Am nächsten Morgen, nachdem Frühstück, ging Newt seiner Arbeit auf dem Feld nach, als ich Lucy suchen ging. Ich wollte mir ihr Knie vorsichtshalber noch einmal ansehen. Auf halber Strecke kam mir Vince entgegen.
„Guten Morgen. Zu dir wollte ich gerade" grüßte er mich. „Ich wollte dir unsere beiden Schwangeren vorstellen. Nora hat Rückenbeschwerden. Ich kenne mich da nicht aus, aber wir haben Bücher über Schwangerschaften, vielleicht kannst du mehr damit anfangen" erklärte er mir und ich folgte ihm zur Krankenstation, die mal eine werden sollte. Bisher war nur das Grundgerüst und der Boden fertig. Das Dach und die Wände fehlten noch. Provisorisch wurde eine Liege und Stühle aufgestellt. Zwei Stühle waren mit jungen Frauen besetzt. Die eine wirkte noch sehr jung. Jünger als ich. Sie hatte lange, braune Haare und blaue Augen, die mich traurig ansahen. Ihr Gesicht war schmal und wirkte sehr kindlich, doch das konnte bekanntlich täuschen. Die andere hatte schulterlange, rote Locken und grüne Augen. Sie war etwas fülliger, was sicherlich auf die Schwangerschaft zurückzuführen war.
„Hey ihr beiden. Das ist Tamara, sie hat ein paar medizinische Kenntnisse und wird sich um euch kümmern. Das hier sind Nora" Vince zeigte auf das braunhaarige Mädchen, „und das ist Grace" erklärte er mir. „Ich lasse euch mal allein. Solltet ihr etwas brauchen, ich bin unten am Strand und kümmere mich um Trinkwasser" mit diesen Worten ließ er uns allein.
„Hallo. Ich muss gestehen, mit Schwangerschaften kenne ich mich nicht wirklich aus, aber da werde ich mich gleich nachher reinlesen. Habt ihr denn irgendwelche Beschwerden oder so?" erkundigte ich mich und setzte mich zu ihnen.
„Ich habe seit ein paar Stunden ein Ziehen im unteren Rücken. Mal stärker, mal schwächer. Mal raubt es mir die Luft, mal merke ich es kaum. Ich habe Angst, dass mit dem Würmchen etwas nicht stimmt. Seit ein paar Tagen tritt er oder sie mich auch nicht mehr..." erklärte mir Nora leise und deutlich konnte ich Angst und Sorge in ihrer Stimme heraushören. Wenn ich mich Recht erinnerte, glaube ich früher einmal gelesen zu haben, dass das Anzeichen für eine bevorstehende Geburt sein könnten.
„Mit dem Baby ist sicher alles in Ordnung. Du musst dich ausruhen und dich schonen. Ich werde dir ein Bett organisieren" erklärte ich ihr. Nachdem mir Grace versichert hat, dass bei ihr alles okay ist, ging ich zu Vince und erklärte ihm, dass Nora vermutlich Wehen hat und ein Bett und Ruhe braucht und keine Hängematte.
Ohne zu überlegen, stellte er uns sofort seine kleine Hütte zur Verfügung, die ihm als Unterkunft und als Büro diente. Er half Nora, sich dorthin zu begeben und halt ihr, sich bequem hinzulegen, was sich als schwieriger herausstellte. Sie wusste nicht so wirklich, wie sie liegen sollte. Jede Position schien ihr Unbehagen oder Schmerzen zu bereiten.
„Darf ich fragen, wie alt du bist?" erkundigte ich mich und nahm neben der Liege, die nun als Bett diente, Platz.
„Ich bin 18 Jahre alt" erwiderte sie und stöhnte leise auf. Die Fragen konnten auch warten, entschied ich und ließ mir schnell die Bücher bringen, von denen Vince sprach. Ich machte mich sogleich ans Lesen, während ich immer ein Auge auf sie hatte. Ab und zu stöhnte sie leicht auf, ansonsten döste sie vor sich hin. Wichtige Passagen las ich mir mehrmals durch und versuchte mir auf die schnelle alles einzuprägen, was mir wichtig erschien. Doch unter Druck war das gar nicht so einfach.
Gelegentlich stöhnte Nora auf, mal etwas leiser, mal etwas lauter. Die Abstände dazwischen schienen kürzer zu werden. Die Geburt schien unmittelbar bevorzustehen. Ich konzentrierte mich wieder aufs Buch und stellte ein paar Seiten später fest, dass ich wohl Hilfe gebrauchen könnte. Ein paar zusätzliche Hände würden sicher nicht schaden.
„Ich bin gleich wieder da" erklärte ich Nora leise und rannte auf der Suche nach Vince zum Strand runter. Schnell fand ich ihn dort, war er mit seiner Größe auch nicht leicht zu übersehen.
