Kapitel 30

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Eine Viertelstunde später saßen wir in einem doch recht großen Außenbereich eines eher kleinen Cafés. Benjamin hatte mich nur zu einem seiner Lieblingscafés entführt. "Ich kann dir echt die Milchshakes empfehlen", meinte er beiläufig, während ich mir die Karte durchlas, die er mir gegeben hatte, weil er eh schon wusste, was er wollte. "Na gut, dann muss ich wohl auf dich hören", sagte ich grinsend und brachte ihn damit ebenfalls zum Lächeln. Das erste Mal an diesem Nachmittag traute ich mich, ihn ernsthaft anzugucken. Er sah wirklich viel besser aus als in der Schule, was vielleicht auch daran liegen konnte, dass die Situation jetzt eine ganz Andere war. Seine Haare saßen einfach perfekt und sahen dazu noch so weich und voluminös aus. Ich dachte an meine widerspenstigen Locken, die ich heute Morgen irgendwie versucht hatte zu bändigen und wurde ein bisschen neidisch.

Als der Kellner uns unsere Milchshakes brachte, bahnte sich eine große Diskussion an, ob Vanille oder Schoko die bessere Wahl gewesen war. Seit meiner Kindheit hatte ich Vanilleeis schon immer bevorzugt und konnte einfach nicht verstehen, wie jemand Schoko vor Vanille wählen konnte. Empört schob Benjamin mir seinen Schokomilchshake hin und zwang mich zu probieren. Grinsend nahm ich einen Schluck, während ich ihm in die Augen schaute, doch auch das konnte meine Meinung nicht ändern. Vanille war einfach tausend Mal geiler.

"Hey ist dir kalt?", fragte er besorgt, während ich meine Hände in den Jackentaschen versteckte. Ich nickte ein wenig ertappt. Die Sonne schien zwar, doch Mitte April war es noch nicht warm genug, um mit Lederjacke und Tshirt draußen zu sitzen. Nichtsdestotrotz wollte ich hier um nichts in der Welt weg, nur weil mir kalt war. Glücklicherweise konnte Benjamin eine Decke vom Nachbartisch ergattern, in die ich mich sofort einkuschelte. Mittlerweile war eh egal, ob ich wahnsinnig gut aussah oder nicht.

Während unseres Gesprächs ertappte ich mich immer wieder, wie ich ihn einfach nur grinsend anschaute. Ich hatte ehrlich gesagt noch nie so lange an einem Stück gelächelt, weshalb mir auch langsam echt die Wangen weh taten, doch ich konnte einfach nicht aufhören. Benjamin ging es offensichtlich ähnlich. "Boah, das tut auf Dauer wirklich weh", sagte er, während er sich verzweifelt die Wangen massierte. Als ich jedoch anfing zu lachen, konnte er sein Grinsen wieder nicht verkneifen. "Man hör doch auf, mich zum Lächeln zu bringen", beschwerte er sich, woraufhin ich nur noch mehr kicherte. "Du bist blöd."

Nachdenklich schaute ich nach oben in den Himmel. Abgesehen von ein paar vereinzelten weißen Wolken war er strahlend blau. "Du kannst ruhig sagen, wenn du gehen möchtest", lachte Benjamin, doch ich hörte die Unsicherheit aus seiner Stimme heraus. "Ach quatsch", sagte ich und schaute ihn wieder an. "Ich habe nur in den Himmel geschaut. Es gefällt mir hier sehr gut." Lächelnd strich ich mir eine Haarsträhne hinter die Ohren. "Okay", sagte er sichtlich erleichtert. "Aber auch so ganz generell. Sag einfach Bescheid wenn du gehen möchtest." "Alles gut", meinte ich. "Wie viel Uhr haben wir überhaupt?"

Abgesehen von einer kurzen Nachricht an Kayla, dass ich noch immer lebte, hatte keiner von uns in der Zeit auf das Handy geschaut. Es fühlte sich einfach gut an, hier mit ihm zu sitzen und einfach nur miteinander zu reden. Irgendwie gehörte sich das für ein erstes Date auch so. "Halb sechs", sagte er nachdem er kurz auf sein Handy geschaut hatte. "Oh, mein Bruder hat mich angerufen. Sei mir nicht böse, aber ich muss ihn kurz zurückrufen, ja?" Ich hatte nichts dagegen und nickte, aber trotzdem konnte ich nicht anders als ihn währenddessen die ganze Zeit anzuschauen.

"Hey, was willst du?", begrüßte er seinen Bruder frech. Ich hatte mir schon von Johannes erzählt und ich wusste, dass die beiden sehr gut miteinander auskamen und quasi ein Herz und eine Seele waren. "Ja, ich bin noch hier", sagte er und sah mich an. Ich lächelte ihm zu. "Wir reden später darüber, okay?", meinte er zu Johannes. "Okay. Danke. Bis dann." Dann legte er auf. Ich grinste bei dem Gedanken, dass Benjamin seinem kleinen Bruder von mir erzählt hatte. Irgendwie fühlte ich mich mit dieser Vorstellung äußerst wohl, auch wenn ich nicht wusste, was die beiden besprochen hatten. Die Tatsache, dass ich nicht einfach eine von vielen war, gefiel mit zutiefst.

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