Kapitel 17

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Einen Abend vor der Flucht war ich soweit mit allem fertig. Ich war müde und fühlte mich ausgelaugt. Mein Kopf war voll mit verdammt vielen Infos und ich habe die letzten 3 Tage nicht viel geschlafen. Gähnend rieb ich mir durchs Gesicht und schaute noch einmal nach dem Strubbelkopf. Er hatte wieder eine gesunde Gesichtsfarbe. Er sah schon fiel fitter aus. War zu Kräften gekommen. Schmerzen bereitete ihm hauptsächlich noch das Hämatom auf dem Rücken vom Baseballschläger.

„Danke. Ich danke dir für alles" hauchte er leise, damit uns niemand hören konnte und sah mich mit seinen braunen Augen an.

„Danke mir lieber nicht. Noch ist es nicht überstanden" erwiderte ich leise und setzte mich zu ihm auf die Liege.

„Ohne dich wäre ich schon lange tot. Vermutlich hast du mir sogar mehrmals das Leben gerettet. In der Wüste und im Keller. Und mit der Flucht ein weiteres mal. Da reicht ein normales danke nicht mehr aus" meinte er leise.

„Lade mich einfach irgendwann zu einem Bier ein. Dann sind wir quitt" erwiderte ich und bekam ein leises Lachen als Antwort. Neben seinen Mundwinkeln erschienen dabei kleine Grübchen. Ließen ihn noch jünger erscheinen.

„Ich habe noch nie Bier getrunken, glaube ich" überlegte er.

„Eines der Dinge, die du unbedingt tun solltest" erwiderte ich.

„Und du solltest unbedingt etwas schlafen. Sonst liegst du selber bald auf der Liege" erklärte er und als wäre es abgesprochen, kamen Paul und Lucy in dem Moment hinein. „Deine Ablöse ist auch schon da".

„Zu Befehl" salutierte ich und stand auf. In den letzten Tagen haben wir alle hier auf der Krankenstation geschlafen. Sicher ist sicher. Ich begab mich zu meinem Platz und kuschelte mich in die Decke ein. Paul machte das große Licht aus und das kleine Licht am Schreibtisch an. Lucy kam ebenfalls unter meine Decke gekrochen und kuschelte sich wie selbstverständlich an mich ran. Ich legte einen Arm um sie und nur wenige Sekunden später fielen mir die Augen zu.

Ich wurde wach, weil mich jemand rüttelte und leise meinen Namen rief. Müde öffnete ich meine Augen und sah Paul im halbdunkeln über mich gebeugt stehen.

„Wir haben ein Problem" flüsterte er leise und sofort war ich hellwach.

„Was ist los?" fragte ich hastig und stand vorsichtig auf, um Lucy nicht zu wecken.

„Ich habe den Boss und Billy eben belauscht. Er hat den Auftrag bekommen, seine Leute zusammen zu trommeln und nachts, wenn alle schlafen, den Gefangenen zu holen" erklärte er aufgeregt.

„Shit..." fieberhaft überlegte ich, was wir nun machen sollten. Wenn sie ihn in die Finger bekommen, war es das. Wir würden ihn da nie wieder rausbekommen. Wir würden ihn nie wiedersehen. „Wir müssen jetzt los!" erklärte ich leise und er wusste sofort, was ich meine. Vorsichtig weckte er Lucy, während ich Newt weckte.

„Planänderung. Wir müssen sofort los" erklärte ich ihm leise, nachdem er halbwegs wach war. Erschrocken riss er seine Augen auf und ich versuchte ihn beruhigend anzulächeln. „Zieh dich aus. Du musst was anderes anziehen" mit diesen Worten holte ich hinter dem Schreibtisch eine braune Jacke, ein weißes Langarmshirt, eine beige Cargo Hose, ein rotes Halstuch und eine Mütze hervor. Legte ihm alles auf die Liege und drehte mich zu Paul um. „Schnapp dir Lucy. Geh zum C-Tunnel. Dort ist jetzt am wenigsten los. Weißt du noch, wo der ist? Gut. Krabbelt bis zur ersten Kreuzung im Tunnel. Dort wartet ihr auf mich. Ich komme euch holen. Taschenlampen sind im Rucksack, der dort steht" befahl ich ihm. Nickend nahm er die verwirrte Lucy auf den Arm, bat sie leise zu sein und verschwand geräuschlos aus dem Zimmer.

„Warum?" flüsterte der Strubbelkopf hinter mir.

„Sie wollen dich heute Nacht holen" ich drehte mich wieder zu ihm und wickelte ihm das Halstuch einmal um den Hals, ließ deren Enden locker herunterhängen. „Doch das werde ich zu verhindern wissen" erklärte ich und betrachtete ihn. Zuppelte seine Mütze zurecht. „Nun siehst du aus, wie einer von den Männern hier". Ich gab ihm eine Waffe, die er sich hinten in den Hosenbund steckte. Vertraute ich ihm dafür genug? Doch Zeit zum überlegen blieb mir nicht. „Ich führe dich gleich. Du schaust nur nach unten. Sollte einer grüßen, Blick unten lassen, nicken, weitergehen". Ich kontrollierte meine Waffe und mein Messer und steckte diese ein. Anschließend schulterte ich einen kleinen Rucksack und zog mir eine Jacke drüber, um diesen etwas zu verstecken.

