43. Kapitel

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Ich fühle mich wieder wie ein Tourist, als ich den Privatjet betrete. Harry hingegen erweckt den Eindruck, als wäre es nichts besonderes. Für ihn ist es vermutlich auch genau so, aber nur weil ich schon einmal hier saß, bedeutet es ja nicht, dass ich es schon als Standard abgestempelt habe, so zu reisen. Wir sind gerade in der Luft, da kommt eine Stewardess auf uns zu. „Verzeihung, Eure Hoheit. Wünscht ihr jetzt zu essen?" spricht sie Harry an. Harry nickt. „Gerne." Sie nickt und sieht kurz zu mir. „Darf ich schon einmal etwas zu trinken bringen?" fragt sie dann. „Zweimal Wein. Rose, trocken." antwortet Harry ihr, bevor ich auch nur darüber nachdenken kann, was ich gerne hätte. Sie nickt und geht wieder.

„Mittagessen?" frage ich ihn verwundert. Er nickt. „Bevor wir wieder in London sind." Kurz zögert er. „Du hast doch Hunger, oder?" Ich zucke mit den Schultern. „Schon ein wenig. Was gibt es denn?" frage ich ihn dann. „Wildlachsfilet." antwortet er mir. „Fisch?" - „Magst du keinen Fisch?" fragt er direkt und ich sehe ihm an, dass er drauf und dran ist die Stewardess wieder zu uns zu winken. „Zayn macht selten Fisch." sage ich schnell. „Aber ich habe nichts dagegen." füge ich hinzu. Er nickt und lehnt sich wieder nach hinten.

„Sind da Gräten drin?" frage ich ihn dann. Er schmunzelt, dann nickt er. „Du schneidest das Stück der Länge nach auf und dann kannst du sie in einem Stück herausziehen." erklärt er mir, aber ich glaube kaum, dass ich es so leicht hinbekommen werde, wie er es gerade darstellt. Es dauert nicht lange, bis das Mittagessen aufgetischt wird. Innerhalb weniger Sekunden ist eine weiße Tischdecke ausgebreitet, in der Mitte steht eine silberne Kerze und außerdem wird uns Besteck hingelegt. Verwundert sehe ich das breite Messer an. Okay?

Dann wird uns jeder ein Teller mit einer silbernen Glocke darüber hingestellt. Harry nickt einmal, dann werden diese gleichzeitig abgehoben. Es reicht verdammt gut! Das Filet ist auf ein paar Nudeln mit etwas heller Sauce und Frühlingszwiebeln angerichtet. „Ich hoffe, es schmeckt dir." sagt Harry und hebt sein Glas. Ich tue es ihm gleich und unser Blicke treffen sich. Sofort kribbelt mein Körper wieder und eine angenehme Wärme breitet sich in meinem Inneren aus. Dann greife ich nach Messer und Gabel und versuche das Filet so aufzuschneiden, wie Harry es mir gesagt hat. Ich brauche einen Moment, aber als ich es nicht hinbekomme und zu Harry schaue, merke ich, dass er mich nur beobachtet. Wieso schneidet er seinen Fisch nicht auf?

Amüsiert sieht er mich an. Ich halte inne. „Was ist?" - „Das ist ein Filet, Louis." erwidert er schmunzelnd. „Und?" fragend schaue ich auf mein Essen und dann wieder zu ihm. „In einem Filet sind keine Gräten." sagt er und lacht ein wenig. Mein Messer steckt bis zur Hälfte in dem Fisch. Ich ziehe es heraus und sehe wieder zu Harry. „Da sind gar keine drin." stelle ich trocken fest. „Ich dachte du wüsstest das. Ich habe dich.. wie nennt man das? Verarscht?" Nun muss ich auch schmunzeln und nicke. „Sieht so aus." Irgendwie ist es ja schon wieder süß von ihm.

„Sie würden mir niemals Fisch mit Gräten geben." meint er dann und beginnt nun selbst, zu essen. „Wieso das?" frage ich und esse das erste Stück. Ungewollt seufze ich auf. Scheißdreck, das schmeckt himmlisch. Ich hätte nicht gedacht, dass Fisch so gut sein kann! Vielleicht sollte ich nach dem Rezept fragen und es Zayn mitbringen. Ob er es wohl hinbekommen würde? Er könnte es ja versuchen. „Ich könnte mich verschlucken und ersticken." entgegnet er nur. „Deswegen werden alle Gräten entfernt, bevor einer von uns Fisch isst." erzählt er mir. Sogar darauf wird geachtet? Drüber hätte ich nicht einmal nachgedacht. Aber gut, das hat bestimmt alles seine Gründe.

„Es ist echt gut." meine ich, nachdem ich noch etwas mehr gegessen habe. Er lächelt. „Freut mich. Der Fisch ist leider nur aus Irland. Die Lieferung aus Skandinavien hatte Schwierigkeiten." erzählt er mir. „Jetzt sag nicht, du schmeckst den Unterschied." entgegne ich perplex. Er zuckt mit einer Schulter. „Ein wenig, aber nicht viel." meint er nur und ich verdrehe die Augen. „Das Essen ist scheiße gut, Harry! Es ist alles in Ordnung." Er lächelt kurz und trinkt dann einen Schluck seines Weines. „Ich koche für mich sonst Tiefkühlpizza." entgegne ich und schaffe es damit tatsächlich, ihm ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern.

