54. Kapitel

4.2K 423 33
                                    

 „Louis! Geht es dir besser?" Etwas überrumpelt nicke ich. „Ja, danke." Dann fange ich mich aber schnell wieder. „Wie war es gestern? Ist die Story gut?" will ich wissen und es fühlt sich unfassbar falsch an, das zu fragen. Trevor bejaht und Begeisterung macht sich auf seinem Gesicht breit. „Ich habe dir alles hingelegt. Monroe war gestern da und der Zeuge ist sein Bruder." fängt er an zu erzählen. „Er war mit ein paar Freunden in der Bar. Erst haben sie den Prinzen wohl nicht bemerkt dann hat ihn aber so ein Kerl angerempelt und blöd angemacht. Sie haben diskutiert und dann wurde der Kerl von seinen Bodyguards auch schon aus der Kneipe gebracht. Dann war klar, dass es wirklich Prinz Harry ist. Mal ehrlich, wer denkt schon, den Prinzen in einer Kneipe einzutreffen." Ich zucke mit den Schultern und sehe ihn verwundert an, jedenfalls versuche ich so auszusehen.

„Dann hat der Bruder bemerkt, dass der Prinz nicht alleine da war, natürlich nicht, aber nicht nur mit Freunden, sondern mit einem Kerl, den er laut dem Bruder auch geküsst haben soll." Mal wieder schlägt mein Herz viel zu schnell und kalter Schweiß macht sich auf meinen Handflächen breit. Überspielen, einfach überspielen. Eine Freundin von ihm hat an dem Abend ein paar Fotos gemacht und wie es der Zufall will, sieht man den Prinzen im Hintergrund ganz deutlich. Sie liegen schon auf deinem Tisch." Ich nicke. „Das ist echt krass."

„Es wird noch besser. Auf einem Foto sieht man zwar nur den Prinzen, weil der Kellner gerade am Tisch steht, aber auf dem anderen Foto, sieht man sehr deutlich, wie er jemanden küsst. Einen Mann!" Ich tue so, als wäre ich überrascht und grinse dann. „Das wäre der Wahnsinn, wenn das Foto das wirklich hergibt!" Trevor nickt grinsend. „Wir haben die beiden Bilder Exklusiv. Ich musste zwar noch einmal tausend Pfund springen lassen, aber das war es wert. Ich will den ersten Artikel heute Abend auf meinem Schreibtisch liegen sehen. Das kommt auf den Titel!" weißt er mich an. Mit großen Augen nicke ich stumm und lasse mich kurz darauf auf meinen Schreibtischstuhl fallen. Scheißdreck!

Ich atme tief ein und öffne dann die Akte vor mir. Als erstes sehe ich ein Foto. Ja, man kann Harry wirklich deutlich erkennen. Die beiden Roséflaschen verhindern, dass man Jeffs Gesicht erkennen kann. Wie gut, dass Harry so wählerisch ist. Ich will es eigentlich gar nicht sehen, aber ich nehme das Bild und lege es zur Seite, sodass ich das Zweite betrachten kann. Auch hier sieht man, dass es der Prinz ist, nicht eindeutig, aber wenn das erste Bild dabei liegt, ist es kaum abzustreiten. Mein Gesicht sieht man nicht. Nicht wirklich jedenfalls. Man sieht die Seite meines Kopfes, aber Harrys Hand liegt an meiner Wange und bedeckt ein wenig. Außerdem sieht man meine Augenpartie nicht, da ich zur anderen Seite gelehnt mich. Als ich das Bild ebenfalls zur Seite lege, sehe ich die beiden Originale, Diese Freundin hat Bilder von den anderen am Tisch gemacht und wir sind in den Hintergrund geraten. Ich sehe mir die Bilder noch einmal an.

Auf dem Zweiten sind Harry und ich es, die Zayn und Vicky überdecken. Zum Glück. Hätte man irgendeinen von uns erkannt, wäre es nicht schwierig gewesen, herauszufinden, wen Harry dort küsst.

Dann fange ich an, mir Trevors Notizen durchzulesen. Er hat alles haarklein aufgeschrieben, jedes Detail hat er notiert und je mehr ich lese, desto zwiegespaltener bin ich. Es gibt eine ungefähre Beschreibung von mir, aber nichts ist dabei, woran man wirklich festmachen kann, das ich es bin. Es wird nur sehr deutlich, dass Harry sich anscheinend amüsiert hat, bis auf diesen Zwischenfall und dass er und ich sehr verliebt gewirkt haben. Außerdem hat der Kerl mitbekommen, dass wir uns mehrfach geküsst haben und dass ich ganz offensichtlich ein Kerl bin.

Als erstes schaue ich, ob Harry überhaupt schon bekannt gegeben hat, dass er nicht hetero ist. Nirgendwo finde ich ein eindeutiges Statement. Seit einigen Jahren tauchen hier und da Gerüchte auf, dass er Männer attraktiv findet, aber nie gibt es etwas hieb- und stichfestes. Ich recherchiere noch ein wenig weiter, aber es bringt mir alles nichts. Also rufe ich Harry an. Zu meinem Glück hebt er ab.

