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Meinen Mantel überstreifend mustere ich Logan, während ich mich an den Knöpfen zu schaffen mache, um ihn zu schließen.
Die Kälte hier bringt selbst uns Vampire an unsere Grenzen, denn vor Erfrierungen schützt uns unser ewiges Leben gewiss nicht. "Wie willst du so viele fremde Männer dazu bringen für dich anzuheuern?", fragt Logan mich, während auch er seinen Mantel schließt.
Ich zucke mit den Schultern und richte dann den Kragen nach oben, um meinen Hals und Nacken vor dem beißenden Wind zu schützen, welcher uns außerhalb meiner Kajüte erwarten wird. "Manipulation und das Nutzen meines Namens. Der Traum eines jeden Seemanns ist es, für Captain Jason Grant anzuheuern. Warum sollten sie ablehnen, wenn man ihnen die Chance gibt?"
"Weil du ihnen nicht wirklich diese Chance gibst, sondern sie regelrecht zu Fischfutter werden lässt", erwidert Logan. Er schiebt seine Hände in die Taschen seines Mantels.
Ich grinse bloß. "Das wissen sie erst, wenn es zu spät ist und da Cariba und ihre Meerjungfrauen keinen entkommen lassen werden, wird niemand je erfahren, was ich wirklich mit diesen Männern getan habe."

Logan schnaubt und schüttelt den Kopf. "Du machst deinem Ruf als Monster alle Ehre. Zumindest wenn ich dich so reden höre."
Mit einem Blick der so viel bedeutet wie dein Ernst? sehe ich Logan an und ziehe eine Augenbraue in die Höhe. "Das musst ausgerechnet du sagen?"
"Ja. Weil ich einer der wenigen bin, die bei einer solchen Aussage nicht befürchten müssen umgebracht zu werden." Logan geht in Richtung meiner Kajütentür. Unmittelbar vor ihr bleibt er stehen und sieht mich abwartend an, während ich noch immer über seine letzten Worte schmunzeln muss. Recht hat er. Logan muss bei solchen Worten nichts befürchten, während ich anderen für ihre Respektlosigkeit die Zunge rausreißen würde, nur damit sie nie wieder respektlos mir gegenüber sein können.

Ich gehe zu meinem Bruder und öffne für ihn die Türe, da er seine Hände noch immer in den Taschen seines Mantels hat. Er verlässt vor mir die Kajüte und geht in Richtung der Treppe, die uns aufs Deck bringen wird. Darauf bedacht nicht auszurutschen, was schwerer ist, als es klingt, folge ich ihm. Meine gesamte Crew hat sich bei diesen Temperaturen angewöhnt darauf zu verzichten die Reling oder das Geländer zu berühren, da unsere Hände sonst wahrscheinlich fest frieren würden. So ist es immer eine Sache des Gleichgewichtssinn, wenn wir über das Deck laufen.

Niemand hält sich hier oben auf, weshalb Logan und ich auch niemandem Bescheid geben, dass wir verschwinden und wohin wir gehen.
Die Crew weiß, dass Smith als mein erster Offizier während meiner Abwesenheit das Kommando hat und auf eine Meuterei würden sie niemals kommen. Wenn doch, dann muss ich sagen wären diese Männer wirklich töricht zu glauben, dass sie gegen Smith, Joe, Jack und all die anderen Männer meiner Crew ankommen, die mich seit Anfang an treu begleiten.

Diese Männer sind meine große Familie und dieses Schiff ist unser aller zuhause. Ich habe mir nicht umsonst einen Namen als gefürchtetster Captain der Welt gemacht und ohne meine Männer hätte ich es nicht bis hier hin geschafft. Uns geht es gut. Wir werden ewig leben, haben die nötigen finanziellen Mittel für ein Leben in Saus und Braus, welches selbst die Knaben haben könnten, wenn sie es richtig anstellen und niemand gefährdet unsere Macht. Denn die meisten und gefährlichsten Leute auf diesem Planeten gehören zu uns.
Zu Logan, mir und unseren Eltern.

Ich knurre entnervt, als ich auf der Planke die uns von Bord an Land bringt kurz ausrutsche. Die Tatsache, dass ich bei einem Fehltritt in eisigem Wasser landen würde und wahrscheinlich selbst zu Fischfutter werden würde, erzeugt selbst in mir Unbehagen. Logan handelt jedoch rasch und packt mich am Arm, sodass ich kurz drauf wieder sicher auf beiden Füssen stehe.
"Ich kann den Frühling kaum erwarten", murre ich. Logan nickt zustimmend und macht einen letzten großen Schritt, sodass er auf dem Steinboden des Hafens steht. "Glaub mir, ich auch." Er hält mir die Hand hin, weshalb ich nach zwei letzten Schritten ebenfalls wieder sicheren Boden unter den Füßen habe.
Nun bin ich es, der seine Hände in den Taschen seines Mantels vergräbt, während ich mich umsehe. Bristol Cove hat sich in den letzten Jahrzehnten nicht wirklich verändert. Wenn, dann ist es bloß nur noch grauer geworden, als diese Kleinstadt in Washington es nicht eh schon war.

Jason - Eine Ewigkeit im KampfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt