Die Tür wurde aufgerissen, etwas polterte zu Boden und Ruby saß vor Schreck im Bett, versuchte herauszufinden, warum ihr Zimmer so chaotisch aussah und warum Isabelle sie so fassungslos anstarrte. Neben ihr richtete Victor sich stöhnend auf und rieb sich den Kopf. "Morgen", sagte er.
"Morgen", wiederholte die Institutsleiterin monoton. Sie schien sich erst langsam in der Situation zurecht zu finden. "Morgen?" Sie stemmte die Hände in die Hüften. "Es ist halb zwölf Uhr mittags!"
"Schrei doch nicht so." Victor setzte sich hin und Ruby hörte ein schabendes Geräusch.
"Was macht ihr zwei überhaupt hier?" Die Stimme der schwarzhaarigen Schattenjägerin überschlug sich fast. "Habt ihr etwa... habt ihr..." Sie schien gar keine Worte dafür zu finden. "Habt ihr etwa... hier... mit einander..."
"Was miteinander?" Ruby strich sich die wirren Haare aus der Stirn und versuchte, ihre Erinnerungen zu ordnen, die erst langsam zurück kamen. In ihrem Kopf fühlte es sich schwammig an.
"Ich glaub sie denkt wir hatten Sex", sagte Victor ganz unverblümt. Seine Stimme klang heiser.
Ruby starrte ihn zweifelnd an und dann Isabelle. "Was, du und ich?" Sie blickte zurück zu Victor und plötzlich fingen beide gleichzeitig an zu lachen.
"Oh Gott!", sagte Victor.
"Einfach unfassbar!", sagte Ruby und wischte sich Lachtränen aus den Augen.
"Wie kommst du überhaupt darauf?", fuhr Victor fort und beide lachten nur noch mehr.
Isabelle verschränkte die Arme vor der Brust. Sie sah beleidigt aus. "Wie schön, dass ihr das so amüsant findet. Aber was soll man auch denken, wenn man euch hier zusammen in einem Bett findet?!"
"Sowas doch nicht!" Ruby holte keuchend Luft und schaffte es, wenigstens nur noch zu kichern. Victor saß auf dem Boden, den Kopf auf die Knie gestützt, und murmelte lachend vor sich hin. "Ich hab hier nur geschlafen", sagte sie, als sie wieder sprechen konnte. "Es war einfach zu spät gestern, um noch rüber zu gehen."
"Und vorher hast du dich ausgezogen?", erwiderte die Institutsleiterin zweifelnd. Trotz des Anblicks, der ziemlich eindeutig auf andere wirken musste, schien die Reaktion der beiden sie langsam zu überzeugen.
"Ja na klar", antwortete Ruby und atmete noch einmal tief durch. "Und geduscht! Ich war total voller Dämonenschleim. Denkst du, ich geh so schlafen?"
Isabelles Lippen zuckten missbilligend. "Na gut", sagte sie, noch nicht ganz überzeugt. "Aber jetzt steht endlich auf. Es ist fast Mittag." Und mit einem Blick auf Victor: "Du hast schon wieder hier geraucht!"
Er grinste sie an, Ruby konnte es nicht sehen, erkannte es aber an der Art, wie Isabelles Lippen zuckten. "Erwischt", sagte er reumütig, aber es klang nicht ernst. "Ich tu's nie wieder."
"Hm", sagte Isabelle und sah zwischen beiden hin und her. "Was habt ihr überhaupt hier gemacht?"
"Mädelskram", sagte Victor affektiert.
"Mädelskram." Isabelle starrte Ruby durchdringend an, die grinsend nickte. "Na gut." Die Institutsleiterin schnaubte grimmig und ging dann hinaus.
Die Tür schloss sich und beide starrten sie noch einige Sekunden lang an, dann stemmte sich Victor ächzend hoch und zerrte die leere Weinflasche unter sich hervor. "Das war knapp", sagte er vergnügt. "Sie hätte uns umgebracht, wenn sie die gesehen hätte."
Ruby wühlte sich aus den Decken und tapste ins Bad. Sie trug immer noch Victors zerknittertes Shirt und sonst nur ihren Slip. Das musste ja merkwürdig aussehen und vermutlich hatte sie noch Glück, dass Schattenjäger diese Sachen lange nicht so ernst nahmen, wie Irdische. Oder ihr Vater. Sie grinste ihrem verschlafenen Spiegelbild schief entgegen. Ihre Zunge fühlte sich pelzig an. "Hast du irgendwo ne Zahnbürste?", fragte sie und inspizierte das Chaos in seinem Badezimmerschrank.
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Right by your Side
Fiksi PenggemarWas macht man, wenn man trotz einer Extraportion Engelsblut keine besonderen Fähigkeiten hat? Zum ersten mal verknallt und todunglücklich im öden Alicante zögert Ruby (fast) gar nicht, als sie die Chance bekommt, ins New York Institut zu wechseln. U...