37. Kapitel

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James hielt Lily's Hand und strich sanft mit dem Daumen über ihren Handrücken, während sie schlief.

Das war mit Abstand das schlimmste Halloween der Rumtreiber gewesen.
Mary hingegen machte sich schreckliche Vorwürfe.

„Ich hätte es vorher merkten müssen." Schluchzte sie.

James stand auf und nahm sie in den Arm.

„Nein Mary du kannst nichts dafür." Tröstete er sie.
„Sie hätte sterben können, nur weil ich mir keine Sorgen um sie gemacht habe."
„Mary bitte, DU bist nicht Schuld." Sagte James laut, doch seine Stimme bebte.

„Sie hätte sterben können."
Diese Worte hallten in seinem Kopf wider und er konnte sie nicht abstellen.

Es machte ihn verrückt.

Was wenn sie gestorben wäre?
Dachte er.

James hätte es nicht verkraften können.

„James ist alles in Ordnung?" Fragte Sirius ihn besorgt, kam auf ihn zu und zog ihn in eine feste Umarmung.

James wollte nicht weinen, doch in diesem Moment holte ihn die Realität einfach wieder ein.

Er realisierte, dass keiner sicher war.
Er verstand, dass alle, die er liebte in Gefahr waren und dass Lily heute grosses Glück gehabt hatte, doch wie oft würde sie noch Glück haben?

Irgendwann beschlossen Sirius und Remus ins Bett zu gehen.

Erstens wollten sie den beiden anderen ein wenig Zeit mit Lily alleine geben und zweitens würde sie in dieser Nacht sowieso noch nicht aufwachen.

James und Mary hatten sich hingegen strikt geweigert mit ihnen mitzukommen.

„Ich hatte Angst sie würde sterben." Sagte Sirius, nachdem sie eine Weile schweigend durch die Korridore gelaufen waren.
„James macht sich unglaubliche Sorgen...das macht er sich immer, nicht nur um uns und Lily, nein auch um Mary und um seine Eltern." Fuhr Sirius fort.
„Und du? Machst du dir Sorgen?" Fragte ihn Remus vorsichtig und nahm seine Hand.

Sirius schwieg und sah zu Boden.
Er wollte nicht, dass Remus seine Tränen sah.
Remus legte ihm sanft eine Hand ans Kinn und drückte es nach oben.
Sirius Augen waren glasig und er versuchte sich abzuwenden.

„Sirius...," flüsterte Remus matt, „sprich mit mir, ich flehe dich an."

Sirius schüttelte den Kopf.

„Was sollte das schon bringen?"
„Den Schmerz zu teilen, kann ihn lindern." Antwortete Remus sanft.
„Du hast schon genug Schmerzen erleiden müssen Remus, das will ich dir nicht antun." Entgegnete Sirius und wandte sich ab.
„Du würdest auch wollen, dass ich rede." Versuchte es Remus weiter.
„Ja, aber bei dir ist es etwas anderes."
„Nein, ist es nicht Sirius und das weisst du auch, also sag mir verdammt nochmal, was los ist!" Verlangte er nun in einem strengen Ton.

Sirius seufzte und liess sich vor einem Fenster zu Boden sinken.

„Ich habe Angst Remus. Ich habe Angst, dass dir etwas passiert oder Regulus oder James oder Peter, bei Merlin ich habe sogar Angst, dass Lily oder Mary etwas zustösst. James würde das nicht verkraften." Sagte er leise.

Remus kam auf ihn zu und schloss ihn fest in die Arme.

„Ich brauche dich." Brachte Sirius noch hervor, doch dann schluchzte er laut auf und krallte sich an Remus fest, wie ein Ertrinkender an einen Rettungsring.

Remus hielt ihn fest, so fest wie er nur konnte.