Dann hält er kurz inne. „Um ehrlich zu sein... Ich habe noch nie Tiefkühlpizza gegessen. Oder geliefertes Essen." Mit großen Augen sehe ich ihn an. Dann fällt mir aber wieder ein, dass er mit Sicherheit einen privaten Pizzabäcker hat oder so. „Wir können das ja Freitag nachholen." erwidere ich spaßeshalber. Harry schaut mich verwundert an, nickt dann aber. „Machen wir." Dann hält er kurz inne. „Und.. wie?" - „Naja in den Palast können wir es schlecht Liefern lassen, oder?" frage ich belustigt. „Doch. Machen wir einfach." legt er fest und lächelt. „Soll ich dann direkt nach der Arbeit vorbei kommen?" frage ich ihn etwas nervöser, als noch vor ein paar Minuten. „Ich habe noch einen Termin vorher. Ich bin so gegen sieben wieder im Palast." entgegnet er. Ich nicke. „Gut, dann bringe ich meine Sachen vorher nach Hause." Irgendwie werde ich Zayn schon erklären, wieso ich nochmal los muss, bevor wir uns in der Kneipe treffen.

„Wie willst du dann die Pizza liefern lassen?" frage ich ihn dann. „Ich meine, du kannst doch schlecht sagen, dass der Lieferant einfach zum Eingang kommen." Er überlegt kurz. „Dann Tiefkühlpizza." meint er. „Das wird schon funktionieren." schiebt er hinterher und isst das letzte Stück seines Lachses. Ich habe bereits aufgegessen und lege mein Besteck entsprechend auf den Teller. „Ich gehe davon aus, du weißt, wo man so etwas herbekommt?" Ich schmunzle und nicke. „Ja. Ich werde einfach welche mitbringen." erwidere ich.

Unsere Teller werden abgeräumt. Dann kommt die Stewardess mit zwei kleineren Tellern wieder. „Das ist Mousse au Chocolat mit Himbeeren." meint Harry und nimmt sich den langen, dünnen Löffel für das Dessert. „Geil." kommentiere ich unbedacht und probiere etwas. Hatte ich überhaupt damit gerechnet, dass es nicht gut schmecken könnte? Es ist fantastisch. Ich glaube, ich würde alleine wegen des Essens nochmal in diesen Jet steigen. Harry schmunzelt und isst eine der Himbeeren. Sie sind frisch. Natürlich sind sie das.

Dann sieht er kurz auf sein Handy. „Es dauert nicht mehr lange, bis wir landen." merkt er an. Ich nicke und merke, wie sich ein unangenehmes Ziehen in meinem Brustkorb breitmacht. Ich möchte noch nicht wieder Landen, ich möchte hier bei Harry bleiben. Ich weiß zwar, dass wir bestimmt noch zwanzig Minuten in dem Dodge sitzen werden, aber hier ist es einfach angenehmer. Ich höre mich schon an, wie einer dieser reichen Menschen. Hier ist es ruhiger und gemütlicher. Als wir aufgegessen haben, werden Teller und Besteck abgeräumt. Außerdem nimmt die Stewardess auf Wusch von Harry die Tischdecke wieder mit. Als ich ihn fragend ansehe, drückt er auf einen Kopf an der Seite und der Tisch klappt sich ein. Dann ist er in der Wand verschwinden. Wieso überrascht mich das eigentlich noch?

Harry lächelt ein wenig und sieht mich an. Dann beugt er sich vor, löst meinen Gurt und lässt ihn links und recht von mir Fallen. Ich beobachte es, sage aber nichts. Mein Herz schlägt schneller und nervös beiße ich mir auf die Innenseite meiner Wange. Dann hält er mir seine geöffnete Hand ihn. Ich lege meine hinein. Er deutet mir aufzustehen und ich komme seiner stummen Anweisung nach. Es zieht seine Hand langsam zu sich zurück und dadurch mache ich zwei Schritte auf ihn zu. Harrys Blick gleitet zu meinen Lippen und ich fange an zu lächeln. Jetzt brauche ich nichts mehr fragen. Ich setze mich auf seinen Schoß und küsse ihn. Harry lächelt in den Kuss hinein und legt eine Hand an meinen Hals. Es fühlt sich so gut an, wenn er das tut. Meine Haut brennt und mein Herz hämmert gegen meine Rippen. Seine andere Hand gleitet über meinen Rücken, er legt seinen Arm um meine Taille und zieht mich enger an ihn heran.

Ich kann nicht anders, ich lasse meine Finger durch seine Haare streichen. Sie sind so verflucht weich. Und sie riechen gut. Meine andere Hand lege ich auf seinen Oberkörper und streiche über den Saum seines Shirts. Als meine Finger seine Haut berühren, taucht seine Zunge in meinen Mund ein und ich drücke mich an ihn. Ich möchte ihn jeden Tag so küssen können! Es ist so gut, so verführerisch. Unsere Zungen streichen umeinander, tanzen miteinander und ich vergesse mal wieder alles um mich herum. Harrys Hand schlüpft unter mein Oberteil und ich seufze zufrieden auf. Harry küsst gut, sehr sogar. Seine Lippen drücken sich auf meine, sie bewegen sich sanft miteinander und doch verspüre ich gleichzeitig eine Leidenschaft, die ich kaum beschreiben kann. Dann saugt er leicht an meiner Unterlippe und leckt anschließend darüber. Als Antwort ziehe ich ein klein wenig an seinen Haaren. Zufrieden lächelt er und küsst mich erneut. 

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Tiefkühlpizza kennt der Gute also auch nicht. Ob sie ihm schmecken wird? Und ob Zayn nicht doch skeptisch wird? 

Love L 

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