25.

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Verschlafen reibe ich meine Augen und blinzle gegen das Sonnenlicht an, welches meine Kajüte erhellt. Der leichte Seegang signalisiert mir, dass wir nicht mehr im Hafen Valencias liegen, sondern etwas weiter auf dem offenen Meer sind. Ein langes Gähnen entkommt meinem Mund und ich muss mich strecken, da ich mich ziemlich ausgelaugt fühle, auch wenn nicht sonderlich viel passiert ist in letzter Zeit. Die Begegnungen mit dem spanischen Mädchen gestern Abend kommt mir an diesem Morgen bereits surreal vor, sodass ich mich frage, ob ich sie nicht doch nur geträumt habe. Jedoch überzeugt mich das sehr lebendige Bild ihres Gesichts, welches mir nicht mehr aus dem Kopf geht vom Gegenteil. Normalerweise vergesse ich solche Details, wenn ich sie nur geträumt habe, aber nun bin ich mir ziemlich sicher, dass sie es ist, die mir den Schlaf geraubt hat. Irgendwas hat die kleine an sich und ich frage mich, ob es irgendwas zu bedeuten hat, dass das Verlangen sie wieder zu sehen so groß ist.

Doch recht unmotiviert setze ich mich auf und verlasse mein Bett. Auf meiner Kommode steht eine Schüssel mit frischem Wasser und einem Lappen drin, die noch dampft und mir signalisiert, dass das Wasser noch warm ist und noch nicht allzu lange dort steht. Ich zögere nicht und greife nach dem Lappen, wringe ihn ein wenig aus, bevor ich meinen gesamten Körper provisorisch sauber mache. Es klopft an meiner Tür und ich brumme als Antwort. Mir ist es egal, dass ich nackt bin und kurz darauf öffnet sie sich und Smith kommt herein. Sein Blick klebt in meinem Gesicht, während ich meinen Bauch und die unteren Bereiche meines Körpers sauber mache. "Captain" sagt er. Ich antworte nicht, weshalb er fort fährt "wir wissen nicht, ob wir Valencia verlassen sollen, oder ob Du noch bleiben willst"
Ich überlege kurz. Ich habe noch nichts von Logan gespürt und schüttle daher den Kopf. "Sobald Logan auf unsere Verbindung zurück greift gebe ich den entsprechenden Befehl, aber solange dies nicht der Fall ist bleiben wir" ich schaue zu Smith, dieser nickt. Er dreht sich gerade um und geht drei Schritte auf die Türe zu, da bleibt er abprupt stehen und dreht sich zurück zu mir. "Jason?" Fragt er und seine Stimme klingt weniger wie die meines ersten Offiziers, sondern eher wie die meines Freundes. "Ja?" Frage ich und gehe auf den Tisch zu, greife nach meiner Hose die über einer Stuhllehne hängt, um sie anzuziehen. "Darf ich an Land gehen? Meine Tochter wurde hier geboren und beerdigt und ich würde gerne ihr Grab besuchen" Smiths Stimme ist brüchig und eher leise. Mir fällt auf, dass ich bis heute nie mit ihm über seine Tochter gesprochen habe und ein ungutes Gefühl überkommt mich. Ich nicke, da ich ihm niemals verweigern würde solch ein wichtiges Grab zu besuchen. Generell würde ich so etwas nie einem aus meiner Crew verwehren, da ich selbst weiß wie sehr der Verlust eines geliebten Menschen schmerzt und wie wichtig es ist diesen irgendwie verarbeiten zu können. "Darf ich dich begleiten?" Frage ich ihn vorsichtig. Überrascht schaut er mich an, weshalb ich meinen Blick senke und den Knopf an meiner Hose schließe. Als ich wieder zu ihm aufschaue schaut er mich immernoch genauso überrascht wie vorher an und solangsam fühle ich mich unwohl. "Na- Natürlich" stottert er schliesslich und nickt hastig. "Ich würde mich freuen nicht allein sein zu müssen und einen guten Freund dabei zu haben Jason" ein kleines Lächeln legt sich auf seine Lippen. Auch ich lächle kurz und nicke. Dies sieht er als Zeichen wieder zu gehen und bevor er die Türe endgültig schließt steckt er nochmal seinen Kopf herein "Sag mir einfach bescheid, wenn du los willst" Ich nicke und er schließt die Türe hinter sich.

