Kapitel 103

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Als ich nachmittags nach Hause kam, traf mich die Trennung wieder einmal bis auf die Knochen. Es fühlte sich an als hätte ich den ganzen Tag nur darauf gewartet, nach Hause zu kommen, damit ich zusammenbrechen konnte, sobald ich alleine war. Das war tatsächlich der Fall. Sobald die Tür hinter mir ins Schloss klackte, ließ ich meine Tasche auf den Boden fallen und sank erschöpft nieder. Glücklicherweise waren meine Eltern noch arbeiten und mein Bruder in der Berufsschule, sodass ich alleine zuhause war.

Erst als ich nach einer Viertelstunde auf dem Boden im Flur wieder die Kraft gefunden hatte, ging ich in mein Zimmer und setzte mich an meinen Schreibtisch. Stöhnend vergrub ich den Kopf in den Händen und starrte auf meine Unterlagen. Ich sollte eigentlich was tun, doch ich konnte mich kein bisschen dazu motivieren. Stattdessen musste ich immer wieder an Benny denken.

Die Trennung war mittlerweile 24 Stunden her und noch immer begriff ich nicht wirklich, was passiert war. Natürlich hatte ich den ganzen Tag geweint, doch das war mehr aus Reflex passiert, als dass mir klar war, dass ich ihn verloren hatte.

Ich konnte es nicht für möglich halten, dass Benny die Tatsache, dass er mich verletzte, dazu nutzte, um mich noch viel mehr zu verletzen. Wir können so nicht weiter machen. Seine Worte gingen mir nicht mehr aus dem Kopf. Immer wieder dachte ich an meine letzten Worte an ihn und fragte mich, ob ich es richtig ausgedrückt hatte. Die Tatsache, dass es mir schlecht ging und ich Benny trotzdem nicht deswegen schreiben konnte, brach mir das Herz. Ich konnte und wollte nicht akzeptieren, dass er von heute auf morgen aus meinem Leben verschwand. Wir hatten über so viele Dinge geredet, so viele Dinge geplant, die wir zusammen erleben wollten und das sollte jetzt alles einfach vergessen werden?

Nachdenklich legte ich mich in mein Bett und starrte stumm gegen die Decke. In mir fühlte es sich an wie ein zerrissenes Schlachtfeld. Ich wusste nichts mit mir anzufangen, konnte immer wieder nur daran denken, was gestern geschehen war. Ich hatte ihm verziehen, hatte ihm die Chance gegeben wieder gut zu machen, was er offensichtlich vergeigt hatte, doch was machte er? Er beendete alles, was wir hatten, alles, was wir uns in den letzten Monaten aufgebaut hatten.

Ich bekam nicht in den Sinn, dass ich ihn so lange unterstützt hatte und für ihn da gewesen war, nur damit er das alles hinterher einfach aufgab. In meinem Kopf spielten sich Dinge ab, die ich meinem schlimmsten Feind nicht wünschen würde.

Wie hatte er mich einfach wie ein benutztes Spielzeug in den Müll werfen können? War ich wirklich nicht mehr wert als das? Ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich für ihn nie mehr war, als ein netter Zeitvertreib. Es gab keinen Moment, in dem er seine Gefühle mir gegenüber ernst und aufrichtig gemeint hatte. Keinen Moment, in dem er sich gewünscht hatte, das zwischen uns würde funktionieren, dass wir eine Zukunft miteinander hatten.

Die Tatsache, dass wir diese Zukunft jetzt nie haben würde, hielt mich die ganze Nacht wach.

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