„Du sprachst davon, dass jemand kleinere Wunden versorgt hätte. Traust du ihr zu, bei einer Geburt zu helfen?" kam ich gleich zum Punkt. Kurz schien er drüber nachzudenken.
„Ich denke, dass packt sie. Ich geh sie suchen und schicke sie dann zu dir" erwiderte und marschierte schon los. Ich machte mich ebenfalls auf den Rückweg, besorgte aber unterwegs noch Gegenstände, die ich gebrauchen könnte. Tücher, Waschlappen, Kissen, Decken, Schüsseln mit sauberem Wasser. Sorgfältig legte ich alles auf den eben freigeräumten Tisch neben der Liege.
„Wie geht es dir?" erkundigte ich mich bei Nora.
„Es wird immer schlimmer und schmerzhafter" keuchte sie leise und krallte sich in die Liege fest. Ich warf schnell noch einen Blick ins Buch, wo ich etwas über die Atmung gelesen hatte und versuchte ihr zu erklären, wie sie während einer Wehe atmen sollte. Dies sollte die Wehe etwas angenehmer machen. Sie versuchte es, doch zu helfen schien es nicht. Kurz danach klopfte es leise und ein Mädchen trat herein. Sie schien ein wenig jünger zu sein, als ich. Schätzte sie auf etwa 16 oder 17 Jahre. Sie hatte langes, blondes Haar, dass sie locker zu einem Zopf am Hinterkopf gebunden hatte. Ihre blauen Augen strahlten Freundlichkeit aus und um ihre kleine Stupsnase waren viele Sommersprossen zu erkennen.
„Hey. Vince schickt mich. Ich bin Laura. Wie kann ich helfen?" fragte sie sogleich, stellte sich neben die Liege und strich Nora ein paar verirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht. Sie schienen sich schon etwas länger zu kennen. Ich versuchte ihr alles zu erklären, was ich gelesen hatte und sie nickte mir zu. Sie schien die Ruhe selbst zu sein, während ich sehr nervös war. Ich hatte solche Angst, etwas falsch zu machen oder dem Baby weh zu tun. Doch Nora ließ mir keine weitere Zeit zum Nachdenken, als sie diesmal, nach Lauras Hand greifend, lauter aufschrie als sonst. Zusammen atmeten wir mir ihr, bis die Wehe vorbei war. Anschließend zogen wir sie untenrum aus und nachdem sie ihre Beine angewinkelt auf die Liege gestellt hat, legte ich eine dünne Decke über sie. Ich hatte gelesen, dass man nun schauen müsste, wie weit ihr Muttermund schon geöffnet war, als sie ihren Kopf hob und ihr Kinn auf ihrem Dekolletee stützend zu pressen anfing. Augenblicklich stieg Panik in mir auf. War es schon so weit? Was war jetzt zu tun? Was stand nochmal in diesem Buch? Verdammt, ich hatte es doch gerade erst gelesen. Mein Kopf war wie leergefegt, als ich sah, wie sich das Köpfchen des Babys langsam rausschob. Ohne darüber nachzudenken stützte ich es mit meinen Händen, während Nora sich erschöpft nach hinten fielen ließ, als die Wehe vorbei war.
„Das machst du ganz super. Gleich hast du geschafft" versuchte ich Nora Kraft zu schenken, während Laura ihr mit einem feuchten Waschlappen den Schweiß von der Stirn wischte und mit der freien Hand ihre hielt.
Beruhigend sprach Laura mit ihr, während ich mir das Baby anschaute. Es hatte komisches weißes Zeug im Gesicht und die Augen waren geschlossen. Sehr wenige, dunkle Haare waren auf seinem Köpfchen zu erkennen. Ich dachte immer, Babys hätten noch keine Haare, wenn sie auf die Welt kommen?
Keuchend kündigte sich die nächste Wehe an, während Nora pressend ihren Kopf wieder auf ihrem Dekolletee stützte. Sie gab noch einmal alles, obwohl sie vollkommen erschöpft schien. Ich stützte weiterhin das Köpfchen, während nun die erste Schulter rausschaute und nur wenige Sekunden später hielt ich ein Baby in meinen Händen. Ich starrte es regelrecht an, während ich auf irgendein Lebenszeichen von dem kleinen Wesen wartete. Die Sekunden zogen sich regelrecht in die Länge und ich hielt den Atem an.
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Die Lichter in der Dunkelheit (Maze Runner, Newt FF)
FanfictionEine schier undurchdringliche Brandwüste. Cranks wohin das Auge blickt. Ständig die Gefahr im Nacken. Angst, vor dem Sein. Angst, vor dem, was wird. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Verschiedene Schicksale treffen aufeinander. Kann das gut gehen? Können s...