73. Kapitel

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Gestresst sitze ich auf diesem beschissenen, unbequemen Stuhl und warte darauf, was als nächstes passiert. Der Mann, er sich als Mr. West vorgestellt hat, telefoniert gerade noch. Es sind noch zehn Minuten, bis das Bording beginnt. Genervt seufze ich und sehe, dass Trevor versucht hat, mich anzurufen. Ich hoffe, er hebt ab. Ich habe Glück.

„Wo bist du?" fragt er mich sofort. Ich seufze. „Ich glaube nicht, dass ich es noch schaffe." - „Was soll der Mist, Tomlinson?" fragt er mich sofort angespannt. Ich verdrehe die Augen. „Mein Visum ist irgendwie nicht mehr gültig, keine Ahnung, was hier los ist." antworte ich ihm ehrlich. „Willst du mich verarschen?" - „Meinst du ich finde das witzig?!" fahre ich ihn an. Er schweigt kurz. „Schau das du es geregelt bekommst. Du weißt, dass du Mittwoch wieder an deinem Schreibtisch sitzen musst." meint er dann. Ich nicke. „Ja, schon klar. Ich habe mir das hier auch nicht ausgesucht." - „Hast du denn nicht nachgeschaut, bis was dein Visum noch gültig ist?!"

„Nein, habe ich nicht! Scheiße." fluche ich und fahre mir durch die Haare. Ich kann nur darauf hoffen, dass ich schnell ein neues bekomme. „Regel den Mist. Wir steigen jetzt in den Flieger." gibt er mir Bescheid. „Okay. Wir sehen uns." verabschiede ich mich und lege dann auf. Verflucht! Fast im gleichen Moment öffnet sich die Tür und Mr. West kommt wieder. Er setzt sich mir gegenüber und sieht mich ausdruckslos an.

„Was jetzt? Darf ich nach London?" will ich wissen und habe für einen Moment die Hoffnung, dass er nickt. Natürlich tut er es nicht. „Sie können froh sein, dass es hier bemerkt wurde und nicht in England. Sie hätten sie wieder ausgewiesen und alles würde noch länger dauern." antwortet er mir und ich verdrehe genervt die Augen. Das hilft mir jetzt auch nicht weiter. Was soll diese Antwort? Soll ich mich jetzt besser fühlen? Wohl kaum!

„Und?" - „Es wird eine weile dauern, sie müssen ein neues Visum beantragen. Da Ihres abgelaufen ist, können sie nicht mehr um eine Verlängerung bitten. Es wird ein wenig dauern, ein paar Wochen vielleicht wenn sie Glück haben." Mit großen Augen sehe ich ihn an. „Wochen?! Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!" entgegne ich aufgebracht. „Tut mir leid, aber das haben Sie sich zuzuschreiben." antwortet er trocken. Ich bin sicher, wenn es so weiter geht, drehe ich gleich durch.

„Haben Sie eine Bleibe?" fragt er mich dann. Ich murre und antworte sarkastisch. „Ja, in Portland." Er nickt. „Sehr gut, dann würde ich sagen, sie buchen sich ein Ticket." Entgeistert sehe ich ihn an. „Das kann nicht Ihr Ernst sein." - „Ich kann nichts weiter für Sie tun, da Sie eine Unterkunft haben und es eine ganze Weile dauern wird, bis sie wieder nach London können, schlage ich vor, sie machen sich auf den Weg." Er steht auf. Ich tue es ihm gleich und nehme meine Sachen.

„Alles, was ich tun konnte, ist ihren Koffer zurückzurufen. Warten Sie vor der Tür, er wird gebracht." Ich nicke und schaue auf mein Handy. Seit heute Morgen hat keiner von uns noch eine Flatrate für die USA und ich will gar nicht wissen, wie viel mich der Anruf gerade schon gekostet hat. Ich stecke mein Handy wieder ein und trete vor die Tür. Mr. West behält recht, es dauert nur ein paar Minuten, bis ich meinen Koffer wieder habe. Unentschlossen laufe ich zurück zum Check-In und stelle mich neu an.

„Guten Tag." sage ich so freundlich es geht, zu der Dame hinter dem Schalter. „Ich brauche ein Ticket nach Portland." Sie nickt und schaut auf ihren Computer. „Ich gehe davon aus, mit Gepäck?" Ich nicke und fahre mir durch die Haare. Das darf doch alles nicht wahr sein.

„In drei Stunden geht ein Flieger. Sie wären um fünf Uhr Nachmittags Ortszeit dort. Es gibt einen Zwischenstopp in Dallas, einen Non-Stop Flug, kann ich Ihnen aktuell leider nicht anbieten." Das war ja klar. Ich nicke nur, was bleibt mir schon anderes übrig? „Wie viel kostet das Ticket?"

„Vierhundertneunundzwanzig Dollar." antwortet sie mir.

429 Dollar. Das ist nicht wenig, aber was soll ich machen? Ich nicke also. „Ja, ich nehme das Ticket."

„Zahlen Sie Bar oder mit Karte?" fragt sie dann. „Karte." erwidere ich und gebe sie ihr. Einige Sekunden später bin ich um einen ganzen Batzen Geld ärmer und nehme das Ticket entgegen. Den Koffer gebe ich schon ab und gehe dann wieder zur Passkontrolle. Jetzt bin ich innerhalb weniger Minuten durch und komme bei der Sicherheitskontrolle an. Was eine Scheiße. Gelangweilt sehe ich aus dem Fenster. Meine Gedanken drehen sich um alles mögliche. Ich versuche mich ins WLAN des Flughafens einzuloggen, aber es funktioniert nicht, ich bin zwar verbunden, aber es dauert Ewigkeiten, bis irgendetwas lädt. Ich stecke mein Handy wieder weg und warte.

