94. Kapitel

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Es war bereits sehr spät, doch Remus stand immer noch am schwarzen See und sah auf das dunkle Wasser.

Er hatte keine Ahnung, wieviel Zeit er schon hier verbracht hatte, doch er wollte erst zurückkehren, wenn seine Freunde schon schliefen und so musste er warten.

Er dachte nach, über all die Dinge, die geschehen waren und über seine Entscheidungen.

Sirius konnte nicht damit aufhören ihn zu lieben, auch wenn er es wollen würde.
Hatte er ihn überhaupt jemals lieben wollen, so wie er ihn jetzt liebte oder war es einfach so passiert, ohne dass er es hatte stoppen oder kontrollieren können?

Er selbst hätte sich am Liebsten nie verliebt und dennoch war es geschehen.

Bei ihm war damals die Angst da gewesen.
Die Angst davor, was andere davon halten würden, wenn er auf seinen besten Freund stand und die Angst davor, verletzt zu werden.

Sirius hingegen hatte ihn nicht verletzt.
Er hatte ihm an diesem Platz gesagt, wie sehr er ihn liebte.

Schon damals hatte er geglaubt, dass er Sirius Liebe nicht verdienen würde.

Er dachte daran, wie er gesagt hatte, dass er das einzige sei, das er je gewollt hatte.

Doch da war nicht nur Sirius Stimme, die ihm sagte was richtig war.
Lily hatte ihm gesagt, dass Sirius ihn liebte und das mehr, als er glaubte.

Wie sehr konnte man einen Menschen lieben?

So sehr, dass jede Sekunde, die man nicht bei ihm ist, wehtut. Jeder gemeinsame Augenblick einzigartig und wunderschön ist. So sehr, dass es einem egal ist, wie der andere aussieht. So sehr, dass man nicht ohne den anderen leben kann.

War es denn wirklich so falsch Liebe zu empfinden?
Nun, da er darüber nachdachte war seine Antwort ganz klar nein, doch bei ihm war es etwas anderes.

Er wollte nicht lieben und das, um andere zu beschützen, doch wie Sirius gesagt hatte, konnte man seine Gefühle nicht einfach so abstellen.

Er fragte sich, was ihm wohl Dumbledore sagen würde.
Dumbledore, der sie alle immer wieder daran erinnerte, wie wichtig es war zu lieben.

Würde Dumbledore verstehen, weshalb er es nicht konnte?

Wahrscheinlich würde dieser ihm sagen, dass es Sirius Entscheidung und nicht die Seine war, ob er bereit dazu war, mit ihm zusammen zu sein oder nicht.

Er hatte keine Ahnung, was er tun sollte.
Er wusste, dass es eigentlich falsch und egoistisch war, doch er wollte Sirius mit jeder Faser seines Herzens.
Es war kaum eine Woche her und dennoch fühlte es sich an, wie eine halbe Ewigkeit.

Remus wollte sich nicht zu schnell entscheiden, welchen Weg er gehen wollte.
Er brauchte noch ein wenig Zeit, in der er einen gewissen Abstand von Sirius nahm.
Er wusste sowieso nicht, wie lange er es schaffte, das durchzuziehen, denn der heutige Abend hatte ihm einmal mehr gezeigt, wie schwer es war, Sirius und dem Gefühlschaos, welcher dieser in ihm auslöste, standzuhalten.

Sobald er an Sirius Kuss dachte, der sich so fremd und doch so vertraut angefühlt hatte, wurde ihm ganz warm und seine Lippen kribbelten, während ihn eine Gänsehaut überkam.
Er schluckte bei dem Gedanken an all die Berührungen, die er ihm geschenkt hatte.
Die so intensiv und leidenschaftlich gewesen waren und dennoch sanft, liebevoll und zärtlich.

Es waren die alt bekannten Bilder, die er seit Tagen zu verdrängen versuchte und welche dennoch immer wieder vor seinen Augen auftauchten und somit dafür sorgten, dass er Sirius noch mehr vermisste.

Er konnte nicht verstehen, was Sirius dazu anregte, solche Dinge mit ihm zu tun.

Er hatte unzählige Narben und auch wenn die nicht da wären, wäre sein Äusserliches nicht aussergewöhnlich.

„Du bist wunderschön."

Sirius hatte ihm da oft gesagt, doch Remus hatte ihm nie geglaubt.

Er konnte Sirius Finger spüren, wie sie damals sanft über seine Narben strichen und diese küssten.
Er erschauderte.

Er musste ganz dringend diese Gedanken loswerden.

Es war bereits nach 00:00 Uhr, als er beschloss, dass es Zeit war, schlafen zu gehen.
Von schlafen konnte sowieso nicht die Rede sein, denn er hatte seit Tagen nicht schlafen können, da im Sirius so sehr fehlte.

Das Schloss war fast wie ausgestorben und er konnte seine Schritte leise an den steinernen Wänden widerhallen hören.
Er hielt seinen Zauberstab bereit und sah sich immer wieder um.

In diesen Zeiten wusste man nie, wem man begegnete.
Der einzige, dem er begegnete, war der fast kopflose Nick, der anscheinend ziel-und planlos durch die Korridore schwebte.

Er war heilfroh, als er wohlauf am Portrait der fetten Dame ankam.
Diese warf ihm einen missbilligenden Blick zu.

„Was machen wir hier draussen zu so später Stunde?" Fragte sie schneidend und Remus wurde rot.

Er nannte ihr, ohne auf ihre Frage einzugehen, das Passwort.

Der Gemeinschaftsraum war leer, was Remus, um ehrlich zu sein, nicht sehr überraschte.
Er gähnte herzhaft und schlurfte dann die Treppen zu den Schlafsälen nach oben, dabei betete er, dass die anderen bereits schliefen.

Er atmete erleichtert aus, als er den Schlafsaal betrat, denn es war dunkel und abgesehen von James leisem Schnarchen, war nichts zu hören.

Er schlich zu seiner Kommode neben dem Bett und kramte einen Schlafanzug hervor, den er sich sogleich anzog.
Erst jetzt fiel ihm auf, dass sein Bett garnicht leer war, sondern dass es bereits von einer gewissen Person belagert wurde.

Remus konnte daraufhin sogar ein wenig lächeln und er liess sich auf die Matratze sinken.
Für einen kurzen Moment hatte er einfach in Sirius Bett kriechen wollen, um dort zu schlafen.
Aber nein, in dieser einen Nacht wollte er ihm ein einziges Mal nahe sein und es einfach nur geniessen, ohne sich Gedanken darüber machen zu müssen, ob er nun seine eigenen Regeln missachtete oder nicht.
Eine Nacht in der es ihm egal war, ob es nun richtig oder falsch war, was er tat.

Vorsichtig, um Sirius ja nicht aufzuwecken, kroch er unter die warme Decke und es umgab ihn ein vertrautes Gefühl der Wärme und der Geborgenheit.

Er liess seinen Blick kurz über Sirius Profil schweifen, bevor er sich nach vorne beugte und ihm einen kurzen Kuss gab.

Er wollte ihm nun das sagen, zu dem er nicht im Stande war, wenn Sirius wach war.

„Ich liebe dich...Ich habe nie damit aufgehört dich zu lieben. Das könnte ich nicht." Flüsterte er und strich durch Sirius volles Haar.

Er sah so unglaublich süss aus und das leichte Lächeln auf seinen Lippen, als er Remus sanfte Hände spürte, wärmte Remus Herz.

Er kuschelte sich leicht an Sirius und zum ersten Mal seit Tagen spürte er, wie unglaublich und wunderschön es war, geliebt zu werden und zu lieben.

Eigentlich hatte er sich schon längst entschieden gehabt, was er tun wollte, denn er wusste, dass es schon längst kein zurück mehr gab, um einen anderen Weg einzuschlagen.
Wenn er es anders gewollt hätte, dann hätte er sich nicht in Sirius verliebt und er hätte es nie zugelassen, dass er mit ihm zusammenkam.

Das damals war kein Fehler gewesen, nein, es war eine Entscheidung gewesen, die weder richtig noch falsch war, solange man sie nicht als richtig oder falsch empfand.

Er dachte nach und spürte ausserdem, dass die Worte „bis zum Mond und wieder zurück" niemals reichen würden, um zu sagen, wie sehr er diesen Jungen liebte.

To the Moon and back {Wolfstar Fan-Fiction}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt