Kapitel 78

74 9 0
                                    

"Und? Hast du alles?", fragte ich Kayla als wir sie mit dem Auto abholten. Mein Papa fuhr uns beide nach Düsseldorf, wo wir uns mit unserem Französisch Kurs treffen würden, um mit dem Flixbus die lange Nachtfahrt nach Paris anzutreten. Wir hatten uns offensichtlich beide für eine Culottes Hose für die Fahrt entschieden, weil sie zwar bequem war wie eine Jogginghose, aber trotzdem noch ein bisschen Style hatte. Zwei Schlaue ein Gedanke eben - wie immer.

Nach guten zwei Stunden war der Bus endlich gekommen und Kayla und ich hatten zwei Plätze in dem oberen Abteil des Doppeldeckers ergattern können. Draußen wurde es bereits dunkel, da wir schon nach 22 Uhr hatten. Normalerweise wurde ich um diese Uhrzeit schon langsam müde und machte mich bettfertig, doch jetzt sah das natürlich ganz anders aus. Zwar war ich etwas geschafft von dem Tag, was ganz normal war, dennoch war ich in dem Moment, in dem der Bus losfuhr einfach zu aufgedreht, um auch nur an Schlaf denken zu können. Kayla war zwar die einzige richtige Freundin, die ich neben Marie, die nicht mitgekommen war, im Französisch Kurs hatte, trotzdem fühlte sich diese Reise wie eine Klassenfahrt an und ich liebte Klassenfahrten. Mit Grauen dachte ich daran, dass das hier das vorletzte Mal sein würde, dass ich mit der Schule irgendwo über mehrere Nächte hinfuhr. Hier nach käme nur noch die Abschlussfahrt nach Brüssel.

Nachdem es dann aber wirklich dunkel draußen und ebenso im Bus wurde und ein bisschen Ruhe einkehrte, guckte ich mir mit Kayla einen Film auf ihrem Handy an. Irgendwie mussten wir ja die nächsten 8 Stunden rumbekommen. Ich beneidete die Leute, die sich Kopfhörer in die Ohren steckten, die Augen schlossen und ins Land der Träume verschwanden. Wenn ich eine Stunde lang schlafen konnte, würde ich die Busfahrt als Erfolg ansehen.

Keine zehn Minuten seit wir den Film gestartet hatten, sah ich Bennys Namen auf meinem Display aufblitzen. Kayla schaltete den Film auf Pause und meinte nur: "Geh schon ran." Eigentlich hatte ich keine Lust mit ihm zu telefonieren, doch noch weniger wollte ich Kayla erklären müssen, was passiert war. Ich verstand ja selbst nicht einmal, warum die Stimmung so komisch gewesen war.

Benny jedoch hatte das Ganze anscheinend schon vergessen, jedenfalls sagte er kein Wort dazu, sondern meldete sich stattdessen fröhlich am anderen Ende. Nachdem ich ein paar Minuten mit ihm geredet hatte, erklärte ich, dass wir schon im Bus waren und uns gerade einen Film anschauten. Er entschuldigte sich, wünschte uns eine gute Fahrt und legte dann auf. Ich musste mir keine Sorgen machen, dass er nach dem Film nicht mehr wach war, weswegen ich ihm einfach später schreiben würde.

Das tat ich dann auch. Während Kayla sich einen zweiten Film anschaute und dabei bereits den ersten Vorrat ihrer Snacks verputzte, steckte ich mir meine eigenen Kopfhörer in die Ohren und schrieb Benny eine Nachricht. Er antwortete sogleich, weswegen sich schnell ein Gespräch aufbauen konnte. Auch wenn wir uns heute irgendwie gestritten hatten, vermisste ich ihn schon jetzt ein bisschen. Ich wollte nicht mit dem Gedanken, dass irgendetwas nicht in Ordnung war zwischen uns, für mehrere Tage weg sein, deshalb beschloss ich, alles was war erstmal ganz weit beiseite zu schieben. Im Grunde genommen war ja nicht einmal etwas passiert.

Ich heulte mich ein bisschen bei ihm aus, dass ich noch so eine lange Busfahrt vor mir hatte, auf der ich wahrscheinlich kein Auge würde zu tun können und morgen früh um 6 Uhr in einen voll gepackten Touri Tag in Paris starten würde. Er versprach mir eine Playlist zu machen mit Liedern, die er immer hörte, wenn er auf langen Autoreisen in den Urlaub schlafen wollte und blieb über eine halbe Stunde offline. Im Auto hatte ich damit viel weniger Probleme, doch im Bus gab es nur die Hälfte an Platz und mit geradem Rücken fiel mir das Schlafen schwer.

Als er zurückkam hatte ich tatsächlich eine vier Stunden lange Playlist, die er extra für mich erstellt hatte. Bis er mir den Link geschickt hatte, hatte ich das Ganze nicht ernst genommen, weswegen ich mich jetzt noch mehr freute. Eine eigene Playlist nur für mich, nur damit ich besser schlafen konnte. Grinsend drückte ich auf shuffle und freute mich innerlich als das erste Lied von The1975 anging. Vor ein paar Wochen hatte er mir seine Lieblingsband gezeigt und mittlerweile kam auch ich langsam aber sicher auf den Geschmack.

Lächelnd schloss ich die Augen und genoss die Musik in meinen Ohren, sodass ich irgendwann tatsächlich ein bisschen dösen konnte.

yearning for loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt