Kapitel 41

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Nachdem Benjamin und ich alle Achterbahnen gefahren waren, entschlossen wir uns die vermeintlich langweiligen Attraktionen auszuprobieren. Deshalb gingen wir auf eine Raupe, die auf ein paar Metern Höhe einfach nur im großen Kreis über einen Platz fuhr, welche vermutlich für Familien mit kleinen Babys gedacht war. Nicht eine einzige Person stand an oder fuhr auf der fortlaufenden Raupe mit. Benjamin und ich waren die Einzigen, weshalb uns der Mitarbeiter etwas erstaunt anlächelte. Doch im Vergleich zu den Anderen war diese Fahrt so angenehm entspannend, dass Benny und ich uns tatsächlich dazu entschieden, noch für eine weitere etwa fünfminütige Runde einzusteigen. "Ihr hättet auch einfach drin sitzen bleiben können", lachte der Mann, der sich um die Sicherheit der Fahrgäste kümmerte. Es war unglaublich ruhig auf dieser Raupe, was mich extrem entspannte. Nach all dem Trubel den ganzen Tag, eine kleine Auszeit. Und trotzdem konnten wir unter uns noch all die Leute erkennen, die sich um Pommes und Churros stritten, während wir uns hier oben in aller Ruhe unterhalten konnten. Es hatte etwas nostalgisches, hier seine Zeit mit dem Date-Partner zu verbringen, da waren Benny und ich uns einig.

Von hier oben sahen wir außerdem einen großen See, dem keiner von uns beiden vorher viel Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Ein paar Tretbote fuhren dort herum, was nach ziemlich viel Spaß aussah. Nachdem wir uns zuerst ein Battle im Zielscheibenschießen auf dem See lieferten, liehen wir uns dann genau so ein Tretbot aus und trieben hinaus auf den See. Auch diese Situation war unheimlich entspannt und super für erste Dates. Wir konnten über alles reden, während wir ruhig vor uns her dümpelten. Kamen wir einmal zu nah ans Ufer, holte Benny uns da wieder heraus. Nach anfänglichen Schwierigkeiten bestand er darauf, das Boot alleine zu fahren, auch wenn ich ihm helfen wollte. "Nein du sollst nichts machen, entspann dich einfach", sagte er dann nur.

Doch nach einer Weile wurde uns auch das ein bisschen zu langweilig. Mittlerweile war es sowieso schon spät am Nachmittag, sodass wir uns nach einem kleinen Spaziergang dazu entschieden, wieder nach Hause zu fahren. Immerhin waren wir mittlerweile seit guten 7 Stunden hier und mussten auch noch nach Hause fahren. Deshalb entschlossen wir uns diesen Heimweg langsam anzutreten, welcher noch viel länger dauern würde, als wir annahmen.

Nachdem wir relativ schnell aus dem Phantasialand heraus gekommen waren, standen wir plötzlich mit hunderten anderen Menschen auf einem großen Platz, nur um festzustellen, dass diese alle auf den Shuttle Bus warteten. Ein paar Meter weiter entdeckte ich außerdem die komplette Gruppe aus meiner Stufe, die wir zum Glück nur das eine Mal getroffen hatten. Während wir den ersten Bus, der nach einer endlosen halben Stunde kam, noch durchfuhren ließen, weil wir zu weit weg standen, um auch nur die Chance zu haben, noch einsteigen zu können, drängelten wir uns danach unauffällig weiter nach vorne. Wenn es jetzt jedes Mal eine halbe Stunde dauern würde, bis der nächste Bus kam, würden wir hier noch bis Sonnenuntergang stehen. Auch wenn weder ich noch Benny Lust dazu hatten, uns ins Gedränge zu werfen, hatten wir noch weniger Lust, hier noch ewig herumzustehen.

Zum Glück ließ der zweite Bus nicht wirklich lange auf sich warten und war nach 10 Minuten da. Glücklicherweise schafften wir es lebend in den Bus, ohne dass einer von uns dafür drauf ging. Dennoch waren bereits alle Sitzplätze belegt und auch nur noch wenige Stehplätze waren übrig, sodass wir uns schon sehr hineinquetschen mussten. Benny lehnte sich gegen etwas und hielt sich mit einer Hand an der Stange über seinem Kopf fest. Ich war neidisch darauf, wie lässig und entspannt er noch immer wirkte, während ich den puren Stress in meinem Körper fühlte.

Ich war zu klein, um mich an der selben Stange festhalten zu können und auch sonst sah ich nichts Greifbares in meiner Nähe. Stattdessen spürte ich wie sich Menschen ringsherum an mich quetschten und fühlte mehr Intimität als mir das lieb war. Das Stresslevel in mir stieg immer weiter an und ich musste Benny wohl ziemlich verzweifelt angeschaut haben, denn er lächelte mir zu, sagte "Es dauert nicht lange" und nahm meine Hand in seine, um mich vor dem Umkippen zu bewahren. Auch wenn das mich extrem beruhigte, spürte ich wie ich panisch wurde, sobald der Bus losfuhr. Gefühlt bekam ich in der Enge kaum noch Luft, alle waren größer als ich und schienen mir praktisch die Luft zum Atmen wegzunehmen. Ich war normalerweise kein Mensch, der Platzangst hatte, aber hier in diesem lauten und überfüllten Bus eingesperrt zu sein, war die pure Qual für mich. Verzweifelt schaute ich Benny die ganze Zeit über an und betete, dass die Fahrt schnell vorbei sein würde. Glücklicherweise lenkte er mich ein wenig ab, indem er mit mir über unseren Musikgeschmack redete. Er liebte das Thema Musik, das merkte ich schon jetzt, er konnte stundenlang darüber reden, was mich Gott sei Dank von dem eklig riechenden Typen hinter mir ablenkte.

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