Entdecke jetzt