Die Haustür ging und Clary sah auf. Sie und Jace saßen im Wohnzimmer, er las und sie strickte Sachen für das Baby. Sie versuchte es jedenfalls, dachte sie und zog eine Grimasse, während sie das Ergebnis betrachtete. Stricken lag ihr einfach nicht und seufzend ließ sie die Hände sinken und sah zur offenen Tür zurück.
Ihre Tochter stand dort. Sie hatte eine Hand aufs Treppengeländer gelegt, den Fuß auf der ersten Stufe, und starrte ins Nichts. Einen Moment lang dachte Clary nur, wie hübsch sie aussah in dem weißen Kleid, das ihr bis zu den Knien reichte. Früher hatte sie so oft Kleider getragen, und Clary wünschte sich die Zeit zurück, in der sie ihr Kind nicht beinahe zwingen musste, so etwas zu anzuziehen. Sie lächelte, bis ihr klar wurde, dass an diesem Bild etwas nicht stimmte.
"Schatz?", fragte sie leise und legte das Strickzeug zur Seite, um sich hoch zustemmen. Der Bauch machte es ihr inzwischen schwerer, sich zu bewegen, vor allem nach den vergangenen Tagen. Jace sah auf. Er war so versunken in die Lektüre, dass er erst jetzt bemerkte, dass seine Tochter im Flur stand.
"Elizabeth?", fragte Clary etwas lauter und ging zu ihrer Tochter. Watschelte, dachte sie mit einer Grimasse. Manchmal hing das Gewicht des Babys wie eine Tonne an ihr, dabei hatte sie noch zwei Monate vor sich.
Ruby drehte das Gesicht, sie wirkte traumwandlerisch. Sonst bewegte sich nichts, nur ihr Kopf. Und sie war früh zurück. "Mom", sagte sie leise und ihre Mundwinkel zuckten, als hätte sie versucht, zu lächeln.
"Schatz, ist alles in Ordnung?" Clary war bei ihr angelangt und legte ihr sanft eine Hand auf den Arm.
Das Mädchen starrte sie an, durch sie hindurch. Ihre Augen verirrten sich, fixierte einen Punkt und dann sah sie wieder Clary an. "Wir haben Schluss gemacht", sagte Ruby leise und es klang endgültig. "Er hat eine neue Freundin und ... wir haben Schluss gemacht." Sie lächelte jetzt doch und es sah so traurig aus, dass Clary das Herz weh tat.
"Okay", sagte Jace. Er musste hinter Clary stehen, seine Stimme klang so nah und dieses eine Wort war mehr, als ihr in diesem Moment einfiel. "Okay", wiederholte er, "Gut. Brauchst du was?"
"Mh..." Ruby starrte ihn an, dann glitt ihr Blick wieder zur Treppe zurück. Sie packte das Geländer fester, stieg jedoch nicht hinauf. "Können wir bald nach Hause zurück?", fragte sie und schien dann selbst zu merken, dass etwas an diesem Satz falsch war. "Zurück... nach New York... Können wir?" Aber sie wartete die Antwort nicht ab, sondern ging einfach hinauf. Clary und Jace starrten ihr nach, bis sie sie nicht mehr sehen konnten und die Zimmertür zuschlug.
"Gott sei Dank", murmelte Jace und ging zurück ins Wohnzimmer.
"Du mochtest ihn doch", erwiderte Clary von der Tür her. Sie wollte ihrem Kind am liebsten nach gehen, doch vielleicht war das keine so gute Idee. Nicht jetzt, nicht sofort. In einer Stunde, auch wenn da eine leise Stimme in ihrem Kopf war, die ihr sagte, dass ihre kleine Tochter jetzt erwachsen wurde und vermutlich eher in ein Hornissennest greifen würde, als die Fragen ihrer Mutter zu beantworten. Sie wusste noch, dass es ihr jedenfalls früher so gegangen war, aber jetzt, als Mutter, würde sie trotzdem genauso reagieren wie ihre eigene.
"Ich mochte ihn nicht!", grollte Jace. "Wir haben uns ... verstanden. Wie Männer eben."
"Männer!" Clary ging ihm nach und setzte sich ebenfalls wieder. Sie versuchte, seine amüsierten Blicke zu ignorieren, als sie sich wie ein riesiger Walfisch in ihrem Sessel nieder ließ. "Walfisch!", knurrte sie ihren Mann an, doch der hob abwehrend die Hände.
"Du wolltest doch noch ein zweites Kind!", sagte er grinsend.
"Ich wollte, ich könnte meine Füße wieder spüren", murmelte Clary, als sie endlich wieder bequem saß, lehnte den Kopf an und schloss die Augen. Aber er hatte ja recht. Sie wollte dieses Kind, genauso wie sie Elizabeth damals gewollt hatte. "Was meinst du? Wann gehen wir zurück?"
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Right by your Side
FanfictionWas macht man, wenn man trotz einer Extraportion Engelsblut keine besonderen Fähigkeiten hat? Zum ersten mal verknallt und todunglücklich im öden Alicante zögert Ruby (fast) gar nicht, als sie die Chance bekommt, ins New York Institut zu wechseln. U...