Kapitel 54

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Seine Lippen legten sich sanft auf meine und küssten mich so zärtlich wie sie es noch nie getan hatten. Der Kuss fühlte sich wahnsinnig behutsam an, doch ich wollte mehr. Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und zog ihn noch näher an mich. Meine Zunge erforschte seinen Mund, bevor dieseine die Chance dazu hatte. Ich liebte diese Art von Kuss, in der man alles um sich herum vergaß und sich nur auf die Person einem gegenüber konzentrierte.

Nachdem wir noch eine Weile da gesessen hatten und über andere Themen geredet hatten, beschlossen wir, doch langsam nach Hause zu gehen. Es war mittlerweile schon Abend und da die Sonne schon fast ganz verschwunden war, auch ziemlich kalt. Wir einigten uns darauf, dass wir beide unsere Jeansjacken komplett zuknöpften, damit der Wind weniger hindurchkam. Das sah zwar absolut lächerlich aus, jedoch war es einfacher zu zweit so rumzulaufen als sich alleine zum Affen zu machen. Da wir auch beide kalte Hände hatten, ließen wir sie in unseren Jackentaschen und hakten uns einfach mit den Ellenbeugen ineinander. Wir mussten echt komisch aussehen, aber das war mir komplett egal, weil es sich mit ihm an meiner Seite nicht komisch anfühlte.

Was viel seltsamer war, war die Tatsache, dass sich alles danach anfühlte als wären wir schon ein Paar. Ich merkte, dass ich immer mehr Gefühle für Benny entwickelte. Er war mir mittlerweile so wichtig, dass er die Person war, der ich Neuigkeiten zuerst erzählte oder die ich zuerst um Rat fragte. Ich behandelte ihn anders als andere Menschen, sogar anders als ich meine beste Freundin behandelte. Trotzdem wusste ich, dass wir nicht zusammen waren und so schnell auch nicht sein würden, was sich mehr als seltsam anfühlte. Ich hatte Angst, dass ich mich in etwas verlor, wo ich offensichtlich nicht mehr so einfach herauskam. Er hatte gesagt, er würde meinen Körper lieben, machte mir Komplimente und behandelte mich so unendlich lieb. Sein Verhalten verwirrte mich, da er offensichtlich trotzdem nicht mit mir zusammen sein wollte.

Nachdenklich ging ich nach Hause. Ich wusste nicht, wohin das hier alles noch führen würde und konnte es kein bisschen kontrollieren, was mich extrem unsicher machte. Ich wollte wissen, wo ich bei ihm stand und eine klare Aussage diesbezüglich bekommen.

Kurz bevor ich schlafen ging schrieb ich noch ein wenig mit Kayla und erzählte ihr von dem Date. Sie verstand ihn genauso wenig wie ich, was mich irgendwie ein wenig beruhigte. Ich konnte die Vorstellung, nicht mehr mit Benny zu schreiben, keine Zeit mehr mit ihm zu verbringen, nicht ertragen, deshalb würde ich das Risiko verletzt zu werden wohl eingehen. Es war ein großes Risiko, da Benny mich bereits davor gewarnt hatte, dass er was sowas anging komisch war und von seiner Unerfahrenheit geprägt wurde. Ich war auch unerfahren, hatte vor ihm noch nicht einmal jemanden geküsst. Die Unerfahrenheit, die er allerdings meinte, war die Liebe. Ich würde nicht behaupten, dass ich mich damit auskannte, ganz und gar nicht, dennoch konnte ich im Gegensatz zu Benny sagen, dass ich schonmal verliebt gewesen und eventuell sogar auch jetzt war. Bennys "Beziehungen" jedoch basierten bisher immer nur auf körperlicher Anziehung.

Vorhin hatten wir uns auch darüber unterhalten, weshalb auf einmal die Frage aus mir hervorgequollen war, inwiefern ich seine bisherigen "Beziehungen" mit Mädchen verstehen konnte. "Wir haben uns immer nur geküsst und so. Von Gefühlen war da keine Rede", behauptete er. "Immer?", hakte ich nach und hätte mich schon wieder selber schlagen können. Ich konnte es einfach nicht lassen. "Hattest du schon...?" Ich ließ die Frage offen, doch er musste verstanden haben, was ich meinte. Ich hatte gemerkt, wie sich seine Muskeln verspannten, während er eine Weile die Luft anhielt. "Ja", sagte er nach einer Weile leise.

Ich hatte einen merklichen Stich in meinem Herzen gespürt. Aus irgendeinem Grund war ich plötzlich wahnsinnig eifersüchtig, sauer und gleichzeitig enttäuscht. Er merkte, wie angespannt ich auf einmal war und versuchte zu erklären, wann und wie das passiert war. Auf der einen Seite konnte und wollte ich das gar nicht nicht hören, doch weil es anscheinend nur einmal auf einer Party gewesen war, war die Geschichte relativ schnell wieder vorbei, sodass ich mich langsam wieder entspannte und den Gedanken einfach wegschob.

Jetzt allerdings lag ich hier in meinem Bett und konnte an nichts anderes mehr denken. Benny hatte sein erstes Mal vor mir gehabt und ich hatte noch nicht einmal jemanden vor ihm geküsst. Ich hatte mich selten so unerfahren und verletzlich gefühlt wie in diesem Moment. Ich wollte meine Erfahrungen mit ihm machen, wollte, dass er mir beibrachte, wie man das alles so anstellt. Doch gerade in diesem Moment überwiegte die Angst. Die Angst, dass ich für ihn nicht mehr als eins dieser Mädchen war. Die Angst, dass er mich fallen lassen würde. Und auch wenn er mir versprochen hatte, dass es mit mir anders war, ich konnte nur den Fakten vertrauen. Wir waren nicht zusammen.

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