„Hey, was gibt's?" Seine Stimme ist weich und er klingt gut gelaunt. „Hey Haz. Ich habe hier den ganzen Kram, den Monroe uns geliefert hat. Und ich muss den Artikel schreiben, aber ich wollte vorher fragen, ob ich schreiben darf, dass du ganz offensichtlich auf Männer stehst." Dann sehe ich Trevor auf mich zukommen. Verwundert sieht er mich an. Ich habe mein Handy am Ohr, nicht das Firmentelefon. Verflucht. „Mit wem sprichst du?" fragt er mich verwundert. „Oh, mit dem Prinzen, weißt du. " erwidere ich trocken, vielleicht aber mit einem sarkastischen Unterton. Er verdreht die Augen. „Das hier ist dein Arbeitsplatz, vergisst das nicht. Keine weiteren Privatgespräche!" mahnt er und geht zu seinem Schreibtisch, ohne mir weiter Beachtung zu schenken. Wahrheit ist bekanntlich die beste Tarnung. Natürlich glaubt Trevor niemals, dass ich mit dem Prinzen telefoniere, wie wahrscheinlich ist das auch? Aber mir ist auf die Schnelle niemand anderes eingefallen; und funktioniert hat es auch.

„Schreib das ruhig." meint Harry nur. „Ich meine, es stimmt. Bisher habe ich mich nie dazu geäußert und ich werde mich auch weiterhin nicht dazu bringen lassen, mir einen Stempel auf die Stirn zu drücken. Mir ist das ziemlich egal." Ich nicke. „Okay, danke." - „Deine Zeitschrift geht Samstag raus, oder?" - „Es ist zwar nicht meine Zeitschrift, aber ja." schmunzle ich. „Okay... wir sehen uns, Schatz." - „Bis dann." lächle ich und lege wieder auf.

Ich fange an zu tippen. Immer wieder schiebe ich die Wörter hin und her, drehe die Sätze und versuche so neutral wie möglich zu bleiben. Wie soll ich denn jetzt bitte nicht an Harry denken? Und wie soll ich einen vernünftigen Artikel zustande bringen, wenn ich doch weiß, was passiert ist? Monroes Bruder hat nur teilweise mitbekommen, was mit diesem Idioten geschehen ist, der meinte, Harry und mich blöd anzumachen. Wenn ich aber schreibe, wie es war, stellt sich natürlich die Frage, wie es sein kann, dass ich mehr als nur die mir theoretisch vorliegenden Informationen verarbeitet habe. Und ich kann schlecht sagen, dass das doch logisch ist.

Mir bleibt nichts anderes übrig, als mich strickt an Trevors Notizen zu halten. Die Uhrzeiten stimmen nicht ganz, aber was macht das schon. Auch stimmt nicht, dass Harry dort in Begleitung von sechs oder sieben Personen war, es waren nur fünf, doch wen interessiert das schon. Außerdem hat Harry auch kein Bier getrunken, aber solange es nur diese Dinge sind, die ich schreiben muss, soll es mir recht sein.

Der ganze Artikel wirkt absolut schwammig, als ich mir noch einmal durchlese. Ich seufze und schaue auf die Uhr. Noch eine Stunde, dann kann ich endlich nach Hause. Ich formuliere hier und da ein paar Dinge um, drucke ihn aus und gehe zu Trevor. „Hier." Ich mustere ihn, als ich ihm den Artikel reiche. Er überfliegt ihn und schüttelt mit dem Kopf. „Nein, ich will dass du die Sexualität in einen anderen Artikel packst. Schau nach, was in den letzten Jahren alles so passiert ist und was schon einmal darauf hingedeutet hat, dass er nicht hetero ist. Schau, ob du herausfindest, ob er schwul oder bi oder sonst was ist. Das bekommt eine eigene Seite. Ich dachte, du verstehst langsam wie wir hier arbeiten." Er gibt mir den Artikel zurück und sieht mich fragend, aber auch erwartungsvoll an.

„Naja, ich dachte, weil das alles ja nur von einem Kerl gesagt wurde -" Er unterbricht mich und schüttelt den Kopf. „Unwichtig! Es geht um den Prinzen. Das ist keine Kleinigkeit." Ich seufze und nicke. „Alles klar." Trevor lässt mir keine andere Wahl. Trotzdem mache ich heute nicht mehr viel, um nicht zu sagen, gar nichts. Ich sitze meine Zeit ab, tippe hier und da ein paar Buchstaben und lösche sie wieder, damit Trevor mir nicht noch einmal auf die Nerven geht. 

Ich bin jetzt schon weniger als gar nicht motiviert, in Harrys Vergangenheit herumzuwühlen und mir Bilder mit ihm und anderen Menschen anzusehen, die er wohl möglich auch noch küsst. Natürlich kannten wir uns da noch nicht, das ist mir klar, aber trotzdem wird es meine Laune nicht heben. Dann mache ich überpünktlich Feierabend und schalte meinen Computer ab. Ich bin ausnahmsweise vor Zayn am Auto. „Und? Wie sind die Bilder?" fragt er mich, als wir die Türen geschlossen haben. „Wir haben mehr Glück gehabt als alles andere." - „Wir?" verwundert sieht er mich an. Ich verdrehe die Augen. Manchmal ist Zayn wirklich schwer von Begriff!

„Naja dich sieht man nur nicht, weil Harrys Kopf davor ist, und Jeff wird von dem Kellner verdeckt." erzähle ich ihm. Zayn nickt. „Also Glück im Unglück." Ich nicke. „Ja, aber es kommt aufs Cover." erwidere ich. „Schon deine dritte Titelstory." - „Haha." antworte ich genervt und Zayn fährt los. „Es hätte schlimmer kommen können." meint er versöhnlich und ich weiß, dass er recht hat. 

-- -- -- -- -- --

Wie händelt Louis die Situation so? Und was wird er so herausfinden? Ideen, wie es weitergehen könnte mit den beiden?

Love L 

Next OneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt