22 - How far would you go

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Isabelles Peitsche sirrte durch die Luft, durchtrennte Gliedmaßen und Tentakel. Jace folgte ihr wie ein Racheengel. Seine Hände waren schon lange glitschig von Blut, aber er tötete unbeirrt alles, was sich ihnen in den Weg stellte. Sie schienen überall zu sein. In jeder Gasse lauerten sie in der Dunkelheit und er hatte schon lange aufgehört, nachzudenken oder zuzählen. Jemand hatte sich große Mühe gegeben, die Stadt in dieser Nacht mit allen Monstern zu bevölkern, die jemals einem Kind Alpträume beschert hatten.

"Sie locken uns fort", keuchte Isabelle neben ihm. In der Ferne sah er andere Schattenjäger kämpfen. Sie waren so viele. Mehr, als sie im Institut gewesen waren. Isabelle schien alles getan zu haben, um die Stadt zu schützen. Hatte sie so etwas geahnt?

"Ich weiß", knurrte Jace, aber er rannte weiter. Er musste Clary finden. Und er wusste nicht einmal, wo er suchen sollte. Er schluckte seine Angst und seinen Zorn. Er musste vor allem überleben, bis zum Tagesanbruch. Dann hätten sie eine Pause von den endlosen Kämpfen und konnten sich vielleicht auf die Suche konzentrieren. Wenn sie nicht zu spät kamen. Er wollte nicht darüber nachdenken.

"Du hast dich kaum verändert", sagte Isabelle neben ihm. Sie wirkte immer noch fast so frisch wie zu Anfang. Er hatte sie deswegen immer beneidet. Sie schien sich niemals bei diesen Kämpfen schmutzig zu machen oder müde zu werden.

"Du dich auch nicht", erwiderte Jace. Sie warf ihm ein siegessicheres Grinsen zu, da war das alte Leuchten in ihren Augen, und irgendwie gab es ihm das Gefühl, sie würden es schaffen. Vielleicht sogar ohne große Verluste.

Als er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Umgebung lenkte, befanden sie sich in einem Park. Alles wirkte ruhig. Zu ruhig, ohne Frage. Es war nur noch nicht ganz klar, von wo sie kommen würden. Isabelle lief langsamer. Jetzt merkte man es ihr an - sie brauchte eine Pause und ihm ging es nicht anders. Sie waren seit Stunden beschäftigt - so kam es ihm vor, er hatte jedes Zeitgefühl verloren. An einer Bank blieb sie stehen und setzte sich dann, als wären sie nicht mitten in etwas, das auch ein Krieg sein konnte, sondern nur ein Pärchen an einem lauen Sommerabend. Er ließ sich neben ihr nieder.

"Ich hab nie verstanden, warum ihr weg gegangen seid", sagte Isabelle nachdenklich. Irgendwo zirpten Grillen. Eine perfekte Sommernacht, wäre da nicht der schwache Geruch von Blut in der Luft gewesen, wie die Vorahnung von Regen.

"Ich weiß", sagte Jace. "Du hast auch nie gefragt."

"Ich wollte dich nicht beeinflussen." Ihre Stimme klang sanft.

Sie sahen sich schweigend an, dann legte Jace den Kopf in den Nacken und starrte in den Sternenhimmel. "Wenn man ein Kind hat, wird alles irgendwie schwer", sagte er leise. "Ich vermisse dich. Und Alec. Und das hier", er hob die blutbeschmierte Hand mit der Waffe darin und sein Blick wurde sehnsüchtig. "Du glaubst gar nicht, wie schwer es war, aufzuhören." Einen Moment lang traten seine Knöchel weiß hervor, als er den Griff mit aller Macht umklammerte. Aber schließlich entspannte er seine Hand und ließ sie sinken.

"Aber Clary wollte es so?"

Jace drehte ihr den Kopf zu und schnaubte belustigt. "Ich musste ihr drohen, dass ich sie fessele, mir über die Schulter werfe und durchs Portal trage, wenn sie nicht mitgeht. Sie hat mir wochenlang die Hölle heiß gemacht, als ich ihr erklärt habe, dass ich diesmal nicht nachgeben werde. Monatelang!" Er lachte leise.

Isabelle prustete los. "Ja, das klingt ganz nach Clary! Aber warum hast du das gemacht? Das hier war dein Leben! Du kannst mir nicht erzählen, dass du sie geheiratet hast, dass ihr ein Kind gekriegt habt und jetzt bist du mit einem mal ein zufriedener Hausmann!"

Jace biss die Zähne fest zusammen. "Ich musste meine Familie schützen", sagte er grimmig. "Denkst du, ich lasse mein Kind hier aufwachsen, wohinter jeder Ecke irgendwas lauert?" Es knirschte laut, als erden Knauf der Engelsklinge gegen die Bank rammte. "Meine Kinder! Meine Frau, die eine Schattenjägerin ist und nicht kämpfen kann,weil sie nie die Chance hatte, es zu lernen."

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