95. Kapitel

4.2K 438 70
                                    

Etwas später stehe ich mit Mum auf der Terrasse. Harry steht gerade unter der Dusche und wir sind fertig damit, die Küche wieder herzurichten. „Du weißt schon, was das vorhin war, oder?" fragt Mum mich, als die Tür hinter uns zu ist. Verwundert sehe ich sie an. „Was genau meinst du?" entgegne ich nur. „Harrys Geschenk an Doris, das, was ihr davor wohl besprochen habt." hilft sie mir auf die Sprünge. Ich verdrehe die Augen. „Ist doch süß von ihm, dass er Doris eine kleine Krone schenkt."

„Darum geht es doch gar nicht, Schätzchen. Es geht darum, wieso er es getan hat." antwortet sie mir und irritiert sehe ich sie an. „Er ist mein Freund, und er wird König sein, wo ist das Problem?" Er schüttelt den Kopf und seufzt. „Nein, das meine ich nicht. Das was ich meine, ist das du zugestimmt hast, mit ihm diese Beziehung einzugehen." - „Ja, habe ich mitbekommen." antworte ich sarkastisch. „Louis, er hat dich gefragt, ob du sein König wirst." antwortet Mum mir und ich verdrehe die Augen. „Ja und? Das ist doch noch Jahre hin." versuche ich diese Tatsache herunter zu spielen, auch, wenn ich jetzt schon sowohl aufgeregt, als auch eingeschüchtert bin. Wer wäre denn bitte nicht eingeschüchtert.

Mir haben die fünf Minuten, in denen ich heute Morgen die Krone auf meinem Kopf hatte für die nächsten Monate definitiv schon gereicht. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es für Harry ist, immer diese Last auf seinen Schultern zu spüren. Zugegeben, er ist natürlich damit aufgewachsen, kennt es nicht anders und ist daran gewöhnt, aber trotzdem wüsste ich nicht, ob ich es so gut hinbekommen würde wie er oder Gemma. Zwar hat der Prinz immer noch den Ruf, sich auf Party volllaufen zu lassen und gerne und viel zu feiern, aber alleine das Wissen, einmal ein König zu sein, stresst doch sicherlich.

Mich stresst es jedenfalls, aber ich vertraue Harry, wenn er sagt, dass wir die Sache langsam angehen lassen und dass ich alles mit der Zeit lernen werde, was ich wissen muss. Aber wem würde das keine Angst machen? Ich war ja schon am Morgen des Vorstellungsgespräches bei Missi unglaublich nervös, wie soll das dann bitte werden? „Ja, aber die Frage ist schon nicht normal, oder?" reißt Mum mich aus den Gedanken und ich stöhne genervt. „Ach was du nicht sagst. Sag mal kann es sein, dass du Harry doch nicht so toll findest, wie du die ganze Zeit tust?" frage ich sie dann und überrascht sieht sie mich an.

„Wie kommst du denn jetzt darauf? Ich war nur verwundert, weil es für mich sehr danach klang, als hätte er dir einen Antrag gemacht." Würde ich gerade etwas trinken, hätte ich mich wohl verschluckt; stattdessen sehe ich sie aber nur entgeistert und perplex an, fange dann an zu lachen und schüttle den Kopf. „Bullshit! Nein, hat er nicht!" Skeptisch sieht sie mich an. „Er hat dich gefragt, ob du sein König wirst. Das wirst du, wenn du ihn heiratest." Für einen Moment bleibt mein Herz stehen, ehe meine Handflächen feucht werden und Adrenalin meinen Körper flutet.

„Nein, das war doch kein Antrag. Schau! Ich habe keinen Ring! Wir haben uns nur wieder vertragen, das war alles? Wieso sollte er mir einen Antrag machen, das ist lächerlich. Wir kennen uns nicht einmal ein Jahr, das wäre viel zu Früh! Und außerdem -" - „Ja?" fragt sie, als ich aufhöre weiterzusprechen. Scheißdreck. „Und außerdem... meinte er doch, dass er dich vorher um dein Einverständnis bitten würde." ziehe ich mir das letzte Argument mal eben so aus den Fingern.

„Er hat mich heute morgen gefragt, ob es okay wäre, Doris eine Kleinigkeit zu schenken." sagt sie trocken und mein Herz flattert immer schneller. „Du warst draußen und hast es nicht mitbekommen." fügt sie hinzu. „Das... äh... nein. Ich habe keinen Ring, es war kein Antrag." beharre ich auf meiner Antwort und tue so, als wäre ich absolut überzeugt davon. Der Wahrheit entspricht es aber ganz und gar nicht mehr. Es ist so surreal, dass das wirklich ein Antrag war; das glaube ich nicht. Außerdem habe ich dann ja geantwortet, ohne zu wissen, auf was ich antworte und das würde Harry nicht tun, oder?

Shit, ich muss dringen mit ihm darüber sprechen, sonst haben wir bald das nächste große Missverständnis zwischen uns hängen. Danke, aber nein danke.

„Willst du ihn denn heiraten? Ich meine, irgendwann?" fragt Mum dann und ich setze zur Antwort an, stocke dann aber und halte inne. „Naja.. schon... aber das hat doch noch Zeit." weiche ich aus und sie nickt. „Magst du ihn denn?" frage ich sie dann zögerlich, denn irgendwie weißt ich nach den letzten Minuten nicht mehr so ganz, was sie von ihm hält. Bisher hat es eigentlich den Eindruck gemacht, als würde sie ihn schon mögen.

