Kapitel 33

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„Tamara, bist du wach?" flüsterte da leise jemand neben mir und grummelnd öffnete ich meine Augen. Ich hätte noch ewig schlafen können, doch es war schon wieder hell, wie ich an der Sonne, die mich blendete, feststellte. Fühlte mich müde und ausgelaugt. Erschöpft und am Ende meiner Kräfte. Alles tat mir so entsetzlich weh. Jede Faser in meinem Körper brannte. Mein Kopf dröhnte und drohte zu platzen.

„Sorry, ich wollte dich nicht wecken. Aber ich muss mit dir reden..." flüsterte Paul weiter und ich drehte meinen Kopf zu ihm. Sah ihn fragend an. Spürte noch immer die Wut und Enttäuschung in mir.

„Es tut mir leid. Ich war ein riesen Arsch. Natürlich weiß ich, dass du das für Lucy und mich auch machen würdest. Du hattest Recht. Mit allem, was du gesagt hast. Mit allem, was du gemacht hast. Was du für ihn tust. Ihn zurücklassen käme für mich doch gar nicht in Frage. Ich weiß nicht, was mich da geritten hat. Ehrlich nicht. Bitte verzeihe mir. Es tut mir so leid..." leise verließen die Worte seinen Mund und es klang ehrlich gemeint. Konnte die Reue in seinen Augen erkennen.

„Solltest du wiederholt so ein Bullshit von dir geben, poliere ich dir die Fresse. Dann ist es mir völlig egal, dass Lucy dabei ist" drohte ich ihm leise. Schluckend nickte er nur. Er wusste, dass ich meine Drohung wahr machen würde. „Du schuldest noch jemandem eine Entschuldigung!"

„Sobald er wach ist... Das heißt, du nimmst meine Entschuldigung an...?"

„Wenn du mir die Kippen bringst, dann ja" erwiderte ich leise und schmunzelnd begann er sie im Rucksack zu suchen. Musste erstmal richtig wach werden und Kaffee fiel dafür ja aus. Er setzte sich neben mir in den Sand und zündete uns zwei Kippen an. Dankend nahm ich ihm eine ab und zog liegend genüsslich daran. „Unser Wasser wird knapp. Wenn wir gut damit hausieren, kommen wir vielleicht noch bis heute Abend damit hin..." erklärte ich ihm.

„Deswegen hast du gestern so wenig getrunken... Ich werde auch verzichten. Lucy und Newt brauchen es dringender" er war ein wirklich guter Beobachter und das er den Strubbelkopf erwähnte, deutete ich als gutes Zeichen.

„Es nützt trotzdem nichts Paul. Vermutlich sind wir immer noch hunderte Meilen von den Bergen entfernt. Keine Chance, diese rechtzeitig zu erreichen. Keine Chance, unterwegs an Wasser zu kommen. Keine Chance, auf Hilfe zu treffen. Ich habe uns in diese beschissene Lage gebracht. Ich habe uns ins Verderben rennen lassen..." erwiderte ich leise.

„Nein, Tamara. Du hast uns eine reale Chance verschafft. Und diese werden wir nutzen. Wir sind so weit gekommen, wir geben jetzt nicht auf. Wir dürfen nicht aufgeben. Wir müssen weitergehen. Zusammen. Das waren deine Worte" eindringlich sah er mich an. Ich wusste, dass er Recht hatte. Doch die Vorwürfe, die ich mir machte, waren groß. Sehr groß.

Eine Weile später waren wir wieder unterwegs. Paul und Newt hatten sich vorhin kurz unterhalten. Ich nahm an, dass er sich tatsächlich bei ihm entschuldigt hatte, doch ich fragte nicht nach. Wie die Tage zuvor lief Paul mit Lucy vorne weg und ich mit dem Strubbelkopf hinterher. Ich stützte ihn weiterhin. Er war so unglaublich schwach und ausgelaugt. Doch er kämpfte sich verbissen weiter. Ein bisschen bewunderte ich ihn dafür. Musste ihm dieser Marsch doch alles abverlangen. Mir fiel auf, dass er ab und zu leicht hinkte. War das schon immer so? Ich überlegte fieberhaft, doch das denken fiel mir immer schwerer.

