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Valencia, Frühjahr 1724

Vier Jahre sind vergangen seit ich Sophia in Valencia kennen gelernt habe. Vier Jahre die wir gemeinsam verbracht haben und vier Jahre in denen ich beobachten konnte, wie sie und ihre Schwester älter, reifer und noch wunderschöner wurden.
Immer wieder haben beide Seite an Seite mit mir in Schlachten gekämpft und Sophia ist regelrecht zu meiner Königin geworden. Die ganze Welt weiss, dass an der Seite von Captain Grant eine Frau steht, die genauso skrupellos ist wie ich und in manchen Momenten ebenfalls Gefühlskalt und dennoch bringt sie das beste in mir hervor.

In all den Jahren war ich von Logan getrennt und in all den Jahren hat er mich nicht zu sich gerufen. Bis heute. In der letzten Nacht habe ich gemerkt, dass er auf unsere Verbindung zurück gegriffen hat, welche wir Cariba und ihren Meerjungfrauen zu verdanken haben und ich weiss, dass ich mich zum ersten mal für eine etwas längere Zeit von Sophia und Valeria trennen muss. Ohne das eine von beiden es gemerkt hat, haben wir Kurs Richtung Valencia gesetzt und heute Abend werden wir die Küstenstadt, die Heimat der beiden, wieder erreichen. Da wo ich hingehe, kann ich die beiden nicht mit nehmen. Nicht solange Michael noch lebt und alles versucht Logan und mir das Leben zur Hölle zu machen. Er hat uns bereit zu viel Leid verbreitet, als das ich riskieren könnte die beiden an ihn zu verlieren.

Der Wind weht um mich herum und lässt meinen Mantel wehen. Meine Haare fliegen wirr umher und in der Ferne erkenne ich bereits das spanische Festland. Alles schmerzt in mir, bei dem Gedanken daran, Sophia heute Abend gehen zu lassen, oder eher dazu zu bringen mich für eine kurze Zeit gehen zu lassen. Bis heute konnte ich meine Gefühle noch nicht ihr gegenüber aussprechen, oder gar definieren. Mir ist noch nicht wirklich klar, was ich für sie fühle, aber eins ist klar, ich kann und will nicht ohne sie. Wie gerädert drehe ich mich ein wenig und merke erst jetzt, dass Smith neben mir steht. Schweigend, denn er weiss, was heute für ein Tag ist. "Seit wann stehst du da?" Frage ich ihn, woraufhin er mit den Schultern zuckt. "Ich weiss nicht. Eine Weile" antwortet er mir und schaut mich an "Du musst es ihr sagen Jason. Ich weiss, dass du dich davor fürchtest, aber sie und ihre Schwester müssen es wissen." Seine Worte lassen den Schmerz nicht geringer werden den ich ohne hin schon spüre. Meine geschärften Sinne sind wie betäubt und ich höre weder, wie jemand sich nähert, noch könnte ich die Kraft aufbringen gegen diese Person zu kämpfen. Nicht solang ich weiss, dass sie morgen nicht mehr bei mir sein wird. Ich habe Angst davor, dass sie jemand anderen findet in der Zeit und erst recht habe ich Angst vor den Nächten in denen ich ohne sie in meinem Bett liegen muss. In denen mich meine Albträume wieder heimsuchen werden.
"Ich hole die beiden, dann könnt ihr noch ein letztes Mal zusammen essen" teilt Smith mir mit, bevor er verschwindet. Da ich weiss, dass beide unten bei Joe sind laufe ich zu meiner Kajüte und lasse mich drinnen auf meinen Platz fallen, raufe mir die Haare und seufze laut. "Scheisse man" entkommt es meinem Mund, bevor ich mein Gesicht mit meinen Händen verdecke. Du musst stark sein Jason. Stark für sie. Ermahne ich mich selbst. Ich weiss, dass wenn ich nicht stark genug bin, werden auch die beiden es nicht sein und das ist das letzte was ich will.

Als sich die Türe öffnet setze ich mich sofort aufrecht hin und zwinge mich Sophia und Valeria anzulächeln, als sie in meine Kajüte kommen. "Hunger?" Frage ich und deute auf den bereits gedeckten Tisch, versuche meine Gefühle zu verstecken.
Sofort setzt Valeria sich an den Tisch und beginnt zu zulangen, während Sophia stehen bleibt und mich anschaut. Ich weiss, dass sie merkt, dass etwas nicht stimmt, jedoch spricht sie dies nicht aus. Stattdessen geht sie langsam auf ihren Platz schräg neben mir zu und setzt sich, ohne mich aus den Augen zu lassen.
Da ich nicht sofort über das Thema reden will greife ich nach dem Brot und platziere etwas auf meinem und ihrem Teller, bevor ich dasselbe mit dem Gemüse mache. Ich lächle sie kurz an, beginne dann jedoch ein wenig zu essen. "Wie war es bei Joe?" Frage ich nach einer Weile und würde mich im Nachhinein am liebsten selbst Ohrfeigen, da ich solche Smalltalk Fragen normalerweise nicht stelle. Mich wundert es nicht, dass Valeria mich skeptisch anschaut "Ähm, gut wie immer" antwortet sie, widmet sich dann aber wieder dem Essen. Auch Sophia beginnt zu essen, lässt mich jedoch nicht aus den Augen. Nach einer Weile legt sie daher ihr Brot ab und verschränkt die Arme vor der Brust "Okay, raus mit der Sprache" Ihr Ton ist streng, genauso wie meiner oft und nun bin ich es der langsam alles ablegt.

