Kapitel 70

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Durch leises Stöhnen wurde ich Stunden später wach und öffnete blinzelnd meine Augen. Ich saß noch immer auf Gally seinen Schoß und auch er schlief tief und fest. Leise schnarchte er vor sich hin, was mich kurz schmunzeln ließ. Wieder war das leise Stöhnen zu hören und ich sah mich um. Vince und Minho saßen auf Stühlen und schienen zu schlafen. Von den anderen fehlte jede Spur. Mein Blick glitt weiter und blieb an wunderschönen dunkelbraunen Augen hängen.

„Strubbelkopf..." krächzte ich leise, meine Stimme verließ mich. Vorsichtig kletterte ich von Gally seinem Schoß und lief zum anderen Bett herüber. Setzte mich auf dieses und konnte ihn nur anschauen. Seine Augen waren nicht mehr schwarz unterlaufen. Sie waren so schön wie eh und je. Diese Augen. Diese unglaublich faszinierenden Augen. Wie sehr sie mich wieder in ihren Bann zogen. Wie sehr sie mich wieder fesselten. Wie sehr habe ich diese vermisst.

„Tammy... Bist du...?" hauchte er tonlos, das Sprechen schien ihm noch schwer zu fallen.

„Ja. Ich bin es. Ich bin es wirklich" flüsterte ich leise und ließ meinen Tränen feien Lauf. Sanft legte ich meine Hand auf seine Wange, streichelte diese mit meinem Daumen. Noch immer zeichneten sich schwarze Venen und Adern auf seiner Haut ab, doch es waren deutlich weniger und sehr viel blasser. Das Heilmittel. Es wirkte. Es heilte ihn von dem scheußlichen Brand. Er schmiegte seine Wange an meine Hand.

„Du bist da..." hauchte er leise und ich nickte heftig. Zu mehr war ich gerade nicht mehr in der Lage. „Dich gesehen... Gehört..." erklärte er leise und zeigte auf seinen Kopf.

„Du meinst, während du bewusstlos warst? Nun, selbst dann hast du keine Ruhe vor mir" grinste ich kurz schief und ließ auch ihn kurz schmunzeln. „Hast du Schmerzen? Hunger? Durst?" erkundigte ich mich, doch er schüttelte nur den Kopf. Müde ließ er mich keine Sekunde aus den Augen, während ich ihn von den Fesseln an den Händen und Füßen befreite. „Darf ich...?" fragte ich leise und zeigte neben ihn. War plötzlich so unsicher. Immerhin ist seit unserer letzten Begegnung sehr viel Zeit vergangen. Über ein Jahr. Vielleicht hat sich in der Zeit sehr viel mehr verändert, als angenommen. Leicht nickte er und versuchte das Gähnen zu unterdrücken. Ich legte mich neben ihn und er kuschelte sich umständlich an mich. Ich legte meinen Arm um ihn, während er seinen Kopf auf meine Schulter betete.

„Versuche ein bisschen zu schlafen, Strubbelkopf" flüsterte ich ihm leise zu und strich ihm sanft über seinen Rücken.

„Bleiben...?" hauchte er schwach und versteckte sein Gesicht in meiner Halsbeuge.

„Ich bleibe bei dir. Wenn du aufwachst, bin ich da. Versprochen" flüsterte ich ihm leise zu und lehnte meine Wange an seinen Kopf, drückte ihn sanft an mich. So, wie ich es früher immer getan hatte. Es dauerte nur wenige Augenblicke, da vernahm ich sein regelmäßiges Atmen. Er schien wieder zu schlafen.

In den nächsten Tagen verbesserte sich sein Zustand stündlich. Allmählich verschwanden alle schwarzen Venen und Adern von seiner Haut und er sah wieder aus, wie er selber. Seine Wunde am Rücken war gut verheilt. Er aß mit einem gesunden Appetit und kam zusehends wieder zu Kräften.

Die anderen konnten es genauso wenig wie ich glauben, dass das Heilmittel wirklich Heilung brachte. Dass das Heilmittel ihn uns zurückgebracht hat. Ihn von seinem Leiden erlöst hat. Ständig war Trubel um ihn herum, weil alle etwas Angst hatten, dass es nur ein Traum ist und Newt nicht mehr Newt ist, wenn sie aufwachen.

