Kapitel 90

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Die zwei Wochen, in denen ich arbeiten ging, vergingen ziemlich schnell. Aufgrund der Tatsache, dass ich jeden Tag mit so vielen Leuten umgeben war, sowohl kleinen Kindern als auch meinen Kollegen, von denen ich viele mittlerweile ins Herz geschlossen hatte, war ich ziemlich abgelenkt. Es gab Tage, an denen ich erst abends wieder dazu kam, überhaupt an Benny zu denken.

Mitte der zweiten Woche meiner Arbeit feierten wir ein kleines Fest auf dem Zirkusplatz. Ich wusste nicht, wieso ich letztes Jahr nicht dagewesen war, denn offensichtlich hatte ich ziemlich viel verpasst. Nachdem wir bis circa 19 Uhr Spiele mit unseren Verantwortlichen von der Stadt gespielt hatten, packten wir den harten Alkohol raus, sobald diese weg waren. Zwar hatte es mehr den Flair eines lustigen Zusammensitzens als einer Party, aber trotzdem war es eine ganz neue Erfahrung in einem Zirkus zu feiern und machte super Spaß.

Der Alkohol entfaltete an diesem Abend die typische Wirkung bei mir. Während ich zuerst eine Phase hatte, in der ich einfach selbstbewusster wurde und über jeden Scheiß anfing zu lachen, gab es auch die Phase, in der ich vermehrt an Benny dachte und deswegen traurig wurde. Unauffällig schottete ich mich von den anderen ab und schaute eine Weile auf mein Handy. Da ich keine Lust hatte, auf seine Nachrichten zu antworten, drückte ich einfach auf den kleinen Hörer und rief ihn an.

"Hey, was macht der Alkohol Pegel", meldete sich Benny aus der Leitung. Das Kichern, welches ich ihm entgegen brachte, war vermutlich Antwort genug. Ich erzählte ihm von meinem heutigen Tag und den nervigen Kindern, die ich in wenigen Tagen hoffentlich los sein würde. Wir mussten eine ganze Weile mit einander telefoniert haben, was ich erst merkte als zwei Jungs auf mich zukamen.

"Ey Becca, was machst du da die ganze Zeit?", schrie der eine, mit dem ich die letzte Woche gearbeitet hatte schon von weitem. Mit dem anderen hatte ich dafür letztes Jahr gearbeitet, also kannte ich beide ganz gut. Da ich immer noch mit Benny telefonierte, tat ich einfach so als würde ich ihn nicht hören, was nicht wirklich gut ausging. Als die beiden bei mir waren, entschied sich der Eine einfach dazu, mir mein Handy wegzunehmen und aufzulegen, während der Andere mich einfach auf seine Schultern hob. Ich wog definitiv nicht wenig, weswegen ich davon nicht nur extrem überrascht, sondern auch beeindruckt war.

"Oh mein Gott, so fühlt sich die Welt an, wenn man riesig ist?", schrie ich aufgeregt, woraufhin er unter mir nur lachte. Er trug mich bis in das große Vorzelt hinein, sodass ich mich wieder zu den anderen setzen musste. Es war wirklich ein schöner Abend und ich hatte das Gefühl, dass uns das alle noch mehr zusammenschweißte.

Im Endeffekt vergingen diese beiden Wochen wie im Flug. Es gab kaum Momente, in denen ich Benny wirklich stark vermisste. Viel mehr lag die Tatsache, dass er nicht hier war, wie ein Schleier über allem. Manchmal wurde ich von meinen Mädels im Zirkus ein paar Fragen zu ihm gefragt, weil sie glaubten, dass ich mit ihm zusammen war. Ich wusste nicht, ob ich das auch glaubte, aber tatsächlich hatte ich das so gesagt, denn das war einfacher zu erklären. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass ich wenn ich das nicht klar gemacht hätte, weniger Spaß mit den meisten Jungs in meinem Alter gehabt hätte.

Als ich nach anstrengenden 12 Tagen Arbeit, ohne einen einzigen freien Tag dazwischen, endlich fertig mit meiner Arbeit war, mussten die meisten anderen noch eine Woche hinten dran hängen. Der Zirkus war immer drei Wochen da, doch ich persönlich hatte mich dieses Jahr dazu entschieden, nur zwei Wochen arbeiten zu gehen. Im Moment bereute ich die Entscheidung ein bisschen, denn abgesehen davon, dass es das anstrengendste war, was ich je gemacht hatte, war es auch eine gute Ablenkung für mich gewesen. Was ich jetzt die letzte Woche bei mir zuhause machen sollte, wusste ich ehrlich nicht.

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