40 - In meiner Erinnerung

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"Scheiße!", brüllte Isabelle und rollte sich zur Seite, während nur einen Sekundenbruchteil später etwas das Gras an der Stelle platt walzte, an der sie gerade noch gelegen hatte. Hastig rappelte sie sich auf und stach wie besessen in den Körper des Behemoth ein. Kein richtiger, natürlich. Sie schrie ungewollt auf, als einer der unverwandelten Du'sien sich an ihr vorbeischlängelte und eine klebrige Spur auf dem Boden hinterließ, die es ihr schwer machte, schnell auszuweichen.

"Es reicht!", kreischte sie die hässlichen Wesen an, die natürlich nicht im geringsten darauf reagierten. Sie hatte auch nicht damit gerechnet, fühlte sich aber trotzdem besser, während sie konzentriert auf den falschen Behemoth einschlug. Irgendwann würde sie schon eines der Biester treffen, die sich zur Verwandlung zusammengeschlossen hatten, und dann würde sich die Illusion auflösen und sie hatte es leichter.

Der Moment kam viel zu schnell und sie wäre beinahe wieder gestürzt. Verbissen kämpfte Isabelle gegen die Angreifer, als der falsche Behemoth in die drei ursprünglichen Dämonen zerfiel, die unbeirrt weiter Jagd auf sie machten. Sie fühlte sich so müde und kaputt wie schon lange nicht mehr. Als sie die verbliebenen Dämonen endlich erledigt hatte, musste sie sich erst einmal an einem Baum abstützen, bis die Sterne aufhörten, vor ihren Augen zu tanzen.

Als sie wieder klar sehen konnte, säuberte sie ihre Waffe notdürftig. Die goldene Elektrum-Peitsche ringelte sich noch unbefleckt um ihr Handgelenk und sie verzog den Mund zu einem freudlosen Grinsen. Sie hatte sie noch nicht gebraucht. Immerhin tötete das Ding nicht, es fesselte nur. Es verätzte. Sie wünschte sich Jace zurück und Alec. Zu dritt waren sie ein unschlagbares Team.

Isabelle fuhr sich durchs Haar und strich die wirren Strähnen zurück, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatten. Es war stockfinster und sie konnte die weiter entfernten Bäume nur als Schatten wahrnehmen. Schwärzeres Schwarz vor dem schwarzen Schwarz. Sie grinste erneut, und lief einfach los.

Es war unmöglich, sich in der Dunkelheit zurecht zu finden, also steuerte sie auf das erstbeste Licht zu, das sich ihr zeigte: ein schwacher Schimmer auf einer Lichtung. Sie sah den Mond auf der Oberfläche von Wasser, seine Spiegelung verzerrte sich, als hätte jemand Steinchen darauf geworfen.

Als sie näher kam, lautlos, soweit es ihr möglich war, und zwischen den Bäumen hervorspähte, sah sie ihn. Er stand am Ufer eines kleinen, künstlichen Sees und starrte auf die gleichmäßigen, konzentrischen Wellen. Sie erkannte ihn sofort. Die blasse Haut, das leicht verwuschelte Haar, die Brille. Als er den Kopf drehte, konnte sie seine Augen sehen, die wie polierte Silbermünzen zu ihr strahlten, wie Katzenaugen, die das Gegenlicht reflektierten.

Gegen ihren Willen machte sie einen Schritt aus dem Schatten heraus und ihr Herz raste verräterisch, obwohl sie dieses Gefühl seit Jahren in sich begraben hatte.

"Simon?", hörte sie sich selbst fragen, die Stimme tonlos, als wäre soeben jemand von den Toten auferstanden.

Er lächelte.


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"Alec!", knurrte Jace und packte seinen Parabatai am Arm. "Jetzt renn doch nicht so. Das macht es auch nicht leichter, sie zu finden!"

"Du hast gut reden!", blaffte Alec zurück und seine Augen durchsuchten die Dunkelheit nach einem Hinweis. "Ist es deine Schwester oder meine, die hier irgendwo allein herumläuft?! Vielleicht ist sie verletzt! Oder sogar schon tot!"

"Oder zurück im Institut. Hast du es noch mal auf ihrem Handy probiert?"

"Klar!", brüllte Alec. "Aber es ist immer noch aus, so wie bei den letzten fünf Versuchen und im Institut hat niemand sie gesehen!" Er schüttelte Jaces Arm ab und wollte erneut vorwärts stürmen, doch diesmal trat Jace ihm in den Weg und packte ihn an den Schultern.

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