Er spürte in diesem Moment, wie kaputt Sirius war.
Kaputt weil er schon so vieles verloren hatte.
Kaputt durch die Panik, dass die Menschen, die er liebte, jeden Tag sterben könnten.
Kaputt weil Voldemort seine Kindheit, genauso zerstört hatte, wie die vieler.
Kaputt weil er zulange versucht hatte stark zu sein.

Remus zerriss es das Herz in tausend Teile, als er ihn so erlebte.

Wie lange hatte Sirius diese Last mit sich herumtragen müssen, bis er unter ihr zusammengebrochen war?
Natürlich hatte er mit Lily gesprochen, doch das damals, war nur ein winziger Teil des riesigen Trümmerhaufens gewesen.

„Es tut mir so Leid." Flüsterte Remus, er hatte keine Ahnung, was er sonst sagen sollte.

Was sagte man einem Menschen, der von seiner ganzen Familie gehasst wurde?
Was sagte man einem Menschen, der jahrelang Schreckliches mit ansehen und miterleben musste?
Was sagte man einem Menschen, dessen grösste Folter die Angst war, geliebte Menschen zu verlieren?

Remus streichelte ihm liebevoll über den Rücken, wie lange er das nun schon tat, wusste er nicht, aber es war ihm auch ziemlich egal.

Irgendwann löste sich Sirius von ihm und er sah ihn an.

Sirius Augen waren gerötet und seine Wangen waren nass von den vielen Tränen.
Remus legte seine warmen Hände sanft auf Sirius Wangen und sah ihm tief in die Augen.

„Ich liebe dich Sirius, vergiss das bitte nie, hast du gehört?" Sagte er eindringlich.
„Wie könnte ich dieses Gefühl jemals vergessen? Wie könnte ich jemals vergessen, wie unglaublich es sich anfühlt, dich zu küssen, dich zu berühren und deine Stimme zu hören? Wie könnte ich jemals vergessen, wie es ist neben dir einzuschlafen und aufzuwachen? Wie könnte ich jemals vergessen, wie es ist, deinen Duft einzuatmen?" Fragte Sirius, während eine weitere Träne über seine Wange rollte und dennoch lächelte er.

Es war kein fröhliches Lächeln, es war traurig und verzweifelt.

Remus beugte sich nach vorne und küsste ihn.
Dieser Kuss war nicht leidenschaftlich, süss oder sanft, nein.
Dieser Kuss war verzweifelt, als hätten sie Angst, dass es das letzte Mal sein würde, dass sie sich so nahe waren.

Remus konnte das Salz von Sirius Tränen schmecken, doch es war ihm egal, in diesem Moment war ihm alles egal.

Irgendwann erhoben sie sich schweigend und gingen den restlichen Weg zurück bis zum Gryffindorturm.

Das Fest war zu Ende und die meisten Schüler waren wahrscheinlich schon in ihren Betten und schliefen tief und fest.
Die Meisten hatten das Fest heute genossen, doch für Sirius, Remus, James und Mary hatte das Feiern ein jähes Ende gefunden und die Wirklichkeit hatte sie eingeholt.

In Hogwarts gab es Leute, die bereit waren zu töten, die bereit waren sich Voldemort's Reihen anzuschliessen.
In Hogwarts gab es Menschen, die bereit waren Unschuldige zu Opfern zu machen.

Wieviele würde es von solchen noch geben, bis die Todesser endlich glücklich waren und wer würden all diese Opfer sein?

Sie sprachen kein Wort miteinander.

Im Schlafsaal konnten sie Peter schnarchen und Frank leise atmen hören.

Sie hatten von all dem nichts mitbekommen, ihr Abend war schön gewesen.
Dachte sich Remus, bevor er unter die Decke kroch, Sirius lag neben ihm.

Remus schmiegte sich in seine Arme und schloss die Augen.

In seinen Träumen wurde er in dieser Nacht von schreienden Menschen, kalten Lachern und grünen Lichtblitzen heimgesucht.

To the Moon and back {Wolfstar Fan-Fiction}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt