Kapitel 51

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„Du gehörst mir" knurrte er mich fies grinsend an und die Mischung vom Geruch nach seinem Alkohol und seinem Anblick ließ mich würgen. Hart presste er seine ekligen, blutverschmierten Lippen auf meinen Mund und stöhnte leise auf. Fest biss ich in seine Lippe und schmerzhaft schrie er auf, gab vor Schreck meine Handgelenke frei. Ich griff um mich und bekam einen leeren Blumentopf vom Fensterbrett zu fassen.

„Ich gehöre niemanden!" fauchte ich ihn an und zerschlug den Blumentopf auf seinem Kopf. Scheppernd zerbrach dieser, während er sich stöhnend auf seine Knie fallen ließ. Ohne nachzudenken, rannte ich los. Verließ mein Zimmer und rannte, so schnell mich meine Beine trugen, die wenigen Etagen hoch zu Gally's Zimmer. Stürmte ohne Vorwarnung hinein und knallte schwer atmend die Tür hinter mir zu.

„Tamara..." erschrocken schaute er mich an. Ich hinterließ sicher keinen netten Anblick. Ein zerrissenes Shirt, dass mehr zeigte, als es versteckte. Fremdes Blut an meinem Mund. Die pure Panik und Angst stand mir ins Gesicht geschrieben. Am ganzen Körper zitterte ich unkontrolliert. „Was ist passiert?" erkundigte er sich sofort und zog mich in seine Arme. Drückte mich beschützend an sich und hielt mich fest.

„Zimmer... Peter..." stammelte ich, nur mit Mühe brachte ich die Wörter heraus. Doch er schien sofort zu verstehen. Sein Blick sprach Bände. Unbändige Wut und Hass sprach aus ihnen.

„Bleib hier" knurrte er mich an und drückte mir seine Waffe in die Hand. Er stürmte aus dem Zimmer, die Tür flog knallend zu. Erschrocken zuckte ich zusammen, blieb regungslos stehen. Rührte mich keinen Millimeter. Starrte einfach nur die Tür an. Unkontrolliert schnell schlug mir das Herz in der Brust. Übelkeit überkam mich. Dreckig. Ich fühlte mich so unglaublich dreckig und schmutzig. Es war kalt. So wahnsinnig kalt, obwohl wir Sommer hatten. Zitternd schlang ich die Arme um meinen Oberkörper.

Ich wusste, dass Peter nicht gut davonkommen würde. Gally war... Nun... Gally war nicht einfach zu beschreiben. Viele hier bezeichneten ihn als hochnäsig, jähzornig und arrogant. Gally ist sehr schnell reizbar und lässt sich nicht gerne auf die Palme bringen. Wenn man ihn ärgert, explodiert er ausgesprochen schnell und reagiert aggressiv. Seine Aggressivität und arrogante Art lassen ihn auf andere überaus unsympathisch wirken. Daher hat er hier auch nicht wirklich viele Freunde. Doch wenn man sich die Mühe macht, ihn besser kennenzulernen, dann lernt man auch eine andere Seite an ihm kennen. Eine durchaus liebenswerte Seite, mit der man Pferde stehlen könnte. Er ist immer für seine Freunde da. Er hat ein ausgesprochen ausgeprägtes handwerkliches Geschick. Er kann sehr humorvoll sein und haut gerne mal einen lockeren Spruch raus, der durchaus auch mal unter der Gürtellinie sein kann. Nicht jeder kommt damit klar, aber das meint er nie böse. Er hat, zumindest mir gegenüber ist es mir aufgefallen, einen ausgesprochenen großen Beschützerinstinkt, auch wenn er diesen zu verbergen versucht. Doch er kommt wieder durch, so wie jetzt gerade. Er hat ein großes Talent dafür, mich auf andere Gedanken zu bringen. Er ist verdammt einfallsreich und bewahrt in aussichtslosen Situationen oft einen kühlen Kopf. Ich hatte erfahren, dass die Lichtung so etwas wie sein Zuhause für ihn war. Und nichts anderes wollte er jetzt auch. Einen sicheren Ort schaffen. Einen Ort, an dem er sich zuhause fühlen konnte.

In vielen Dingen waren wir uns ähnlich, vielleicht hatten wir uns deswegen so schnell angefreundet. Wir haben uns von Anfang an nichts geschenkt. Haben jeden blöden Spruch des Gegenübers gekontert und uns mehrmals gezofft. Auch gerangelt haben wir mehrmals, doch irgendwann haben wir lachend einen darauf getrunken. Wir wussten, wie weit wir bei dem anderen gehen konnten, doch nutzten wir dies nie aus. Wir respektierten uns und er kann sich sicher sein, dass er mein Vertrauen genießt.

Plötzlich ging die Tür auf und erstarrt hielt ich die Luft an.

„Ich bin es nur" erklang leise Gally's vertraute Stimme und er betrat das Zimmer. Sein Shirt war voller Blutflecken. Seine Handrücken waren voller Blut. Sein Blut? Besorgt schaute ich ihn an. „Mir geht es gut. Wirklich" erklärte er mir leise und reichte mir frische Sachen von ihm. „Du kannst duschen gehen, wenn du magst". Nickend nahm ich seine Sachen und gab ihm seine Waffe wieder. Verschwand in das angrenzende kleine Bad und schlüpfte aus meinen Klamotten. Warf alle so, wie sie waren, gleich in den Müll und stieg in die Dusche. Stellte das Wasser an, nahm die Bürste und fing an, meine Haut zu schrubben. Schrubbte sie so lange, bis sie Rot war und brannte. Doch es half. Ich fühlte mich nicht mehr ganz so dreckig.

Anschließend trocknete ich mich ab und schlüpfte in die viel zu großen, aber sehr bequemen Sachen von Gally. Die Hosenbeine musste ich mehrmals umkrempeln und sein Shirt reichte mir bis zu den Knien. Ich schlich zurück ins Zimmer. Gally hatte sein blutverschmiertes Shirt ausgezogen und saß Oberkörperfrei auf seinem Bett. Hatte seine Hände ineinander verschränkt und starrte den Boden zu seinen Füßen an. Als er mich bemerkte, sprang er auf und sah mich an. Sein Blick sprach Hilflosigkeit und Sorge aus.

„Geht es dir gut...?" fragte er leise und ich nickte lediglich. Ich wollte ihn nicht noch mehr beunruhigen. Ich holte einen Verbandskasten und stellte mich vor ihm. Deutlich zeichneten sich seine Muskeln ab. Ein ausgeprägtes, aber nicht übertriebenes Sixpack zierte seinen Bauch. Seine gut definierte Brust ließ sein recht junges Alter nicht erahnen. Seine Armmuskeln zeigten deutlich, warum er mich mit Leichtigkeit hochheben konnte.

Ich stellte den Verbandskasten aufs Bett und nahm seine Hände vorsichtig in meine, wobei mir auffiel, dass ich immer noch etwas zitterte. Vermutlich noch vom Schock, doch es wurde schon besser. Schaute mir seine Handrücken an. Deutlich war zu erkennen, dass er mit seinen Fäusten auf ihn eingeschlagen hat. Vermutlich mehrmals. Seine Fingerknöchel waren aufgeplatzt und seine Handrücken zerkratzt.

„Lebt er noch?" fragte ich ihn leise, während ich seine Wunden vorsichtig säuberte. Obwohl es brennen musste, verzog er keine Miene. Ließ mich keine Sekunde aus den Augen.

„Ich befürchte ja... Doch er wird dich nicht mehr anrühren. Nie wieder" knurrte er bedrohlich leise und ich glaubte ihm dies sofort. Nickend räumte ich den Verbandskasten weg, als ich fertig war. Unsicher blieb er stehen, wirkte seltsam verloren in seinem eigenen Zimmer. Ich stellte mich ans Fenster und zündete mir eine Kippe an.

„Sei bitte wie immer. Selbstbewusst und selbstsicher. Ich brauche das jetzt..." erklärte ich leise, während mein Blick hinaus in die Nacht glitt. In diese hellbeleuchtete Stadt, die mehr Schein als alles andere ist.

„Ich will dir nicht wehtun..." murmelte er leise und seufzend ließ ich den Kopf hängen.

„Du würdest mir nie wehtun. Ich vertraue dir. Sonst wäre ich nicht hier. Kapiert?" erwiderte ich aufgebracht und drückte die halbe Kippe im Aschenbecher aus. Plötzlich legten sich von hinten 2 starke Arme um mich, drückten mich fest an seinen nackten Bauch. Konnte seine Wärme durch das Shirt hindurch spüren.

„Ich bin da! Immer! Und nun trinken wir was von meinem überaus leckerem Gesöff" erklärte er und klang nun wieder etwas selbstsicherer. Er gab sich Mühe, dass rechnete ich ihm hoch an.

„Dann her mit dem Zeug" erwiderte ich und nahm ihm gleich die ganze Flasche ab, nachdem er sie aus seinem Schrank geholt hatte. Setzte sie an und ließ die Flüssigkeit meine Kehle herunterlaufen. Wie Feuer brannte es in meinem Hals. Doch es tat gut. So unglaublich gut.

„Hey Schluckspecht. Lass mir noch was übrig" grinste er mich an und entriss mir die Flasche. Setzte diese nun selber an. Maulend boxte ich ihm leicht gegen seine Brust, woraufhin er sich hustend verschluckte.

„Ups" grinste ich unschuldig und erntete einen bösen Blick. Leicht boxte er mich gegen meinen Oberarm und nur kurz darauf rangelten wir durchs Zimmer. Er tat mir dabei nicht weh. Ich tat ihm dabei nicht weh. Und doch tat es gut. Man konnte so ganz gut Dampf ablassen. Es lenkte von allem anderen ab.

„Aufhören. Ich kann nicht mehr" keuchte ich eine ganze Weile später lachend, aber erschöpft, während ich gerade unter ihm lag und er mich festhielt.

„Gewonnen" grinste er mich fies an und setzte sich auf meinen Unterleib. Stützte sich dabei jedoch mit seinen Beinen ab, damit nicht sein ganzes Gewicht auf mich lag.

„Ausnahmsweise Mal" erwiderte ich grinsend.

„Pfff. Ich lasse dich sonst immer gewinnen. Damit du nicht wie ein kleines Mädchen heulst" erklärte er grinsend und ich boxte ihm gespielt gegen seinen Oberarm.

„Als ob Spinner" schmunzelte ich ihn an.

„Spinner? Na warte" grinsend fing er an, mich durch zu kitzeln. Lachend wand ich mich unter ihm, versuchte ihn abzuschütteln, doch er war viel zu stark für mich. Er beugte sich zu mir herunter, bis sein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von meinem entfernt war.

Die Lichter in der Dunkelheit (Maze Runner, Newt FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt