Plötzlich war sie nicht mehr neben ihm. Victor stolperte beinahe, so schnell drehte er sich um. Der Wald schwankte. Bäume rauschten durch sein Blickfeld. Der Dämon brach sich seinen Weg durchs Unterholz, knickte Stämme ab wie Zündhölzer. Und davor Ruby. Sie wirkte winzig. David gegen Goliath. Ein Floh vor einem Monster. Sein strahlendes Mädchen vor dem schwarzen Alptraum.
"Lizzy!", brüllte er gegen den Lärm und hörte sich beinahe selbst kaum. Die Worte keuchten von seinen Lippen und er schrie noch lauter, währender zurück rannte. Über Wurzeln und Unebenheiten stolpernd, die gerade noch nicht da gewesen zu sein schienen. Gerade eben, bevor er bemerkt hatte, dass sie verrückt geworden war.
"Lizzy, komm da weg!" Sie war verrückt, ja. Sie konnte doch unmöglich glauben,dass das hier nötig war! Sie hatten das Portal fast erreicht! Sie mussten es fast erreicht haben, alles andere wäre einfach nicht fair gewesen! Und Ruby hatte entschieden, sich dem Monster zu stellen. Für was?!
Etwas zog an ihm vorbei. Jolene, bleich wie Schnee, die Lippen verzerrt vor Wut und Entschlossenheit. "Was denn, willst du diskutieren?", brüllte sie ihn an, den Kopf halb gedreht. Ihre gerade noch taumelnden Schritte waren zu einem Sprint geworden. Ihre Hände zerrten ihre Waffe hervor, in einer fließenden, geschmeidigen Bewegung, als gäbe es keine Verletzung mehr, die sie behinderte.
Vor ihnen drängte das Monster sich vorwärts, mit heißen, brennenden Augen. Heißem, brennendem Gestank. Wie viele Meter? Wie viele Sekunden, die das hier sie kosten würde?
Jolene erreichte Ruby und der Griff ihrer Waffe krachte auf den Schädel des Mädchens, das sie kaum bemerkt hatte und jetzt lautlos in sich zusammen sank. "Komm schon!", schrie Jolene Victor an und ignorierte den Dämon, der sich jetzt noch schneller auf sie zu schob, noch lauter brüllte. Fast hätte er sie nicht gehört. "Ihr seid doch beide bescheuert! Glaubst du, sie kommt freiwillig mit?!"
Sie wollte ihre Waffe zurück in ihren Gürtel stecken, und verlor sie, doch sie bückte sich nicht mal danach. Dachte gar nicht daran. Es rauschte in seinen Ohren, als Victor Ruby hochzerrte, Blut dröhnte durch seine Adern und er warf sie sich über die Schulter und stolperte Jolene nach. Ihr bleiches, so bleiches Gesicht mit den grimmig verzogenen Lippen fixierte einen Punkt vor ihnen. Um sie schwankte die Welt. Schien brechen zu wollen. Schrumpfte, als würde der Dämon sie Meter um Meter an sich heran ziehen.
Und doch lag der Wald endlos vor ihnen, als sie weiter rannten. Und hinter ihnen das Ding. Fünfzig Meter? Vierzig? Erdbrocken donnerten auf sie herab wie Hagel, als es einen Baum mitsamt der Wurzeln ausriss und nach ihnen warf. Er landete knapp neben ihnen, seine Äste ließen einen Regen aus Blättern und kleinen Zweigen niedergehen, aber Victor wurde nicht langsamer, während er ihnen haarscharf auswich.
Neben ihm keuchte Jolene. "Ich sehe es!", kreischte sie plötzlich. Ihr Gesicht war bleich und grau, die Lippen bläulich, aber sie grinste. Sie rannte. Fast konnte er nicht mit ihr Schritt halten. Blut klebte getrocknet an ihren Lippen und ihrem Kinn. Er starrte nach vorn, versuchte, es zu erkennen. Alles schwankte, die Luft flimmerte und flackerte. Das Portal flackerte.
Und schwand.
Jolene schrie frustriert und panisch. "Nein!", brüllte sie und er fragte sich, woher sie die Kraft nahm, noch schneller zu werden. "Komm zurück, wir sind da!"
Er hätte stehen bleiben können, aufgeben, aber er wollte nicht. Er rannte. Sie beide rannten verbissen. Da war es, der Ort, der Ausgang. Das Flackern kehrte zurück. Schwand wieder. Flammte wieder auf, nur Meter vor ihnen.
"Magnus, du Arschloch!", kreischte Jolene und dann hüllte Licht sie ein. Blutrote Fäden. Das Ding hinter ihnen brüllte rasend vor Wut. Leichenfinger streiften sein Bein, versuchten ihn zu packen, ihn zurück zu ziehen.
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Right by your Side
FanfictionWas macht man, wenn man trotz einer Extraportion Engelsblut keine besonderen Fähigkeiten hat? Zum ersten mal verknallt und todunglücklich im öden Alicante zögert Ruby (fast) gar nicht, als sie die Chance bekommt, ins New York Institut zu wechseln. U...