Kapitel 106

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Nachdem mich mein Vater ein paar Stunden später gemeinsam mit Kayla und zwei anderen Freunden nach Hause gebracht hatte, lag ich in meinem Bett und hatte mit meinem Schwindel zu kämpfen. Man hätte meinen müssen, mein Körper würde den Alkohol schon langsam wieder abbauen, doch anscheinend hatte ich mich auf so viele Shots mit Melina eingelassen, dass dem nicht der Fall war. Mein Kopf war noch genauso vernebelt wie vorher. Fast kam es mir sogar noch schlimmer vor, weil ich alleine in einem ruhigen und dunklen Zimmer lag, in dem sich alles drehte, sobald ich mich auch nur ein kleines bisschen bewegte.

Ich wusste nicht, warum ich nicht aus eben gelernt hatte, doch in diesem Moment vermisste ich Benny so sehr, dass ich mir alte Bilder und Nachrichten anschaute, was natürlich keine gute Idee war. Wie ein kleines Mädchen rollte ich mich in die Ecke meines Betts und zog die Knie bis an die Brust. Mein Bauch verkrampfte sich, sodass ich mich anstrengen musste, ruhig zu atmen. An diesem Abend hatte ich so viel geweint, dass ich mittlerweile einfach keine Tränen mehr übrig hatte. Mein Körper sehnte sich nach Benny, wollte ihn unbedingt bei sich haben. Ich wollte seine Arme um mich spüren, wollte die Wärme seines Körpers in mich aufnehmen. Ich wollte seine Stimme hören, die mir versprach, dass alles gut werden würde.

Ein paar Minuten später fasste ich den Entschluss, ihn anzurufen. Ich wollte einfach nur seine Stimme hören, nur für eine Sekunde, in der er hallo sagte, das reichte mir. Ich wählte seine Nummer nachdem ich #31# eingegeben hatte, sodass meine Nummer nur für das eine Mal anonymisiert wurde und Benny nicht sehen konnte, wer ihn anrief. Ohne weiter darüber nachzudenken, drückte ich einfach auf den grünen Hörer.

Mein Gehirn schaltete sich komplett aus, sobald ich das Tuten aus der Leitung hörte. Kaum dass ich meine Überlegung, ob ich wieder auflegen sollte, beenden konnte, hörte ich auch schon ein fragendes "Hallo?" am anderen Ende. Natürlich war er wie immer noch wach. Wie hatte ich glauben können, dass er nicht dran gehen würde? Seine Stimme bereitete mir eine Gänsehaut, während sich mein Magen schmerzhaft zusammen zog. Schnell riss ich die Hand vor meinen Mund als sich Tränen in meinen Augen bildeten, weil ich das Schluchzen schon in meinem Hals hochkriechen bemerkte.

Ich konnte definitiv nichts sagen. In meinem Rachen befand sich ein riesiger Kloß, der mir das Reden unmöglich machte. Doch auch bewegen konnte ich mich nicht. Meine Finger waren wie gelähmt von seiner Stimme, sodass sie nicht einfach wieder auflegen konnten. Eine gefühlte Ewigkeit verstrich, in der weder ich noch er irgendetwas sagte, bis er nach einigen Sekunden noch einmal etwas wütender "Hallo, wer ist da?" fragte.

Der Zorn, den ich in seiner Stimme hörte, brachte meinen Muund schließlich dazu, etwas zu sagen. "Hi", flüsterte ich zögerlich, woraufhin er am anderen Ende erschrocken die Luft einsog und eine längere Stille folgte. Ich hätte mich dafür schlagen können, dass ich jetzt doch etwas gesagt hatte und wollte schon fast wieder auflegen als er doch noch etwas sagte. "Hi Becca. Wie geht es dir?"

Seine Stimme löste Gefühle in mir aus, die ich im Moment lieber nicht fühlen sollte. Immer wieder rief ich mir in Erinnerung, dass das mit uns vorbei war, doch realisieren konnte ich das nicht. Stattdessen baute sich immer weiter ein Gespräch auf, sodass wir irgendwann tatsächlich so miteinander redeten als wäre nie etwas gewesen. Trotzdem war auch klar, dass die Sache die ganze Zeit zwischen uns stand. Aber allein die Tatsache, dass ich mehrere Stunden mit Benny telefonierte, so wie wir es früher immer getan hatten, gab mir irgendwie die Hoffnung, wir könnten noch einmal von vorne anfangen.

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