20 - Du bist nie allein

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Die Tür hatte sich kaum hinter den vier Jugendlichen geschlossen, als Victor den fremden, jungen Schattenjäger auch schon am Kragen packte und zu sich heran zerrte. Er grinste dabei regelrecht euphorisch, als wäre er nicht gerade im Begriff, dem anderen eine rein zu hauen. "Hey Julian", sagte er strahlend und seine Fingerknöchel traten weiß hervor, so sehr umklammerte er den Kragen von dessen Shirt. "Ich freue mich echt, dich zu sehen."

"Nicht schon wieder!", quiekte Cordelia neben ihnen und hängte sich an Victors Arm, als könnte sie ihn weg zerren, aber niemand beachtete sie.

"Hey Victor", sagte Julian. Auf seiner Stirn hatte sich eine ärgerliche Falte gebildet, doch er sah Victor auf genau die gleiche, aggressive Weise an, wie dieser ihn. "Das Hemd ist neu."

Sekundenlang schwiegen die beiden sich feindselig an, dann ließ Victor Julian los und trat einen Schritt zurück. Er grinste immer noch, aber es war die Art Grinsen, das er für jene Momente aufsparte, in denen er etwas wirklich Unkluges tun wollte. "Danke, dass du Isabelle Bescheid gegeben hast", knurrte Victor. Ruby fragte sich, ob es ihm nicht bald das Gesicht zerreißen würde.

"Immer doch. Sie soll sich ja keine Sorgen machen." Julian verschränkte die Arme vor der Brust, ohne das zerknitterte Hemd glatt zu streichen. Er grinste zurück und die Augen der beiden schienen einander Blitze zu zu werfen.

Ruby stellte sich zu Cordelia und fragte leise: "Was haben die für ein Problem?"

Das jüngere Mädchen verzog unglücklich das Gesicht und flüsterte zurück: "Das ist Julian Whitelaw, er ist mein Freund", sie hustete leise und knetete ihre Finger. "Er und Victor mögen sich nicht besonders."

Ruby warf ihr einen Blick zu. "Ah ja", sagte sie langsam. "Er ist dein Freund. Und sie mögen sich nicht."

Cordelia stieß ihr den Ellenbogen in die Seite. "Das ist absolut nicht meine Schuld!", zischte sie ungehalten, aber eine verräterische Röte erschien auf ihren Wangen.

Ruby schluckte eine Antwort herunter. Sie hatte wirklich keine Lust auf Streit. Schlimm genug, dass sie sich so absolut dumm angestellt hatte bei dem Versuch, Victors Aufenthalt bei seiner Familie geheim zu halten. Das Donnerwetter, das sie in New York erwarten würde... sie wollte es sich gar nicht ausmalen. Und jetzt dieser Zirkus hier! Wenigstens schien Isabelle das alles geheim halten zu wollen. Also würden sie vielleicht mit ein paar Tagen Hausarrest davon kommen.

"Seid ihr fertig?", fragte sie genervt und packte Victor am Arm, als niemand sie beachtete. Erst in diesem Moment schien ihm klar zu werden, dass sie noch da war und er sah sie an. "Seid ihr endlich fertig?", wiederholte Ruby mit Nachdruck.

"Sicher", antwortete er endlich und warf Julian noch einen Blick zu. "Ich hab nur Hallo gesagt."

Bevor der andere etwas antworten konnte, wurde die Tür der Bibliothek aufgerissen und Isabelle starrte sie an. "Geht packen!", zischte sie, als hätte sie das Geschehen im Flur mitbekommen. Ruby wartete keinen weiteren Befehl ab, sondern zerrte Victor mit sich. Hinter ihnen tönte Charlottes Stimme aus der Bibliothek, die nach ihren eigenen Schützlingen rief.

"In zehn Minuten seid ihr am Portalpunkt", fauchte Isabelle ihnen hinterher, "oder ihr könnt euch die nächsten Wochen mit putzen beschäftigen!"

"Na die hat ja eine Laune", bemerkte Victor vergnügt, als sie durch die Gänge eilten.

"Das ist nicht witzig!", knurrte Ruby, deren Hoffnung, glimpflich davon zukommen, sich inzwischen verflüchtigt hatte. "Wenn wir Glück haben, wird sie uns nicht bis zu unserem Lebensende Hausarrest geben!"

"Entspann dich", versuchte er sie zu beruhigen. "Sie wird schon dafür sorgen, dass keiner was mitbekommt."

Ruby blieb stehen und funkelte ihn an. "Ach ja? Glaubst du ernsthaft... Ich meine..." Sie warf die Hände in die Luft und lief weiter.

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