Nur Gally sah ich, seit Newt das erste Mal zu sich gekommen ist, kaum noch. Er zog sich zurück. Er ließ mich nicht mehr an sich heran. Winkte nur ab, wenn ich ihn ansprach. Tiefe Augenringe zierten sein Gesicht und machten mehr als deutlich, dass er nicht wirklich schlief. Was ist nur los mit ihm?

„Ich werde mit Jorge zurückfliegen und den anderen berichten, was passiert ist. Wir können leider nicht 100% sagen, dass er nicht mehr ansteckend ist, daher müssen wir uns mit den anderen beratschlagen, was wir nun machen. Doch wir werden ein gutes Wort für euch, ganz besonders für Newt, einlegen" erklärte Vince gerade. Leider hatte er Recht. Wir konnten nicht kontrollieren oder beweisen, dass er komplett geheilt ist. Das er nicht mehr ansteckend ist. Doch bisher lief alles so gut, da durfte das nun nicht mehr schief gehen. Wenn doch, würde ich bei Newt bleiben. Auch auf die Gefahr hin, dass ich Gally verlieren würde... Schmerzhaft zog sich mein Herz bei dem Gedanken daran zusammen. Das durfte nicht passieren. Ich wollte und konnte keinen der beiden verlieren.

Wir verabschiedeten die beiden und sie versprachen uns, bald zurückzukommen, anschließend flogen sie los und ließen uns hoffend zurück. Hoffentlich kamen sie mit guten Nachrichten zurück.

*Erzählersicht*

Bratpfanne, Minho, Newt und Thomas saßen in einer der Baracken und ließen sich eine Suppe von Bratpfanne schmecken. Gerade wollte Tamara sich zu ihnen setzen, als das Gespräch der vier Freunde auf Gally fiel. Sie wollte nicht lauschen, doch was sie zu hören bekam, ließ sie erstarren.

„Was machen wir wegen Gally? Ehrlich gesagt, kann ich gut und gerne darauf verzichten, dass er mitkommt" fragte Thomas seine Freunde und sah sie abwartend an.

„Wenn, dann werden wohl alle fliegen. Sie haben keinen Grund, ihn hier zurückzulassen" meinte Bratpfanne.

„Er hat Chuck auf dem Gewissen. Ist das nicht Grund genug?" erwiderte Thomas aufgebracht.

„Tommy... Gally wurde von einem Griewer gebissen. Er war nicht er selbst, als es passiert ist. Er war wahnsinnig und wusste nicht, was er tut" erwiderte Newt und versuchte seinen Freund etwas zu beruhigen.

„Ja und? Wahnsinnig war er vorher auch schon und ist es wohl immer noch. Verdammt, habt ihr vergessen, was Gally auf der Lichtung getan hat? Was er tun wollte?" erwiderte der Dunkelhaarige aufgebracht.

„Er hatte seine Gründe dafür. Er dachte, er tut das richtige. Wir haben alle Fehler gemacht. Das kannst du ihm nicht vorhalten. Er war unser Freund. Er war mein Freund. Wir können ihn hier nicht zurücklassen" versuchte Newt sein Glück weiter.

„Tamara wird ihn nicht zurücklassen. So, wie sie aneinander kleben. Zumindest bis vor ein paar Tagen. Außerdem hat er uns in der letzten Stadt das Leben gerettet. Das dürfen wir nicht ignorieren" gab Minho seine Bedenken preis. Diese ließen Newt unmerklich schlucken. Er hatte mit Tamara noch nicht über sie und Gally geredet. Hat auch nicht wirklich was mitbekommen. Die meiste Zeit war sie bei ihm, seit er aufgewacht ist.

„Und das macht alles wieder gut? Wohl kaum" wütend warf Thomas seinen Löffel auf den Teller, dass es schepperte.

„Es macht einen Teil gut, finde ich. Vince und Jorge scheinen mit ihm auch kein Problem zu haben. Und vielleicht sieht Tamara ja mehr in ihm, als wir. Sieht irgendwas Gutes, dass uns verborgen bleibt. Wie Newt schon sagte, Gally war unser Freund. Hat nicht jeder eine zweite Chance verdient?" ruhig sprach Bratpfanne die Worte aus, wollte nicht noch mehr Feuer entfachen.

„Macht doch, was ihr wollt" knurrte Thomas, stand wutentbrannt auf und rannte aus der Baracke. Newt, noch nicht wieder ganz fit, folgte ihm langsamer. Wollte seinem Freund jetzt beistehen und noch einmal in Ruhe mit ihm darüber reden.

Die Lichter in der Dunkelheit (Maze Runner, Newt FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt