"Also, was tun wir jetzt?"
Isabelle drehte sich zu Robert um. Der Inquisitor musterte sie, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, und ihr wurde klar, dass sie von ihm nicht mehr als ihr Vater denken konnte. Ihr Vater war ein netter Mann gewesen, ruhig und zurückhaltend, ein guter Lehrer. Der Inquisitor war kühl und herablassend. Sie waren wie zwei verschiedene Menschen.
Hinter ihm saß Jolene. Niemand hatte sie aufgefordert zu gehen, nachdem sie alles erzählt hatte. Jetzt schien das nicht mehr notwendig zu sein. Sie wusste schon genug, also machte es keinen Unterschied, ob sie noch mehr hörte.
Eigentlich war es kaum überraschend, was sie zu sagen hatte, und Isabelle musste sich davon abhalten, ein kleines, bitteres Lachen auszustoßen. Sie war sicher gewesen, dass er alles nur erfunden hatte, um irgendwo einen Schuldigen zu finden, aber ihr Vater hatte tatsächlich recht gehabt. Durch puren Zufall. Und sie hatten Zeit verschwendet, während er die falschen verdächtigte.
Edward war es gewesen, der Jolenes Gedächtnis von einem Hexenmeister verwirren ließ. Irgendwann ein mal, vor ein paar Wochen, war sie ihm nachgelaufen, als er das Institut verließ. Eigentlich wollte sie nur die Gelegenheit nutzen, um ihn mal allein zu erwischen, und platzte mitten in ein Treffen zwischen ihm und ein paar Schattenwesen herein.
Ab da wurde es unklar, denn auch wenn der Hexenmeister offenbar nicht stark genug gewesen war, diese Erinnerungen vollständig und langanhaltend zu löschen, so konnte sie sich zumindest nicht mehr entsinnen, was sie dort eventuell gehört hatte. Sie wusste noch, dass Edward sie manchmal allein zurück ließ, wenn sie eigentlich auf Patrouille gehen sollten. Und dass er sie allein in einem Zimmer zurückgelassen hatte an dem Tag, als er Clary entführt hatte. Irgendwie hatte er eine zuvor implantierte Erinnerung ausgelöst, aber Jolene errötete bis tief zu den Haarwurzeln, als man sie danach fragte. Sie war wütend und beschämt und sagte kein Wort mehr.
"Er ist weg. Was können wir schon tun?", fragte Isabelle schließlich, als sie merkte, dass alle sie anstarrten. Er konnte überall sein. Und er hatte einen großen Vorsprung.
"Du kennst ihn am besten", erklärte Robert. Jace saß neben ihm und starrte nachdenklich ins Nichts. "Wohin würde er gehen?"
"Ich dachte, ich kenne ihn", sie seufzte. "Aber ich habe mich ganz offensichtlich getäuscht... Er hat uns getäuscht. Woher soll ich wissen, wohin er gehen könnte? Vermutlich ist er irgendwo, wo wir ihn niemals finden werden, und lacht uns aus..."
Etwas raschelte und sie sah Robert einen Bogen eng beschriebenes Pergament von einem Stapel nehmen. "Weil sie mich verstoßen haben! Weil ich ein Nichts für sie bin! Weil sie es nicht anders verdient haben, als alles zu verlieren, so wie ich alles verloren habe!", zitierte er ausdruckslos.
"Was ist damit?", fragte Isabelle. Sie fühlte sich müde. Jetzt, wo der Schock vorbei war über die Ungeheuerlichkeit, die sich ereignet hatte, meldete sich ihr Körper protestierend und die schlaflose Nacht ließ ihre Knochen schmerzen.
"Das sagte der Angreifer zu Elizabeth, als sie im Schutzraum gekämpft haben. Sie konnte sich ziemlich genau an diese Worte erinnern. Sagt dir das etwas?"
Sie zuckte mit den Schultern. "Nein. Nicht das geringste. Es gab nie irgend einen schlimmen Vorfall. Ein paar mal Streit vielleicht mit Victor, so wie Kinder eben sind. Edward war immer ein ruhiger, lieber Junge. Ich kann mir nicht vorstellen, was geschehen sein könnte, das ihn so wütend macht."
"Bist du dir sicher?", fragte Robert streng. "Immerhin hast du auch vergessen, dass du ihn möglicherweise in den Schutzraum geführt hast und damit indirekt Schuld daran bist, dass er den Mechanismus finden und außer Kraft setzen konnte!"
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Right by your Side
FanfictionWas macht man, wenn man trotz einer Extraportion Engelsblut keine besonderen Fähigkeiten hat? Zum ersten mal verknallt und todunglücklich im öden Alicante zögert Ruby (fast) gar nicht, als sie die Chance bekommt, ins New York Institut zu wechseln. U...