„Naja, er ist der Prinz von England." antwortet sie unschlüssig. „Was soll ich dazu sagen?" Ich seufze. „Mum, das habe ich nicht gefragt." merke ich an und sie nickt verstehend. „Schon klar, Schätzchen. Er ist ein gut erzogener, netter und freundlicher, junger Mann. Ich weiß zwar nicht, ob du ihm nicht irgendwann zu sehr auf die Nerven gehen wirst, aber ich finde, ihr zwei passt gut zusammen." antwortet sie schmunzelnd und ich verdrehe die Augen. War ja klar, dass da so eine Anmerkung bei sein muss! Trotzdem lächle ich glücklich. „Danke Mum."

„Nur, dass er der Prinz ist..." - „Ist nicht optimal, schon klar." unterbreche ich sie, aber sie schüttelt den Kopf. „Was heißt, nicht optimal? Es ist nun einmal so, aber ich weiß noch nicht, wie ich mich mit dem Gedanken anfreunden soll, dass du in diese ganze Welt der Royals mit reingezogen wirst. Dort ist garantiert nicht alles Gold was glänzt, bitte merke dir das einfach." Nickend stimme ich zu. „Mache ich. Gerade nach der Geschichte jetzt, bin ich definitiv nicht mehr so leichtgläubig." versichere ich ihr.

„Du wirst kein Journalist mehr sein können." meint sie nach einem Augenblick dann nachdenklich. „Ich gehe wieder zurück auf die Siebte. Ich kann immer noch über Sport berichten." korrigiere ich sie, aber wirklich zufrieden scheint sie diese Antwort nicht zu stellen. „Aber wie lange wird das gut gehen?" fragt sie dann, bevor ich jedoch antworten kann, klopft es an der Glastür. Es ist Harry, er hat noch nasse Haare und steht in Jogginghose und Shirt auf der anderen Seite. Ich nicke lächelnd und er tritt zu uns nach draußen.

„Störe ich?" fragt er, bevor er die Tür wieder schließt, als ich verneine. Er stellt sich zu uns schiebt seine Finger zwischen meine. Sofort grinse ich und lehne mich an meinen Freund. „Ich gehe mal wieder rein, die Kids müssen langsam mal ins Bett." meint Mum und betritt wieder das Haus.

„Ich wollte euch nicht unterbrechen." sagt Harry sofort und sieht mich entschuldigend an, aber ich schüttle nur den Kopf. „Alles gut, Haz." antworte ich ihm und streiche durch seine noch feuchten Haare. Er schließt für einen Moment die Augen und genießt sichtlich, dass ich seine Kopfhaut kraule. Es ist nichts neues, dass er diese Berührung liebt, aber es ist immer wieder schön zu sehen, wie er darauf reagiert, wenn ich es tue.

Dann verschränke ich unsere Finger erneut miteinander und sehe ihn einfach nur an. Er blickt in den kleinen Garten und richtet seinen Blick anschließend hoch zu den Sternen, die nach und nach am Himmel erscheinen und ihn glitzern lassen.

„Es ist so schön ruhig hier.." sagt er leise und streicht mit dem Daumen über meine Fingerknöchel. „In London ist es nie so ruhig.." erzählt er dann. „Immer, wenn ich raus gehe, ist es laut, so viele Menschen und die ganzen Bodyguards um mich herum. Ich hatte lange nicht mehr meine Ruhe, wenn ich an der frischen Luft bin." Dann sieht er mich an. „Können wir noch ein wenig hier bleiben?" Lächelnd nicke ich. „Natürlich." - „Danke, mein Schatz." Ich gehe mit ihm zu der weißen Holzbank, ziehe eine Schublade auf und hole zwei große Kissen und eine weiche Decke heraus, um sie auf die Holzbank zu legen. Ich platziere erst die Kissen, dann die Decke darüber. Als nächstes öffne ich die zweite Schublade und hole noch eine Decke heraus. Ich setze mich und ziehe Harry neben mich.

Schnell haben wir uns in die zweite Decke gekuschelt, dann fällt mir aber etwas anderes ein und ich stehe wieder auf. „Bin sofort wieder da." meine ich nur und haste in die Küche. Dort schnappe ich mir eine Tüte Chips, zwei Gläser und eine Flasche Rosé, die ich ungeöffnet im Kühlschrank stehen sehe. Mit dieser Verpflegung versorgt, setze ich mich zurück auf die Bank und lege meine Beine über Harry. Er sitzt im Schneidersitz und nimmt mir die Gläser ab. Die Chipstüte liegt auf meinem Schoß, während ich die Flasche öffne und uns beiden ein Glas einschenke, bevor ich den Korken so gut es geht zurück in die Flasche drücke und auf den Boden neben uns stelle.

„Ich liebe dich." sage ich glücklich und wir stoßen an. „Ich liebe dich auch." lächelt er und küsst mich sanft und liebend, bevor wir beide einen Schluck trinken und die Stille genießen, die uns umgibt. 

-- -- -- -- -- -- --

Ob es wirklich kein Antrag war? Wir werden sehen. Was denkt ihr, sollte Louis einen Ring am Finger tragen? 

Love L 

Next OneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt