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12 Tage später, vor der Küste Brasiliens

"Morgen werden wir da sein", Smith sieht mich von der Seite an. Mir entgeht die Besorgnis in seinem Blick nicht und ich weiß auch, woher diese kommt.
"Ich weiß", sage ich und nicke zusätzlich. "Morgen wird sie von Bord gehen." Smiths Gesichtsausdruck verändert sich, als ich einen Schritt nach hinten mache, um ihm Platz am Steuer zu verschaffen. Da es bereits Abend ist und ich den ganzen Tag am Steuer stand, ist nun er dran und wird die letzten Meilen übernehmen, um dann bei Brasilien anzulegen. "Willst du sie wirklich gehen lassen Jason?", fragt er, als ich mich an die Reling neben ihn lehne.
"Ja. Es ist besser so. Celia und ich sind glücklich. Ich liebe sie und ich möchte sie nicht für etwas ungewisses verlassen. Sophias und meine Zukunftsvorstellung könnten unterschiedlicher nicht sein."
Mein Freund seufzt nach meinen Worten, nickt dann jedoch und lächelt mich an. "Ich stehe immer hinter dir Jason."
"Ich weiß." Ich stoße mich von der Reling ab und klopfe ihm auf die Schulter. Smith unterstützt mich bei jeder meiner Entscheidungen. Mal mehr, mal weniger begeistert, aber er tut es und auch bei dieser ist er für mich da.
Solange Logan nicht bei mir ist, weiß ich, dass ich immer mit ihm oder Joe reden kann und somit nichts in mich fressen muss, auch wenn letzteres eher der Fall ist. Denn wenn ich eins über mich gelernt habe in meinem langen Leben, dann, dass ich es hasse, über meine Gefühle reden zu müssen.

Mit einem Lächeln verabschiede ich mich schließlich von ihm, um selbst endlich ein wenig Ruhe zu finden.
Daher führt mich mein Weg nach unten in meine Kajüte, die durch die untergehende Sonne in warmes Licht getaucht wird. Da mir bewusst ist, dass die Sonne bald gänzlich verschwunden sein wird, zünde ich die ganzen Kerzen an, die mir etwas Licht spenden werden. Daraufhin setze ich mich an den großen gedeckten Esstisch und esse etwas von dem Brot, Käse und Fleisch.
Genüsslich seufzend lehne ich mich zurück und genieße das Gefühl eines sich füllenden Magens nach einem weiteren langen harten Tag.
Es ist komisch zu wissen, dass Sophia fast einen Monat auf meinem Schiff verbracht hat und wir uns nur wenige Male gesehen haben. Die Stunden mit ihr waren dafür immer so intensiv wie bereits früher, auch wenn diese Intensität durch Streit entstanden ist.

Sobald ich aufgegessen habe nutze ich die Privatsphäre und ziehe mich aus, um mich waschen zu können.
Auch wenn uns hier keine Badewanne oder sonstiges zur Verfügung steht ist es mir noch immer wichtig so sauber wie möglich zu sein. Joe lässt daher immer einen Krug mit heißem Wasser, einem Lappen und Seife in meine Kajüte bringen, von welchem ich nun Gebrauch mache.
Ich tunke das nach Sandelholz duftende Stück kurz ins Wasser, ehe ich damit über meinen Körper gehe und einen kleinen Film aus Schaum hinterlasse, welchen ich daraufhin mit dem Lappen in kreisenden Bewegungen wieder entferne. Sobald ich fertig bin, atme ich tief durch und strecke mich. Es macht nicht nur geistig, sondern auch körperlich müde den ganzen Tag am Steuer zu stehen und sich regungslos auf den Horizont zu konzentrieren, was mir zur jetzigen Tageszeit immer wieder auffällt.

Ich lege mich in mein großes Bett und breite die Felldecke über mir aus, sodass mein nackter Körper gegen die Kälte der Nacht geschützt ist und ich gut schlafen kann.
Denn auch, wenn ich nicht friere, schlafe auch ich bei totaler Kälte um mich herum nicht sonderlich gut.
Auf dem Rücken liegend mustere ich die Schatten, die von Männern, die an meinen Fenstern vorbei huschen, stammen. Meistens bringt mich dieser Anblick zum entspannen, jedoch herrscht heute eine solche innere Anspannung in mir, dass ich es nicht schaffe zu entspannen und einzuschlafen.

Während ich noch immer wach liege verschwinden die Schatten immer mehr und weichen einer Dunkelheit, die lediglich durch die tänzelnden Flammen der Kerzen durchbrochen wird.
Diese Tatsache zeigt mir, dass ich bereits seit einigen Stunden in meiner Kajüte bin, jedoch noch keine Sekunde Schlaf bekommen habe, was mich seufzen lässt. Mit meinen Händen reibe ich mir die Augen und fahre mit den Fingern durch meine Haare. Ich weiss, was, oder vielmehr wer, es ist, dass ich so unruhig bin. Und ich weiß auch, dass mir eigentlich egal sein sollte, dass sie bald verschwunden sein wird, aber das ist es nicht. Der Gedanke daran sie gehen lassen zu müssen schmerzt ungemein, weshalb ich schließlich aufstehe und meine Hose überziehe.
Halbnackt und barfuß verlasse ich meine Kajüte, steuere direkt auf Smiths zu und öffne leise die Türe.
Wie zu erwarten liegt auch diese in vollkommener Dunkelheit, was mich seufzen lässt, denn Sophia schläft tief und feste. Ganz im Gegenteil zu mir.
Meine Hand liegt bereits auf der Türklinke, um die Kajüte wieder hinter mir zu schließen, jedoch bewegt sich mein Körper nicht. Er hält mich hier. Bei ihr.
Ich kneife die Augen zusammen und gehe daraufhin langsam auf Sophia zu. Neben ihr gehe ich in die Hocke und betrachte sie kurz, was mich lächeln lässt, ehe ich sie vorsichtig an der Wange berühre und ihren Namen flüstere, um sie zu wecken.

Jason - Eine Ewigkeit im KampfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt