Jace rannte und Liliths Gesicht füllte sein gesamtes Blickfeld. Ihre schimmernden, roten Augen. Die Zähne wie Dolche. Es war ihm egal, ob sie glaubte, dass sie ihn so wütend gemacht hatte, dass er sich vergaß. Es war ihm egal, ob sie dachte, ihn mit seinem Kind aus der Fassung zu bringen. Sie konnte glauben,was sie wollte. Die Zeit um ihn schien sich zu verlangsamen, schien zäh zu kleben und das Schwert in seiner Hand war das Leuchtfeuer seiner Wut.
Elizabeth war sicher. Sie war irgendwo in dieser Stadt, kämpfte vermutlich, aber dort war sie sicher. Egal, was sie bedrohte, es war nicht das hier. Nicht dieses Ding, das eine schöne Frau sein wollte und unter dieser Schicht von Illusionen doch nur ein Ding war. Ein hässliches, altes, geiferndes Ding voller Wut und Wahnsinn. Er hatte Lilith schon einmal überlebt, und er würde es auch dieses mal. Er musste. Dieses Ding hatte keine Macht über seine Tochter, aber er füllte sich trotzdem damit, mit dem Gedanken, dass es vielleicht so sein könnte. Um es sie wirklich glauben zu lassen. Dass er vor Hass und Angst seine Instinkte vergessen hatte. Die Instinkte eines Schattenjägers, der sich niemals aus der Ruhe bringen lassen durfte, außer vielleicht, um seine eigene Wut als Kraftquelle zu nutzen.
Und jetzt musste er das. Er musste es glauben, um sie zu verwirren und hinein zu locken in den Bannkreis. Ihre eigene Überzeugung so stark werden lassen, dass sie den Sieg schon vor Augen hatte und sich ebenfalls vergessen würde. Weil sie kaum noch Zeit hatten und weil es nicht funktionieren würde, wenn Lilith ihm nicht folgte.
Er sah nicht mehr hinauf zum Mond, der fast vollständig rot war. Er wusste es, dass die Sekunden verrannen und es bald soweit war. Wenn er hinauf sah, würde sie merken, dass sein Verstand nicht von glühendem Zorn übermannt wurde. Seine eigene Kaltblütigkeit hätte ihn erschrecken können, doch er verzog nur grimmig den Mund und fletschte die Zähne. Dies war kein Mensch. Wenn er gekonnt hätte, wäre er noch kälter geworden, aber er konnte nicht. Er ließ sich einfach von seiner Leidenschaft leiten.
Lilliths pralle, rote Lippen in dem weißen, blutleeren Gesicht verzogen sich zu einem hämischen, geifernden Grinsen, als Jace ausholte und im letzten Moment rollte er sich zur Seite ab, als sie ihre Krallen in ihn schlagen wollte. Tauchte weg unter ihrem Schlag, der so knapp an ihm vorbei zischte, dass er den Gestank riechen konnte, von verrottendem Fleisch, das noch daran klebte. Von uraltem Staub, der seit Millionen von Jahren daran hing. Alt. Sie war so alt. Er durfte nicht daran denken. Sie war so alt und die Narben der Kämpfe, die sie überstanden hatte, schimmerten blass unter der Illusion ihrer perfekten, weißen Haut.
Fauchend taumelte Lilith vorwärts, hasserfüllt hässlich in ihrem Zorn und schlug erneut nach ihm. Er trat nach ihr, nach ihren schlanken Beinen und ihren bloßen Füßen, die zu den krallenbewehrten Pfoten einer Harpyie geworden waren. Nur Millimeter vor seinem Gesicht zischten ihre Hände vorbei, jetzt Klauen mit rasiermesserscharfen Klingen. Jace lachte auf, als er zurück stolperte und seine Klinge in ihr Fleisch schlug. Rückwärts stolperte, Schritt um Schritt, während er das geifernde Monster vor sich immer weiter in die Mitte lockte. Ganz am Rande war er sich der Anwesenheit von Isabelle bewusst, die mit gezogenen Waffen vor Simon stand, bereit ihn mit ihrem Leben zu verteidigen. Sie war das Publikum, in dessen Aufmerksamkeit er sich sonnte, während er mit der Mutter der Dämonen tanzte. Isabelle hätte ihn ausgelacht für diesen Gedanken.
Lilith brüllte hasserfüllt und ihre Schönheit verging unter der Dämonenfratze, die ihr wirkliches Gesicht war. Wenn ihre Zähne ihn erreichten, könnte sie ihm mit einem einzigen Biss das Fleisch in Fetzen von den Knochen reißen.
"Und mehr hast du nicht drauf?", brüllte Jace sie an und wich ihren Schlägen aus. Sie war schnell, so schnell, doch er war schneller. Er musste schneller sein. Der schwarze Nebel waberte um die Ränder des Bannkreises wie eine lebendige Wand und versperrte die Sicht auf das Gemetzel und die Schreie darin, doch er blendete es aus. Nichts war mehr wichtig, jetzt nicht. Lilith war wichtig und ihre zuckenden Klauen. Ihr geifernder, großer, roter Mund mit dem Wald aus Zähnen, die nach seinem Blut dürsteten.
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Right by your Side
FanfictionWas macht man, wenn man trotz einer Extraportion Engelsblut keine besonderen Fähigkeiten hat? Zum ersten mal verknallt und todunglücklich im öden Alicante zögert Ruby (fast) gar nicht, als sie die Chance bekommt, ins New York Institut zu wechseln. U...