"Clary du musst es tun! Es ist unsere einzige Chance!", beinahe hätte sie Clary an den Armen gepackt und geschüttelt.
"Nein Izzy! Du bist doch verrückt!" Zwei stahlharte grüne Augen bohrten sich in ihre, hielten ihren Blick fest. "Es wird niemals funktionieren. Du machst dir was vor!"
"Es muss doch aber... es muss..."
Und sie hatte sich abgewendet und beinahe geweint. Isabelle packte den Griff ihrer Peitsche fester. Ihre Finger waren glitschig in den dünnen, schwarzen Handschuhen, und sie wusste nicht, wie viel davon ihr eigenes Blut war. Jace neben ihr war ein beruhigender, düsterer Schemen in diesem See von schwarzem Nebel. Sie konnte seine Bewegungen fühlen. All ihre Sinne waren inzwischen so überreizt, dass sie sogar glaubte, ihn schmecken zu können. Jace, ihr Bruder, der neben ihr durch dieses dunkle Nichts zog.
Es war fast wie früher, sie und Jace, und Alec war über ihnen, auf einem Dach, mit seinem Bogen in der Hand. Er war nicht der einzige Schattenjäger, der aus der Ferne kämpfte, und sie alle würden sich mitten hinein in das hier stürzen, wenn sie keine andere Wahl mehr hatten. Seine Pfeile hatten ihr mehr als einmal Zeit verschafft. Ihr mehr als einmal das Leben gerettet. Seine, oder die eines anderen? Irgendwie bildete sie sich jedes mal ein, dass sie es spüren konnte, wenn ein Schuss von ihm stammte, auch wenn sie ihn nicht sehen konnte.
Sie glaubte noch immer, seinen spöttischen Gesichtsausdruck zu sehen, wenn er manchmal so haarscharf an ihr vorbei schoss, dass sie vor Schreck beinahe gequiekt hätte wie ein kleines Mädchen. Früher. Das war damals gewesen, als sie noch Kinder waren. Und jetzt waren sie alt. Sie fühlte sich alt, uralt in dieser endlos wirkenden Nacht, und trotzdem lebendiger als jemals zuvor. Weil es jetzt etwas gab, für das sie alles riskieren würde.
Isabelle stolperte und Jace packte ihren Arm, um sie auf den Beinen zu halten. Sein Gesicht schwamm aus der Schwärze zu ihr und sie starrten sich an, bevor beide zu Boden sahen. Unnötig, der Rauch der Opacitas machte es beinahe unmöglich, weiter als einen Meter klar zu sehen und die Dinge zu ihren Füßen blieben verzerrte Schemen. Trotzdem wusste sie, was es war, das sie beinahe zu Fall gebracht hatte. Es war nicht das erste mal heute, dass sie auf die Leiche eines ihrer Kampfgefährten trafen. Wie viele waren es? Sie konnte die Gesichter nicht sehen. Vielleicht mehr, als sie ahnte, vielleicht weniger, weil sie sich immer im Kreis bewegten. Der Ekel darüber, das ohnmächtige Gefühl von Wut über den Verlust, war schon vor einer Weile verschwunden. Nicht darüber nachzudenken war ohnehin besser. Nicht jetzt. Später vielleicht, wenn sie Zeit hatten, zu trauern. So war eben das Leben.
Viel schlimmer war die Stille. "Sie sind fort", murmelte Isabelle. Ihre Kehle fühlte sich rau an und sie fragte sich unbeteiligt, ob sie wirklich so laut geschrien hatte im Kampf. Jetzt kämpften sie nicht mehr, schon einige Minuten nicht mehr. Sie zwang sich, vernünftig darüber nachzudenken. Es waren nur Minuten, auch wenn es sich viel länger anfühlte. Die Anspannung, bei jedem Schritt mit einem neuen Angriff zu rechnen, steckte ihr in den Knochen.
"Sie sind noch da", sagte Jace. Sein Gesicht schwebte immer noch vor ihr und seine goldenen Augen musterten sie ausdruckslos. Der Drang, ihn zu umarmen, war so stark, dass Isabelle ihm ohne zu zögern nachgab.
"Ich liebe dich, Jace", sagte sie und hörte ihn leise lachen. Er lachte sie nicht aus, sie wusste es, aber es war trotzdem seltsam. Sie selbst war seltsam und sein Lachen hier so fehl am Platz, dass sie sich plötzlich hilflos kichernd an seiner Schulter wiederfand.
"Es wird alles gut", sagte Jace plötzlich und drückte sie an sich. Einen kurzen Moment nur, ehe er sie von sich fort schob und Isabelle wurde klar, dass sie beinahe geweint hätte. Beinahe. Die Erschöpfung in ihr war mit einem mal so groß, dass sie sich zusammenreißen musste. Die Erschöpfung dieser endlosen Nacht, die kaum eine Stunde dauern würde bis sie siegten oder starben. Es musste ein Sieg werden, etwa sanderes konnte gar nicht möglich sein. Sie klammerte sich an diesen Gedanken.
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Right by your Side
FanfictionWas macht man, wenn man trotz einer Extraportion Engelsblut keine besonderen Fähigkeiten hat? Zum ersten mal verknallt und todunglücklich im öden Alicante zögert Ruby (fast) gar nicht, als sie die Chance bekommt, ins New York Institut zu wechseln. U...