„Okay..." flüsterte er kaum hörbar und deutlich konnte ich nun seine Angst hören. Ohne zu überlegen umfasste ich sein Gesicht und zwang ihn so, mich anzusehen.

„Hab keine Angst. Ich beschütze dich. Wir schaffen das. Ihr kommt hier raus. Es wird alles gut gehen. Vertraue mir" bat ich ihn eindringlich und hielt ihm meine Hand hin. Ich musste ihn durch die Gänge führen, während er nicht schauen darf, wo es hingeht, damit ihn keiner erkennt. Das geht am besten, wenn ich ihn an der Hand führen kann. Kurz zögerte er, dann nahm er meine Hand.

Ein letzter Blick in seine ängstlichen Augen, ein letztes zunicken, dann verließen wir den Raum. Gingen nach rechts den Flur entlang. Brav hielt er seinen Kopf unten, doch sein fester Händedruck verriet mir seine Anspannung. Ich erwiderte den Händedruck, wollte ihm vielleicht so Mut schenken. Oder mir selber Mut machen? Wir gingen die Gänge rauf und runter. Zielsicher unserem Ziel entgegen. Nur wenige Leute kamen uns entgegen. Es war schon später Abend und viele hatten sich schon in ihre Zimmer zurückgezogen. Viel Zeit hatten wir vermutlich nicht mehr.

Wir haben einmal fast die halbe Lagerhalle durchquert, doch das war nötig. Hier waren jetzt die wenigsten Wachen und Menschen unterwegs. Ich blieb vor einer Fahrstuhltür stehen und sah auf die Uhr.

„Wir haben ca. 15 Minuten Zeit für den Abstieg. Sind 5 Etagen. Pass gut auf, wo du hintrittst, manche Stufen sind etwas rostig. Halte dich bloß gut fest" bat ich ihn leise und zog eine Stirntaschenlampe aus meiner Hose. Diese band ich ihm um, dann öffnete ich mit Hilfe einer Eisenstange die Türen des Fahrstuhls. Der eigentliche Fahrstuhl steckte hoch über uns fest, so konnten wir die Leiter herunterklettern. Ich nickte ihm zu, er hangelte sich vorsichtig zur Leiter herüber und begann mit dem Abstieg. Ich kletterte hinterher und schloss die Türen leise hinter mir. Dann kletterte ich die Leiter runter. Der Abstieg dauerte länger als geplant. Ich hatte nicht einkalkuliert, dass er die Leiter nicht kennt und daher vorsichtiger klettert, als ich. Doch das ist okay. Kann nicht gebrauchen, dass er jetzt abstürzt.

Endlich hatten wir wieder festen Boden unter den Füßen. Waren nun im Keller vom Lagerhaus.

„Das ist eine Sackgasse. Es gibt hier keine Tür" meinte er panisch, nachdem er sich in dem kleinen, fensterlosen Raum umgesehen hat.

„Keine offensichtliche zumindest" erwiderte ich und fing an, herumliegende Möbel beiseite zu schieben, bis das Gitter unter mir zum Vorschein kam. Mit seiner Hilfe schob ich es etwas beiseite, damit wir hindurch passten. Misstrauisch schaute er herunter. Es ging etwa 2m in die Tiefe. Wir mussten springen. Ich befestigte Seile am Gitter und an einem Regal und sah ihn abwartend an. Er schien sich nicht zu trauen.

„Unten liegt eine Matratze. Die federt den Fall ab, solltest du doof aufkommen" erklärte ich ihm leise und bedeutete ihm, endlich zu springen. Nach kurzem Zögern sprang er tatsächlich, ich gleich hinterher.

„Alles gut?" erkundigte ich mich leise und zog so lange an dem Seil, bis das Gitter wieder auf der Öffnung lag.

„Ja" erwiderte er nur und half mir bei dem anderen Seil, bis das Regal wieder auf dem Gitter lag und dieses so versteckte. Damit konnten wir diesen Weg vergessen, sollten wir umkehren müssen.

„Komm Strubbelkopf" ich griff nach seiner Hand und lief zielstrebig los. Wir mussten geduckt gehen, weil der Tunnel an manchen Stellen höchstens 1,50m hoch war. Wir liefen etwa 500m durch die Labyrinth ähnlichen Gänge, bis ich an einer der vielen Kreuzungen stehen blieb und ihn ansah.

„Du wartest hier, ich gehe die anderen beiden und die Taschen holen. Ruhe dich etwas aus" erklärte ich ihm und reichte ihm eine Flasche Wasser aus meinem Rucksack.

„Aber..." ängstlich schaute er mich an.

„Es ist das Beste für dich. Du wirst deine Kräfte noch brauchen. Ich weiß, es ist beängstigend hier unten, aber hier ist niemand. Ich beeile mich. Versprochen" zögerlich nickte er, dann ließ er sich an der Wand herunterrutschen. Ich lächelte ihn kurz aufmunternd an, zumindest versuchte ich das, dann rannte ich los. Zu der Stelle, an der hoffentlich Paul mit Lucy warten würde. Etwa weitere 800m später lief ich auf die Kreuzung zu, doch ich konnte niemanden erkennen.

„Paul? Ich bins" rief ich leise und blieb kurz vor der Kreuzung stehen. 

Die Lichter in der Dunkelheit (Maze Runner, Newt FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt