Kapitel 20

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„Tamara? Es kommt ein ziemlicher Wind auf. Das gefällt mir gar nicht" wandte sich Paul an mich, der mittlerweile wieder wach war und ich musste ihm recht geben.

„Hier gibt es weit und breit nichts, wo wir Schutz suchen könnten. Wir müssen improvisieren" meinte ich und hielt hinter einer Düne an. Sprang aus dem Jeep und schaute, was sich noch alles auf der Ladefläche befand.

„Ist der Wind schlimm?" fragte Lucy und auch Newt sah uns fragend an. Paul übernahm das und erklärte beiden, was ein Sandsturm ist und was dieser anrichten kann. Je nachdem wie schlimm ein Sandsturm wird, kann er uns die Luft zum Atmen nehmen. Die Sicht schwindet. Die kleinen Sandkörner tun höllisch weh auf der Haut. Wir mussten das Auto zu einer Art Höhle umbauen. Möglichst so, dass kein Wind und kein Sand den Weg hineinfinden. Ich nahm ein paar weitere Decken und auch eine Plane fand ich. Zusammen mit Paul und Newt fingen wir an, das Auto von allen Seiten so gut abzusichern, wie es uns mit den wenigen Habseligkeiten, die wir zur Verfügung hatten, möglich war. Zuerst verteilten wir sämtliche Decken an allen Seiten. Ließen nur eine Decke für Lucy die Nacht übrig. Anschließend verteilten wir die Plane über die Decken und fixierten alles mit Seilen und Kabelbindern. Das war es. Mehr konnten wir nicht tun.

„Betet, dass der Sandsturm nicht so schlimm wird" meinte Paul und kletterte vorne zu Lucy ins Auto. Ich half Newt hinten rein und setzte mich neben ihm. Von innen legten wir die schweren Kanister und Wasserflaschen auf die Decken, um sie zusätzlich zu fixieren. Nun heißt es warten. Es kann Stunden, gar Tage dauern, bis er wieder abklingt. Deutlich war das Pfeifen über der Plane zu hören. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Newt misstrauisch unsere Konstruktion begutachtete, dann versuchte er es sich halbwegs bequem zu machen, was aufgrund des Hämatoms nicht so einfach war. Wirklich anlehnen konnte er sich nicht.

„Ich creme dich nochmal ein" murrte ich ihn an und zog die Salbe aus dem Rucksack. Mühsam schob er sich sein Shirt hoch, doch ich half ihm nicht. Sah dabei zu, wie er sich quälte, doch er beschwerte sich nicht. Als er fertig war, trug ich die Salbe auf. Nicht gerade sanft, befürchte ich, doch das juckte mich gerade nicht. Es kotzte mich gerade einfach alles an. Es kotzte mich an, dass ich hier war. Es kotzte mich an, dass sie sein verschwinden so früh bemerkt haben. Es kotzte mich an, dass er noch nicht wirklich fit war. Es kotzte mich an, dass er so viel Hilfe brauchte. Es kotzte mich an, dass wir wegen dem Sandsturm auf unbestimmte Zeit hier festsitzen würden und nicht wussten, wann wir weiterfahren konnte.

Angepisst verteilte ich für jeden etwas Brot und Wasser und kuschelte mich dann essend in meinen Sitz. Newt versuchte sich wieder bequem hinzusetzen. Rutschte die ganze Zeit auf seinem Sitz hin und her und ab und zu stöhnte er sehr leise auf. Doch laut genug, dass ich es hören konnte. Seufzend ließ ich das letzte Stück Brot in meinen Mund wandern und spülte es mit dem Wasser herunter.

Paul hatte Lucy in die Decke eingewickelt und las ihr nach dem Essen etwas vor. Wollte sie so vermutlich von dem Sturm ablenken und es schien zu funktionieren. Es dauerte nicht lange, da hing sie gespannt lauschend an seinen Lippen.

Vor meinen Augen tauchte eine junge und wunderschöne Frau auf. Sie saß auf meinem Bett und verstellte beim Vorlesen die Stimme passend zu dem gelesenen. Auch ich hing gespannt lauschend an ihren Lippen. Schnell verdrängte ich die Erinnerungen in die hinterste Ecke in meinem Kopf und schloss die Augen. Versuchte zu schlafen, doch es wollte nicht so recht klappen. Mit einem Ohr hörte ich Paul zu. Mit dem anderen vernahm ich ab und zu ein leises stöhnen. Ich öffnete meine Augen wieder und sah zu Newt rüber.

„Sorry..." entschuldigte er sich sofort und senkte den Blick. Das kann ja eine lange Nacht werden, wenn das so weitergeht. Ich bin doch bei jedem stöhnen wieder wach. Falls ich so überhaupt schlafen konnte.

„Rutsch rüber" befahl ich ihm und er rutschte verwirrt schauend etwas rüber. Ich kletterte nun neben ihn an die Seite, die nicht verletzt ist. Lehnte mich an den Rücksitz und legte meine Beine über die Rückbank. „Komm schon her" meinte ich genervt zu ihm und hielt meinen Arm auf. Zögerlich sah er mich an. „Du wirst gleich merken, wieso" erklärte ich ihm und er lehnte sich etwas an mich. Sein Hals lehnte nun an meinen Oberarm und sein Rücken, speziell sein Hämatom, hatte nun keinen direkten Kontakt mehr mit der Rückenlehne.

„Besser?" fragte ich ihn, als er seine Beine neben meine auf der Rückbank ausstreckte.

„Viel besser... Danke" erwiderte er leise.

„Hör auf dich ständig zu bedanken. Ist ja schrecklich" murrte ich leise.

„Ich bin halt so" erklärte er mir.

„Schrecklich und anstrengend?" fragte ich und der Sarkasmus in meiner Stimme war sicher nicht zu überhören.

„Siehst du mich so?" hauchte er leise und sah mich nun abwartend an. Scheiße, was sollte ich ihm darauf antworten? So schwieg ich und irgendwann wandte er den Blick von mir ab. Konnte spüren, wie er sich anspannte. Für einen sehr kurzen Moment tat er mir leid. Doch auch das verdrängte ich schnell wieder. Es dauerte nicht lange, da fielen ihm die Augen zu und sein Kopf fiel dabei nach vorne, was ihn erschreckt seine Augen wieder aufreißen ließ. Ganze viermal sah ich mir das Spiel an, dann drückte ich seinen Kopf vorsichtig auf meine Schulter. Noch immer angespannt ließ er seinen Kopf da liegen. Seine Hände ruhten auf seinem Bauch. Ich spähte zu dem Blondschopf runter, seine Augen waren geöffnet, dabei war er so müde und erschöpft. Irgendwas schien ihn daran zu hindern, endgültig einzuschlafen.

„Ich sehe dich möglicherweise nicht so..." hauchte ich kaum hörbar. Keine Ahnung, warum mir das nun rausgerutscht ist. Ich spürte wie seine Anspannung nachließ, dafür fing er leicht zu zittern an. Die Sonne war weg und damit hielt die Kälte Einzug. Ich nahm seine Jacke und legte diese über unsere Beine. Dann zog ich umständlich meine Jacke aus und legte diese auf unsere Oberkörper. Ich nahm den Schlafsack von der Ladefläche und legte auch diesen über uns. Etliche Minuten vergingen, doch das zittern ließ nicht nach. Genervt verdrehte ich meine Augen.

„Kuschel dich richtig an. Wir wärmen uns gegenseitig mit unseren Körpern. Dann wird dir gleich wieder wärmer" flüsterte ich ihm zu. Nickend drehte er sich etwas auf die Seite. Seinen Arm legte er um meinen Bauch, sein Kopf ruhte nun richtig auf meiner Schulter. Konnte seinen warmen Atem an meinem Hals spüren und mein Körper wurde von einer Welle Gänsehaut erfasst. Ich schob es auf die Kälte. Ich legte beide Arme um ihn, drückte ihn vorsichtig an mich und lehnte meine Wange an seinen Kopf. So zogen die Minuten ins Land, sein Zittern ließ etwas nach und bald vernahm ich sein gleichmäßiges Atmen. Er schien endlich eingeschlafen zu sein. Nur kurz danach schlief auch ich ein.

Die Lichter in der Dunkelheit (Maze Runner, Newt FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt