25 - Alphatier

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Jocelyn sah ihrer Enkelin mit einem warmen Lächeln nach. "Ein hübsches Mädchen", sagte sie an Jace gewandt. "Sie sieht dir unheimlich ähnlich. Schäm dich, dass du sie so lange vor mir versteckt hast!" Ihre Augen wanderten zum Bett und plötzlich fauchte sie: "Oh, wisch dir das schmutzige Grinsen vom Gesicht, Victor Trueblood! Das ist immer noch meine Enkeltochter!"

Ihre Augen blitzten angriffslustig genug, dass Victor ihrer Aufforderung ohne zu zögern nachkam. Das war keine Frau, mit der man sich anlegen sollte. Außerdem versprach das hier ein interessantes Gespräch zu werden, so wie Rubys Vater aussah: wie ein Grizzly mit Zahnschmerzen, obwohl er immer noch schwieg. Kurz zuckte die Vorstellung von Jocelyn durch seinen Kopf, mit einem Nudelholz in der Hand wie eine wütende Ehefrau, und er musste erneut ein Grinsen unterdrücken.

"Untergrab nicht meine Erziehungsmethoden!", knurrte Jace plötzlich. Er hatte wohl sein Rückgrat entdeckt. "Sie war ein anständiges Mädchen", er warf Alexej einen Blick zu, als wollte er sagen: Bis sie dich kennen gelernt hat. "Und wir dachten, wir tun ihr einen Gefallen, als wir sie hier her schickten, aber wie ich hören muss, macht sie ständig Schwierigkeiten!" Diesmal ging der Blick zu Victor und er lächelte unschuldig, was den Gesichtsausdruck von Rubys Vater noch finsterer werden ließ. Sein Verdienst war das mit den Schwierigkeiten sicher nicht.

Jocelyn lachte nur und schüttelte den Kopf. "Wenn ich mich recht entsinne, warst du in deiner Jugend auch nicht gerade ein Engel. Meine kleine Clary kannte dich gerade mal ein paar Monate und wäre dabei mehrfach fast umgebracht worden!"

Jace grunzte eine unverständliche Erwiderung, die alles hätte heißen können, von Zustimmung bis zu eindeutigem Protest, doch dann sagte er eisern: "Ich bin trotzdem ihr Vater..."

"Und du wirst ihr keinen Hausarrest geben, nur weil sie einen Krankenbesuch bei jemandem gemacht hat, den du nicht leiden kannst", unterbrach seine Schwiegermutter ihn lächelnd. "Also wirklich, dass du dir selbst nicht lächerlich vorkommst!"

"Das ist nicht der einzige Grund..."

Jocelyns Blick verhärtete sich einen Moment lang. "Dazu kommen wir später. Und schließlich wolltest du sie nur deswegen bestrafen, weil du sie hier gefunden hast." Sie schnaubte, als sich sein Mund verzog und eine Spur von Schuldbewusstsein auf seinem Gesicht auftauchte. "Dachte ich es mir doch. Schlimm genug, dass ich gar nichts mehr von euch sehe! Erst nimmst du mir meine Tochter weg und jetzt auch noch das. Ich glaube, wir zwei unterhalten uns darüber später noch mal ganz ausführlich." Sie hob eine Augenbraue. Jace wirkte plötzlich grünlich im Gesicht, als würde er alles andere lieber tun, als das.

Victor fragte sich belustigt, wer dabei wohl gewinnen würde, als Jocelyn einen Schritt zurück trat, um ihn und Alexej gleichzeitig im Blick zu haben. Sie lächelte wieder, als hätte es diese Standpauke für ihren Schwiegersohn gar nicht gegeben. "So, wer von euch beiden ist denn jetzt der Freund meiner Enkelin?"

"Ich", sagten beide gleichzeitig, und Alexej hätte sich beinahe auf Victor gestürzt, wenn Jace ihn nicht augenblicklich festgehalten hätte. Sein Blick besagte, dass er das nur tat, um sich nicht eine erneute Strafpredigt von Jocelyn anhören zu müssen. Ausschließlich deswegen. Wäre seine Schwiegermutter nicht so ein Drachen, hätte er vermutlich nur zugeschaut.

Alexej knurrte wütend und Victor musste sich zusammen reißen, um nicht zu lachen. Er zwinkerte dem jungen Russen zu. Es war einfach zu verführerisch, wie leicht sich Alexej auf die Palme bringen ließ. "Schon gut, war ein Witz", sagte er entspannt.

"Also dir würde ich zu gern Manieren beibringen", erklärte Jocelyn mit einem nachdenklichen Lächeln, das ihm irgendwie einen Schauder über den Rücken jagte. Dann sah sie wieder Jace an. "Es wundert mich gar nicht, dass sie ihn mag. Er ist genauso ein Rotzbengel wie du es damals warst." Sollte das vielleicht ein Kompliment sein?

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