Langsam schaue ich auf und mein Blick wandert zwischen den zwei Frauen hin und her, bevor ich hart schlucke. "Ihr beiden werdet die Hell heute für eine unbestimmte Zeit verlassen. Wir sind vor Spanien und heute Abend haben wir Valencia erreicht" sage ich sofort, worum es geht und lasse keinen der beiden aus den Augen. Ihre Gesichter werden blass und ich sehe ihnen den Schock an, sage jedoch nichts weiteres.
"Sag mir, dass ich mich gerade verhört habe" ihre Stimme ist zittrig und ich merke ihr an, dass sie Angst hat und wütend wird. "Doch. Ich muss zu Logan und kann euch nicht mit nehmen. Ihr werdet solange hier bleiben" Nachdem ich das gesagt habe, nickt sie langsam. Valeria schaut mich jedoch etwas verständnisloser an "Nimm uns doch einfach mit. Wird schon kein großes Ding sein. Wir haben mittlerweile doch genügend Erfahrung."
"Nein Valeria." Noch bevor ich etwas sagen kann, übernimmt Sophia diese Aufgabe für mich und schaut sie eindringlich an.
"Weißt du, wie lange es dauern wird, bis du zurück bist?" Sophias Stimme ist unglaublich leise und ich merke ihr die Sorge an. "Ein vielleicht zwei Monate. Du weisst, dass ich sobald es geht zurück komme" ich greife nach ihrer Hand und verschrenke unsere Finger ineinander. "Ihr werdet die ersten sein, die es erfahren" wiederhole ich die Worte, welche ich ihr vor vier Jahren gesagt habe. Ein Lächeln legt sich auf Sophias wunderschöne Lippen und erst durch Valerias räuspern wird unser Blickkontakt unterbrochen. "Ich... geh mal lieber und lass euch allein" ihr Blick wandert zwischen uns hin und her und sie nimmt sich noch was zu essen, bevor sie uns allein lässt. "Dieses Mädchen ist unersättlich" kommentiert Sophia das Verhalten ihrer Schwester und lässt mich lachen. "Ich kenn da noch eine die unersättlich ist" ich stecke mir ein Stück Brot in den Mund, denn jetzt wo es raus ist, habe ich unglaublich Hunger.

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"Bist du satt?" Fragend schaue ich Sophia an und stehe auf, als sie nickt. Ich halte ihr meine Hand hin, welche sie ergreift und ziehe sie auf ihre Füsse. Sie prallt leicht gegen meine Brust und kichert, weshalb ich sie an mich drücke. "Sing was für mich" flüstere ich leise in ihre Haare hinein. Ich habe schon des öfteren mitbekommen wenn sie leise gesungen oder gesummt hat. Meine Hände platziere ich auf der Mitte ihres Rückens, bevor ich lächelnd zu ihr runter schaue "Bitte"
Tatsächlich beginnt sie zu singen und ich beginne sie im Takt ihrer Stimme und des Liedes zu wiegen. Dabei vergrabe ich meine Nase in ihren Haaren und an ihrem Hals, atme ihren Duft das letzte mal für eine unbestimmte Zeit ein. "Ich will nicht ohne dich sein" flüstere ich irgendwann leise gegen ihre Haut "aber es geht dieses mal nicht anders"
Aus Angst sie zu verlieren drücke ich sie wie aus Reflex noch enger an mich, damit mir ja niemand sie weg nehmen kann. Ihre Finger krallen sich in meinen Rücken "Ich will auch nicht, dass du gehst. Aber er braucht dich Jason." flüstert sie leise. "Und es ist nicht für immer. Du kommst wieder zurück, du hast es selbst gesagt" sie schaut mich an und in ihren Augen sehe ich all die Gefühle und Emotionen, die sie vor mir zurück hält, was mich schlucken lässt.
"Versprich es mir. Du kommst und holst mich wieder zu dir" sie klingt flehend und hastig nicke ich. "Versprochen Baby" ich küsse sie innig und leidenschaftlich, bevor ich meine Stirn an ihrer platziere. "Lass keinen Mann an dich ran ja? Sonst bring ich ihn um"

Leise lacht sie über meine Worte "Dann lass mich nicht zu lange warten Jason Grant" sie schlingt ihre Arme um meinen Nacken und schaut mir tief in die Augen "Wie du sagtest, ich bin eine unersättliche Frau, also beeile dich lieber" daraufhin küsst sie mich wieder und es fühlt sich an, als wäre es der letzte Kuss den ich von ihr bekomme, auch wenn ich weiss, dass dies nicht stimmt.
Gemeinsam mit ihr laufe ich zum Fenster meiner Kajüte und sehe dass das spanische Festland nicht mehr weit weg ist. Von hinten Schlinge ich meine Arme um ihre Talliee und lege meinen Kopf auf ihrer Schulter ab "willkommen daheim" flüstere ich leise und mit einem bedrückenden Gefühl im Magen.

Sophia nickt kaum merklich. „Ich werde auf dich warten", sagt sie leise und ihre Worte lassen mich lächeln. Dennoch sage ich ebenso leise „halte deinen Blick immer auf den Horizont gerichtet, Sophia." Ich platziere einen Kuss auf ihrer Haut, ehe wir in Schweigen verfallen und Valencia mustern, wie es immer näher kommt.

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Jason - Eine Ewigkeit im KampfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt