Kapitel 34

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In der Mittagspause saß ich mit meinen Freunden draußen auf den Tischtennisplatten und genoss die warmen Sonnenstrahlen auf meiner Haut. Wir chillten hier öfter und spielten Tischtennis oder saßen einfach nur rum und unterhielten uns, auch schon bevor ich Benjamin hier das erste Mal geküsst hatte.

Es war einer dieser Frühlingstage, an denen es in der Sonne richtig schön warm war, im Schatten aber super frisch. Vielleicht bildeten wir uns das auch alle nur ein, weil ein langer Winter ohne Sonne endlich vorbei war. Ende April konnte man sich zum Glück halbwegs sicher sein, dass das Wetter sich von jetzt an nur noch verbessern würde.

Lachend erzählte ich Marie gerade irgendeine Geschichte aus dem Englisch Unterricht. Meine Gedanken schweiften trotzdem immer wieder zu Benjamin ab. Ich konnte einfach nicht anders, als an ihn zu denken. Gerade schrieb er Englisch Abi in der Aula und würde spätestens in einer halben Stunde seine Klausur abgeben. Ich wusste, dass er immer noch schrieb, auch wenn ich bereits einige Abiturienten das Gebäude verlassen gesehen hatte. Benjamin war ein Typ, der immer bis zum Ende schrieb, weshalb ich mir auch keine Sorgen machte, ihn irgendwie zu verpassen. Viel mehr Sorgen machte ich mir ehrlich gesagt, dass er bis zur letzten Minute schrieb, denn dann hatte ich eigentlich schon wieder Unterricht. Aus Reflex schaute ich immer wieder zum Eingang der Schule herüber.

"Willst du auf ihn warten?", fragte mich Kayla auf einmal, die sich von hinten an mich herangeschlichen hatte und scheinbar meine Gedanken gelesen hatte. "Ich weiß nicht. Ist das nicht irgendwie komisch?", meinte ich skeptisch. "Ich warte mit dir", sagte sie. "Wir lassen es so aussehen, als würden wir auf etwas ganz anderes warten." Ich lächelte sie an und akzeptierte ihren Plan, auch wenn ich immer noch etwas skeptisch war, ob das nicht alles super auffällig war. Ich hatte ihn seit über drei Wochen nicht gesehen und da er mir auch relativ wenig schrieb, vermisste ich ihn auf eine komische Art und Weise ein kleines bisschen.

Also warteten wir keine zehn Minuten später vor dem Eingang der Schule. Marie hatte es sich nicht nehmen lassen, mit uns zu warten, zumal wir gleich eh Latein zusammen hatten. Unsere Lehrerin war eigentlich gar nicht so entspannt, aber das war mir gerade komplett egal. Kayla hatte eine Freistunde alleine, weshalb sie sich nicht beschwerte, sondern eher froh war über den Zeitvertreib. Sie versprach mir, mir Bescheid zu sagen, wenn er kam, sodass ich mich mit dem Rücken zur Tür drehte. Das kam nicht nur weniger auffällig, sondern so musste ich mir auch nicht überlegen, ob und wie ich ihn ansprechen sollte.

Ich konnte mich kaum auf das Gespräch mit Kayla und Marie konzentrieren, weil ich mit meinen Gedanken die ganze Zeit bei Benjamin war. Ein kleines bisschen ärgerte ich mich über mich selbst, dass ich so ein hoffnungsloser Fall war, weswegen ich mich schon mal ganz lieb bei den beiden bedankte, dass sie mit mir hier warteten.

"Ich glaube, ich hab ihn gesehen", sagte Kayla nach einer Weile plötzlich. "Ja, er zieht sich gerade seine Jacke an und kommt jetzt raus." Ich wusste nicht wie lange wir hier schon standen, doch auf einmal spielte das alles keine Rolle mehr. Pure Aufregung kroch mir durch den Körper und alles, woran ich denken konnte , war, was ich zu ihm sagen sollte. Angestrengt versuchte ich ein Gespräch mit Marie aufrecht zu erhalten, womit sie scheinbar viel weniger Probleme hatte als ich. Hin und wieder sah ich zu Kayla. Sie versuchte nicht zu provokant zu ihm zu schauen, doch ich sah wie ihre Augen unauffällig herüber glitten. Ich hörte seine Stimme schon, bevor ich irgendwie sonst mitbekam, dass er raus gekommen war. Seine raue Stimme bewegte jeden Nerv meines Körpers und brachte mein Herz nicht zum ersten Mal zum Schmelzen.

Dann sah ich, dass Kayla auf einmal lächelte. Irgendwie verging jeder noch so kleine Moment wie in Zeitlupe und doch begriff ich nicht so richtig, was hier gerade passierte. Er musste Kayla gesehen und angelächelt haben. Seine Stimme kam immer näher und während sich Marie immer noch mit mir über Latein unterhielt, bemerkte ich wie zwei Typen schnellen Schrittes an mir vorbeigingen. Mein Herz machte einen enttäuschten Satz, als ich mich endlich traute ihn anzuschauen. Ich konnte nur noch seinen Rücken sehen.

Doch dann blieb er stehen und forderte seinen Freund auf, dasselbe zu tun. Erschrocken schaute ich wieder zu meinen beiden Freundinnen und versuchte, mich weiter mit ihnen zu unterhalten. Gott weiß, warum ich in diesem Moment wieder so schüchtern war.

"Hey", hörte ich seine immer vertrauter werdende Stimme von hinter mir.

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