„Hast du dich am Bein verletzt?" fragte ich daher einfach nach.

„Nein. Falls du das Hinken meinst, dass kommt von einer alten Verletzung..." keuchte er.

„Wie ist das passiert?"

„Nicht so wichtig..." schien er mir auszuweichen. Und ich war zu müde, um weiter darauf einzugehen. So nickte ich ihm lediglich zu. Ich würde ihn einfach irgendwann später noch einmal darauf ansprechen. Interessierte es mich doch.

Das Wasser war früher alle, als ich befürchtet hatte. Es war früher Nachmittag und Lucy und Newt hatten eben den Rest ausgetrunken. Bei mir machte sich der Flüssigkeitsverlust schon bemerkbar. Mein Mund war trocken und ich bildete mir ein, weniger zu schwitzen. Bei den anderen würde es auch nicht lange dauern, bis die ersten Symptome eine Dehydrierung auftreten würden. Und ich konnte nichts, absolut gar nichts dagegen tun. Musste einfach zusehen...

Stunde um Stunde verging. Mein Mund war mittlerweile so staubtrocken, wie die Brandwüste. Meine Kopfschmerzen wurden immer schlimmer. Leichter Schwindel machte sich immer wieder bemerkbar und Schmerzen in meinen Waden deuteten bald kommende Krämpfe an.

Wir wurden immer langsamer. Liefen mittlerweile alle nebeneinander, nur Lucy wurde von Paul getragen. Ich sah Paul an, dass es ihm nicht anders erging. Er schwitzte kaum und fuhr sich mit seiner Zunge immer wieder über die trockenen Lippen.

„Ich habe so ein Durst..." jammerte Lucy leise und mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen.

„Ich weiß Curley Sue..." erwiderte ich keuchend, als Paul schmerzverzerrt aufschrie und mit Lucy auf dem Arm zu Boden ging. Er hielt sich jammernd seine Waden, während Lucy vor Schreck zu weinen anfing. Ich setzte den Strubbelkopf neben Lucy, damit er sich um sie kümmern konnte und ich hockte mich zu Paul.

„Krämpfe?" erkundigte ich mich und schob seine Hosenbeine hoch. Keuchend nickte er. „Das ist leider normal..." ich kniete mich hin und legte seine Beine auf meine. Massierte seine Waden leicht, um ihm etwas Linderung zu verschaffen. Mehr konnte ich leider nicht tun. „Hast du dir wehgetan?" erkundigte ich mich nebenbei bei Lucy, doch diese verneinte nur und ließ sich vom Strubbelkopf trösten. Plötzlich verstummte Paul sein jammern und ich wand mich ihm zu. Seine Augen waren geschlossen und er reagierte auch nicht, wenn ich ihn ansprach. Ich öffnete vorsichtig seine Augenlider und sah mir seine Augen an. Anschließend fühlte ich seinen Puls.

„Was ist mit Paul...?" fragte mich Lucy ängstlich, krabbelte neben ihn und nahm seine Hand.

„Er ist bewusstlos..." flüsterte ich leise. Das war es gewesen. Wir würden keinen Meter weiterkommen. Waren hier in der heißen Brandwüste gefangen. Sie würde uns verschlucken, wie tausende Menschen vor uns. Ich hatte uns ins Verderben rennen lassen. Ich hatte 3 unschuldige Menschenleben auf dem Gewissen. Menschen, die ich doch in Sicherheit bringen wollte. Menschen, die ich in Sicherheit wissen wollte. Und nun? Nun würden sie niemals einen sicheren Ort finden. 

Die Lichter in der Dunkelheit (Maze Runner, Newt FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt