15 - Was zählt

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Es war nur Zufall, dass sie in genau dem Moment ins Foyer stürmte, als auch Edward dort auftauchte. Es war noch eine halbe Stunde zu früh und er überraschte sie so, dass sie vor Schreck stehen blieb und ihn anstarrte. Er sah phantastisch aus und lächelte erfreut, als er sie sah und Ruby wollte am liebsten umdrehen und ihn einfach stehen lassen, so wütend war sie, so verletzt und so unendlich traurig. Aber er konnte nichts dafür, also blieb sie und zwang sich, zu lächeln. Aber es tat weh.

"Du siehst wunderschön aus", sagte Edward lächelnd, musterte sie von oben bis unten und dann blieb sein Blick an ihrem Gesicht hängen. "Ist alles in Ordnung?"

Ruby biss sich auf die Lippen. "Ja, alles klar", sagte sie gepresst, "lass uns einfach los gehen." Sie ignorierte seine Hand, marschierte zum Aufzug und drückte den Knopf. Hämmerte darauf, was sie an Edwards erschrockenem Zucken bemerkte, er war neben sie getreten und beobachtete sie.

"Ist wirklich alles gut bei dir?", fragte er erneut. "Wir können auch hierbleiben, wenn..."

"Es geht schon!", sagte Ruby etwas zu heftig und atmete dann tief ein. "Entschuldige. Es ist alles in Ordnung. Lass uns... Lass uns einfach nur los gehen. Ich brauch ein bisschen frische Luft und dann ist alles wieder bestens."

Die Fahrstuhltür ging auf und sie betrat die Kabine, während Edward ihr unschlüssig folgte. Sie starrte an die Decke, um seinem fragenden Blick zu entgehen und beide schwiegen, während sie nach unten fuhren und auch auf dem Weg hinaus. Es war kühl. Ruby bedauerte kurz, dass sie ihre Jacke vergessen hatte - sie lag noch auf ihrem Bett und sie hatte sie später holen wollen.

"Jetzt warte doch mal!", sagte Edward irgendwann und hielt sie am Arm fest, so dass Ruby stehen bleiben musste. "Du rennst ja, als wären alle Höllenfürsten hinter dir her!" Er lächelte schief, als wolle er damit einen Witz machen, doch sie fand es nicht komisch. Und schließlich seufzte er und sah die Straße hinunter. "Willst du mir nicht endlich sagen, was los ist? Ich bin ja nicht taub, ich hab dich schreien gehört. Was ist denn da passiert."

Ruby blinzelte und zählte innerlich bis zehn, ehe sie ihren Arm so sanft wie möglich aus seinem Griff zog. Er war nicht schuld und sie sollte ihn nicht bestrafen. "Ehrlich gesagt geht dich das nichts an", versuchte sie freundlich zu sagen, zumindest das gelang ihr. "Können wir nicht einfach damit weiter machen, was wir vor hatten und so tun, als wäre nichts passiert?"

"Ich weiß nicht", sagte Edward und rückte seine Brille zurecht. "Kannst du aufhören, darüber nachzudenken und mit mir einen schönen Abend verbringen?" Er lächelte erneut.

Sie starrten sich eine Weile lang an, bis er schließlich seufzte, als hätte er erkannt, dass sie genau das nicht konnte. "Ist doch egal", sagte Ruby, bevor er vorschlagen konnte, zurück zu gehen. "Du hast einen Tisch reserviert und ich hab mich aufgebrezelt wie..." - Jolene, wollte sie sagen, ließ es dann jedoch. "Bringen wir es einfach hinter uns."

Edward schnaubte leise und schob die Hände in die Hosentaschen. Er trug einen Anzug, fiel ihr jetzt auf, als sie ihn zum ersten mal genau ansah. Schwarz mit einem weißen Hemd darunter, keine Krawatte, er hatte die oberen beiden Hemdknöpfe offen gelassen, was ihn etwas lockerer erscheinen ließ. Es stand ihm, genau wie die leicht gegelten Haare, doch die Frisur erinnerte Ruby nur wieder an Alexej und sie sagte sich, dass es ihr ganz recht geschah, heute keinen Spaß zu haben.

"Komm schon", murmelte sie und legte ihm zögernd eine Hand auf den Arm. Er tat ihr leid, weil er schwer enttäuscht zu sein schien. "Hör zu, ich weiß, das hat alles ziemlich scheiße angefangen, aber warum tun wir nicht so, als wäre das nicht passiert und amüsieren uns irgendwie?"

"Irgendwie!", wiederholte Edward unversöhnt, doch schließlich sah er sie an und nickte zögernd. "Okay, irgendwie. Dann lass uns gehen, es ist noch ein Stück." Er winkte nicht nach dem Taxi, das gerade vorbei fuhr und sie hätte beinahe gesagt, dass sie in ihren hohen Schuhen nicht so weit laufen wollte, doch dann ließ sie es. Auch das geschah ihr ganz recht. Immerhin war es auch sein Abend.

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