Irgendwie war ihm selbst schon der Gedanke gekommen, dass es sinnlos und kleingeistig war, seiner Tochter diese vielleicht letzte Nacht zu missgönnen, aber er konnte sich einfach nicht überwinden. Seufzend fuhr sich Jace durchs Gesicht. Er wusste, dass sie erwachsen wurde, wusste, dass es ihm in ihrem Alter genauso ergangen war. Und genau deswegen konnte er nicht. Wollte er nicht. Wollte es sich nicht einmal vorstellen, dass sein Kind, sein kleines Mädchen...
Jace verließ den Raum, ohne noch einmal zu Clary zu gehen, die noch schlief. Er würde sich noch von ihr verabschieden, doch jetzt musste er nach seinem Kind sehen. Sich versichern, dass es ihr gut ging, noch bevor überhaupt begonnen hatte, was auch immer heute Nacht noch geschehen würde.
Als er zu ihrem Zimmer kam, fand er es leer vor und eine böse Ahnung beschlich ihn. Er bemühte sich, nicht zu rennen, um sich nicht wie ein Idiot vorzukommen, und lächelte gezwungen jeden der Schattenjäger an, die ihm auf dem Weg begegneten. Er vermied es, zuerst zum Zimmer von Victor zu gehen. Er hatte es letzte Nacht selbst abgeschlossen. Sie war vermutlich einfach bei ihrer kleinen Freundin - er musste fast lächeln, als er sich vorzustellen versuchte, was die beiden wohl aneinander fanden. Er wusste sehr gut, dass Elizabeth niemals eines von den Mädchen gewesen waren, die sich für Mode und dergleichen interessierten. Aber offenbar gab es etwas an dieser oberflächlichen Jolene, das seiner Tochter gefiel.
Doch auch das nächste Zimmer war leer. Sinnend starrte er auf die regenbogenfarbenen Berge von Kleidung, die Massen von Make up und Schuhen. Seine Elizabeth war so ordentlich, dass man in ihrem Zimmer vom Boden essen konnte, und diese Jolene - der es offenbar nur wichtig war, dass das Chaos wenigstens nach Farbe sortiert war - ließ alles liegen und fühlte sich trotzdem wohl. Aber bei Victor sah es ähnlich aus, nur dass er dort Angst haben musste, was er wohl sonst noch finden würde.
Jace schloss die Tür und drehte sich widerwillig um. Würde er sie jetzt dort auf der Türschwelle finden? Oder sogar... Er lief schneller und weigerte sich, die irritierten Blicke wahrzunehmen, die ihm aufgrund seines finsteren Gesichtsausdrucks zugeworfen wurden. Zum Teil war er auch auf sich selbst wütend. Es war nicht der Tag, nicht die Zeit, sich so aufzuführen, aber seine Gedanken weigerten sich, sich mit dem tatsächlichen Problem zu beschäftigen. Mit seiner schwangeren Frau, die beinahe gestorben wäre. Mit der Dämonin, an deren Gift in seinem Körper er sich nach so vielen Jahren noch viel zu gut erinnerte. An den Tod, der heute Nacht kommen würde.
Als er in den Gang einbog, wühlte er in seiner Tasche nach dem Schlüssel. Er konnte ihn nicht gleich finden. Er konnte ihn gar nicht finden. Jace blieb stehen und tastete seine Taschen ab. Obwohl er sich zu sagen versuchte, dass er ihn einfach in eine andere Tasche gesteckt hatte, dass er vielleicht am Abend zuvor beim ausziehen heraus gefallen war, war er plötzlich sicher, dass das nicht der Fall war.
Zögernd streckte er die Hand nach der Klinke aus. Er würde sich dumm vorkommen, wenn abgeschlossen war. Und noch dümmer, wenn es nicht so war. Schon zwei Schritte auf dem Weg zurück riss er sich zusammen. Er konnte zurückgehen und den Schlüssel suchen. Er konnte sich einreden, was auch immer er wollte. Aber eigentlich ahnte er, was geschehen war.
Es brauchte die Bestätigung nicht, dass die Tür sich öffnen ließ und dass das Zimmer leer war. Er starrte das zerwühlte Bett an, das allgegenwärtige Chaos. Er versuchte, klar zu denken und nicht überall Anzeichen zu sehen für...
Jace schlug die Tür zu und marschierte los. Er glaubte, sich selbst lachen zu hören, war sich aber nicht sicher. Erst, als ihm bewusst wurde, dass er vor seinen eigenen Räumen stand, konnte er wieder klar denken. Er starrte das Holz an, und wollte sich schon abwenden, als die Tür geöffnet wurde und Clary ihn überrascht ansah.
"Jace", sagte sie und musterte ihn von oben bis unten. "Was ist den los?" Sie wickelte ihre Jacke fester um sich, schien kurz nachzudenken und ging dann zurück ins Zimmer.
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Right by your Side
Hayran KurguWas macht man, wenn man trotz einer Extraportion Engelsblut keine besonderen Fähigkeiten hat? Zum ersten mal verknallt und todunglücklich im öden Alicante zögert Ruby (fast) gar nicht, als sie die Chance bekommt, ins New York Institut zu wechseln. U...