Während ich mich meinem Frühstück widme geht mir nicht aus dem Kopf wie schrecklich ich mich gefühlt habe, als ich Amalia verloren habe und nun bemerke ich, was für ein egoistischer und schlechter Freund ich für ihn war. Ich weiss wirklich nichts über seine Tochter, weder ihren Namen, noch wer ihre Mutter war. Das einzige woran ich mich erinnern kann, was mit ihr in Verbindung steht ist, dass ich und Joe in der Kneipe auf Tortuga gelacht haben, als wir davon erfahren haben, dass Smith eine Frau versehentlich geschwängert hat. Im Gegensatz zu mir wurde ihm der Wunsch nach dem eigen Fleisch und Blut nicht verwehrt. Auch, wenn ich zu dieser Zeit absolut keine Frau und keine Kinder haben wollte, obwohl es noch ging, will ich es heute umso mehr. Ist es nicht meistens so, dass man das, was man nie bekommen wird, am meisten will? Ich würde jederzeit mein ewiges Leben gegen die Möglichkeit eines begrenzten, aber glücklichen Lebens als Familienvater eintauschen. Zu gern würde ich diese Kajüte betreten und auf eine Frau treffen die mit unserem Kind im Arm sehnsüchtigst auf mich wartet. Sie mit einem langem Kuss begrüßen, bevor ich meinem eigen Fleisch und Blut die Welt zu Füßen legen würde, aber genau das wird mir auf ewig verwehrt werden. Mit meinem Namen trifft man nur auf Frauen die sich sofort an mich binden wollen, um meinen Besitz zu haben, obwohl sie mich nicht kennen. Soetwas wie wahre Liebe gibt es für jemanden wie mich nicht, denn dafür bräuchte es eine Frau die mich will und nicht dieses Schiff oder all mein Gold und die Macht.

Nachdem ich aufgegessen habe ziehe ich mir schnell die Leinenbluse über und befestige meine Waffen um meine Hüfte. Fertig angezogen verlasse ich die Kajüte und halte Ausschau nach Smith, den ich schliesslich in der Nähe des Mastes bei ein paar weiteren Männern finde. "Wollen wir?", frage ich ihn, als ich nur wenige Schritte von ihm entfernt zum stehen komme. Er dreht sich zu mir mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen. Gemeinsam gehen wir zu dem Beiboot, damit wir recht schnell in Valencia ankommen und zu dem Friedhof gehen können, auf dem seine Tochter und ihre Mutter liegen. Die gesamte Fahrt über spricht er kein Wort und rudert lediglich genauso wie ich stillschweigend mit den Paddeln. Diese Stille ist irgendwie erdrückend und ich würde mich viel lieber mit ihm unterhalten, aber ich weiss schlicht weg einfach nicht, was ich in solch einer Situation sagen kann.
Ich atme erleichtert aus, als wir schliesslich in Valencia anlegen und das kleine Boot verlassen. Abwartend schaue ich Smith an und er deutet nach rechts. In der Ferne kann ich kleine Hügel erkennen, welche mit grün bewachsen sind und der Natur belassen bleiben. Keine Häuser, kaum Menschen, nur vereinzelte Wanderer oder Pendler die für Arbeit in die Hafenstadt kommen. Wieder bringen wir den Weg stillschweigend hinter uns und nach einer Weile stoppen wir vor einem kleinen rostigen Tor, das zu einem Friedhof führt. "Ich habe weder den Tod von Triana noch den von meiner Tochter Jimena mitbekommen. Weisst du wie sich sowas anfühlt?", fragt er mich mit brüchiger Stimme, ohne mich anzusehen. Ich schüttle kaum merklich den Kopf, da ich es definitiv nicht weiss. Ich weiss wie schrecklich es sich anfühlt mit eigenen Augen den liebsten tot zu sehen, aber nicht wie es ist, erst nach langer Zeit davon zu erfahren. Wir betreten den Friedhof, bevor wir nach ein paar Minuten vor zwei Gräbern stoppen. Auf den Grabsteinen stehen die Namen der beiden Triana und Jimena Moreno ich schlucke schwer. Seine eigene Tochter hat nichteinmal seinen Nachnamen getragen. Ein Blick in Smiths Gesicht zeigt mir dass er weint und vorsichtig lege ich meine Hand auf seine Schulter. Ich weiss nicht so recht was ich machen soll, oder wie man jemanden tröstet, weshalb ich auch weiterhin nichts sage. Mein Blick klebt auf den in Stein eingemeißelten Buchstaben, während Smiths leises schluchzen immer wieder die Stille unterbricht und den Gesang der Vögel übertönt. "Ich habe Jimena nur wenige male gesehen. Ich glaube das letzte mal, als sie mitte 20 war" sagt er. Ich weiss noch, wie lange es ungefähr her ist, dass er mir von der Schwangerschaft erzählt hat und kann mir gut vorstellen wie lange sein letztes Treffen mit seiner Tochter her sein muss. "Sie war wunderschön. Rote Haare und helle Augen, ganz wie ihre Mutter. Eine Menge Sommersprossen um ihre Nase, welche ihre Augen und Lippen perfekt in Szene gesetzt haben" ein Lächeln schleicht sich auf unser beider Lippen, "Ich kann mir vorstellen, dass sie eine Schönheit war", sage ich. Er nickt "Du wärest ihr bestimmt verfallen"
Seine Worte lassen mich lachen "Ich bezweifle stark, dass du das für gut befunden hättest"
"Nein, du bist ein Wixxer und ein ekelhafter Typ was das anbelangt. Ich hätte dich kastriert" antwortet er mir belustigt und umrundet das Grab. Mit seinem Finger fährt er vorsichtig die Schrift nach, bevor er sich neben den Stein kniet und beginnt verwelkte Blumen zu entfernen. Ich tue es ihm gleich und widme mich dem Grab der Mutter seiner Tochter. Helfe ihm, die letzte Ruhestätte der beiden wieder schön zu machen.

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Jason - Eine Ewigkeit im KampfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt