Sie drehte sich noch einmal um, als Jolenes empörtes Keifen durch den Flur klang, vermischt mit dem ruhigen Murmeln von Alecs Stimme. Sie schien wirklich sehr wütend darüber zu sein, dass niemand ihr helfen wollte und sah auch in dem Vorschlag, ihre Sachen doch einfach Stück für Stück zu holen, keine Hilfe. Offensichtlich war sie eines von den Mädchen, das es gewohnt war, nur mit dem Finger zu schnippen und alles zu bekommen,was sie wollte.
Isabelle beachtete sie gar nicht, während sie den Flur entlang liefen, die sanften Elbenlichter in den rosenförmigen Glaslampen zauberten einen roten Schimmer in ihr schwarzes Haar und ließen ihre Haut noch blasser wirken. Irgendwann bogen sie in einen anderen Gang ab, Jolenes Stimme war immer leiser geworden und plötzlich wirbelte Isabelle herum und riss Ruby in ihre Arme.
"Du bist endlich da!", jauchzte sie und drückte das Mädchen an sich wie eine lang verschollene Tochter. "Gott, ich habe mich so sehr daraufgefreut, dich wiederzusehen!" Als würden sie sich kennen, aber es war fünfzehn Jahre her, dass ihre Eltern mit ihr nach Idris gezogen waren. Isabelle hielt die verblüffte Ruby ein Stück weit von sich weg und strahlte ihr ins Gesicht. "Du siehst deinem Vater so ähnlich!", seufzte sie. "Und deiner Mutter!" Ihre ganze düstere, bedrohliche Ausstrahlung war einer warmen Überschwänglichkeit gewichen, die regelrecht erdrückend wirkte.
Als Ruby sich nach ihrem Gepäck bücken wollte, das sie vor Schreck fallen gelassen hatte, nahm Isabelle ihr die Tasche ab und grinste breit. "Dein Zimmer liegt gleich auf dem Weg", erklärte sie, während sie aufgeregt weiter lief. "Tut mir leid, dass wir dich so erschrecken mussten, aber dieser komische Plan, was auch immer ihr euch davon versprecht, erfordert ja so einiges an schauspielerischen Leistungen." Sie verdrehte die Augen. "Na ja, mir soll es Recht sein."
"Also ich hab dir alles geglaubt", warf Ruby matt ein. Sie wusste nicht, ob sie überhaupt gehört wurde, so sehr war Isabelle von ihrer eigenen guten Laune gefangen. Ruby fragte sich, ob sie immer so war, sprühend vor Energie, schön und perfekt. Aber etwas an der dunkelhaarigen Frau, die ihr gestikulierend voraus ging und hunderte Fragen über Rubys Eltern stellte, die sie sich alle gleichzeitig selbst beantwortete, war falsch. Etwas passte nicht ins Bild.
Sie blieben vor einer Zimmertür stehen, Isabelle drehte sich zu Ruby um, ihr langes Haar schwang hin und her und hinterließ einen schwachen Geruch nach einem blumigen Shampoo. Der Gang, in den sie nach vielen Kurven eingebogen waren, sah nicht anders aus als alle. "Du wirst bestimmt eine Weile brauchen, um dich zurecht zu finden", erklärte die Institutsleiterin, während sie die Tür aufschloss. "Immerhin warst du zuletzt als Baby hier und danach immer in Alicante. Ich sollte deinen Vater...", Isabelle schnaubte ärgerlich. "Na ja! Aber keine Sorge, falls du dich verläufst. Du kannst nur im Kreis gehen und schlussendlich landest du immer wieder in der Eingangshalle. Oder du schreist einfach, bis dich jemand findet." Sie lachte, als wäre das ein ganz besonders gelungener Scherz.
Das Zimmer war nicht groß, aber Ruby reichte es. Es gab ein Bett mit Nachtschränkchen, einen Kleiderschrank, ein Bücherregal, Schreibtisch und Stuhl und ein Fenster nach draußen. Alles war ordentlich und sauber und leer. Der neblige New Yorker Morgen sah zum Fenster herein, es musste kurz nach vier sein, wenn sie sich nicht in der Zeitrechnung irrte. Sie konnte blinkende Lichter sehen und da war ein entferntes Rauschen, das auf ihre überspannten Nerven fast ein wenig einschläfernd wirkte. Gegenüber befand sich noch eine Tür und als Ruby sie öffnete, sah sie ein kleines Bad vor sich.
Sie hatte schon beim Betreten des Raumes bemerkt, dass hier alles anders war, als daheim. Die Möbel sahen so fremd aus, irgendwie schmucklos und funktional, und auch in diesem Raum war das nicht anders. Ein Waschbecken, ein schmales Regal, die Toilette und eine Schiebetür aus Milchglas, hinter der sich die Dusche befand. Ruby starrte sie zögernd an. Clary beschwerte sich oft genug, dass sie in Idris nur eine Badewanne hatten, aber Ruby war damit eigentlich immer ganz gut zurechtgekommen.
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Right by your Side
FanfictionWas macht man, wenn man trotz einer Extraportion Engelsblut keine besonderen Fähigkeiten hat? Zum ersten mal verknallt und todunglücklich im öden Alicante zögert Ruby (fast) gar nicht, als sie die Chance bekommt, ins New York Institut zu wechseln. U...