Meine Gedanken überschlagen sich und versuche mir irgendwie einzureden, dass ich so wenigstens meine Familie früher als erwartet wiedersehe. Es ist ein Trost, bei dem, was hier gerade alles passiert. Und sogar jetzt, wo ich eigentlich deutlich mehr Probleme habe, als über Harry nachzudenken, kann ich nicht anders. Ich versuche zu verstehen, was auf dieser Party passiert ist, wieso er meine Telefonate nicht annimmt und was genau er mir denn nicht in einer Nachricht schreiben konnte. Was sollte ich denn anderes denken, als dass er mir von Harper erzählen wollte? Es ist offensichtlich, so eindeutig. Ich arbeite lange genug als Journalist, ich erkenne, wenn Fotos echt sich und wann nicht. Dieses Foto ist echt, definitiv ist es das, ansonsten wäre dieser unscheinbare Kratzer auf Harrys Brust nicht da gewesen.

Er war da und er war von mir. Und jetzt ist Harper bei ihm. Ich schaue auf den Bildschirm mit den ständig laufenden Kurznachrichten und nach einer Weile taucht Harrys Bild auf dem Monitor auf. Es sind die Bilder, die ich schon kenne. Der Ton ist aus, aber der Bericht ist untertitelt. Nach wenigen Augenblick wird ein Bild eingeblendet, dass ich noch nicht kenne. Harry steht neben dem Dodge und Harper klettert auf die Rückbank. Als wäre das noch nicht genug, steht einer von Harrys Bodyguards daneben und hält ihnen die Tür auf. Ich kenne ihn, auch wenn ich seinen Namen nicht weiß, ich habe ihn schon oft gesehen, aber noch nie wirklich mit ihm gesprochen.

Harper streckt ihren Hintern förmlich in Harrys Gesicht und auf dem nächsten Bild sieht man, dass Harry ebenfalls in diesen Wagen steigt. Mein Herz zieht sich zusammen und meine Augen fangen an zu brennen. Ich will hier nicht anfangen zu heulen, aber ich kann es nicht vollständig verhindern. Schnell stütze ich meine Unterarme auf meine Schenkel und wische mir ein paar Tränen von der Wange. Was ist das hier eigentlich für eine Scheiße? Harry vergnügt sich mit einer heißen Schauspielerin und ich kann nicht nach London zurück. Harry hat seinen Spaß, nachdem ich ihm gesagt habe, dass ich ihn liebe. Ja, vielleicht war es mein Fehler, dass ich ihm am Freitag nicht die Zeit gelassen habe, um zu antworten, aber jetzt gerade weiß ich nicht, ob es nicht vielleicht sogar besser war.

Was ist, wenn er gar nichts gesagt hätte? Wenn er mir da gesagt hätte, dass es eigentlich jemand anderen gibt. Ich schlucke und lasse zu, dass mein Herz immer weiter zerquetscht wird. Was soll ich auch tun? Ich weiß in diesem Moment nicht mehr weiter, mein Konto ist vermutlich wieder auf Null, ich kann niemanden anrufen, weil ich sowieso schon pleite bin und Harry hebt doch sowieso nicht ab.

Vielleicht ist es gar nicht mal so schlecht, dass ich nicht hier in Miami bleibe, sondern nach Hause fliege, da habe ich wenigstens ein eigenes Bett, dort sich Leute die ich kenne und ich weiß, dass Mum wir helfen wird, das irgendwie zu regeln. Die Zeit vergeht die Kaugummi. Dann endlich fängt das Bording an. Mit Umsteigen wird der Flug acht Stunden dauern, aber durch die Zeitverschiebung bin ich um fünf Uhr Nachmittags da. Vom Flughafen aus ist es nicht so weit bis nach Hause, eine halbe Stunde zu Fuß, vielleicht ein wenig länger.

Für ein Busticket werde ich jetzt garantiert nicht noch mehr Geld ausgeben! Es dauert und dauert bis das Bording beendet ist. Ich versuche danach zwar zu schlafen, aber es geht einfach nicht. Wieder einmal sind meine Gedanken laut wie Presslufthammer. Außerdem sitzt ein kleines, heulendes Baby auf dem Schoß der Frau neben mir und auf der anderen Seite ein Mann, der sich lieber hätte zwei Plätze buchen sollen. Eingeengt greife ich nach meinen Kopfhörern und sehe dann, dass ich nicht mehr allzu viel Akku habe.

Weil es im Flugmodus ist, sollte es zwar noch ein wenig halten, aber ob es reicht, bis ich in Portland bin, weiß ich nicht genau. Ich schalte meine Musik also gar nicht erst an, sondern mein Handy ganz aus. Hier oben bringt es mir sowieso nichts. Alles, was ich tun kann, ist warten. Ich könnte ein Buch lesen, aber ich habe keins mit und die Zeitschriften waren alle schon vergriffen, als ich das Flugzeug betreten habe. Was kann eigentlich heute noch alles schief gehen?

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Tja was könnte nur wohl alles noch passieren? Und meint ihr, es ist eine gute Idee, nach Portland zu fliegen? Wie kommt er wohl zurück nach England? 

Love L 

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