Kapitel 43

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Vor einigen Tagen hatten wir wieder einmal bis tief in die Nacht miteinander geschrieben. In dem Moment ging mir die ganze Situation extrem auf die Nerven, nicht zu wissen, woran ich war. Benny hatte mir nach Tagen mal wieder mehr als zwei Sätze geschrieben, weshalb ich mir doch ein wenig verarscht vorkam. Dass ich total überreagiert hatte, wurde mir erst am darauffolgenden Tag klar.

Dennoch hatte ich ihn aus heiterem Himmel gefragt, was wir eigentlich waren. Er hatte nicht so recht eine Antwort gewusst, weil wir erst ein Date hatten und er dazu noch nichts Gerechtfertigtes sagen konnte. Ich redete mich irgendwie damit heraus, dass ich ihm zustimmte und auch einfach nur aus Interesse gefragt hatte, doch natürlich glaubte er mir nicht. Und deswegen erzählte ich ihm, dass ich schon bei Anderen auf die Schnauze gefallen war, es immer dasselbe Spiel war und ich das einfach nicht nochmal erleben konnte. Er reagierte verständnisvoll und versprach immer ehrlich zu mir zu sein, dennoch war das Gespräch damit an diesem Tag beendet.

"Ich weiß nicht", meinte er leise. "Ich wollte dazu noch etwas sagen." Überrascht rückte ich ein Stückchen von ihm weg und schaute ihn an. "Okay?" Ich versuchte in seinen Augen zu lesen, was er zu sagen hatte, kam aber auf keine klare Antwort. "Was glaubst du denn was wir sind?", fragte er mich und irgendetwas in mir verleitete mich dazu, so von ihm wegzurutschen, dass wir uns nirgendswo mehr berührten. Ich wusste nicht, was ich antworten sollte. Offensichtlich mochte ich ihn sehr gerne. Ich konnte mir eine Beziehung mit ihm sehr gut vorstellen, doch das hieß nicht, dass wir schon so weit waren, oder? Meine absolut fehlende Erfahrung machte mir die Einschätzung der Situation nicht gerade einfacher. Ab wann führte man normalerweise eine Beziehung? Ab wann konnte man von einer Beziehung reden?

"Ich weiß nicht", gab ich ehrlich zu, woraufhin auch er nicht mehr wusste, was er sagen sollte. Das Schweigen, welches ich zuvor nicht als unangenehm wahrgenommen hatte, wurde auf einmal unerträglich laut. "Okay, ich hatte da einen etwas anderen Eindruck", sagte er leise. "Ich weiß nicht, ob das irgendwie falsch herüber gekommen ist, aber ich mag dich wirklich gerne. Keine Ahnung, ob das irgendwie an mir liegt, aber ich brauche definitiv noch Zeit. Ich kann nicht nach zwei Dates sagen, ob ich mit jemandem zusammen sein möchte oder nicht." Die Worte sprudelten mittlerweile aus ihm heraus, so als würde er endlich alles loswerden können, was er schon die ganze Zeit sagen wollte. Ich hörte ihm einfach nur zu, ohne ihn zu unterbrechen. Ich wusste sowieso nicht, was ich dazu hätte sagen sollen.

"Ich bin ein Mensch, der glaube ich ziemlich lange braucht, um Gefühle für eine Person zu entwickeln. Bei mir kommt das nicht von heute auf morgen aufgrund einiger Dates. Hat es noch nie." Benny schluckte schwer und schien an etwas Bestimmtes zu denken. "Du warst mit Jasmin zusammen, oder?", schoss es plötzlich aus mir heraus und sofort bereute ich die Frage wieder. Seine vergangenen Beziehungen gingen mich nicht gerade viel an. "Woher weißt du das?", fragte er und schien meine Frage damit wohl schon indirekt zu beantworten. "Naja war nicht gerade schwer zu erraten nach der Wendehammerparty", meinte ich, woraufhin er schmunzelte. "Da hast du wohl Recht, aber ich war nie wirklich mit ihr zusammen. Keine Ahnung, wir hatten was miteinander, aber mehr war das eigentlich nicht." "Eigentlich?", hakte ich nach. "Nein", erwiderte er. "Mehr war da nicht."

Wieder schwiegen wir eine Weile, in der ich nachdachte. Die Situation war irgendwie seltsam geworden und das konnte auch die wunderschöne Atmosphäre nicht mehr retten.

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