*Perspektivenwechsel*
Was erzählten sie da für einen Blödsinn? Gally soll einen Jungen umgebracht haben? Mein Gally? Okay, er war schnell aufbrausend und auch gerne mal aggressiv, aber doch keinem Kind gegenüber. Nicht Gally. Das konnte ich nicht glauben. Ich musste unbedingt mit ihm reden. Musste seine Version der Geschichte hören. Augenblicklich machte ich mich auf die Suche nach ihm. Ich hatte so meine Vermutung, wo ich ihn finden würde. Die letzten Tage war er oft am Strand und starrte stundenlang aufs Meer hinaus. Schien über irgendwas nachzudenken, doch ließ er mich nicht an seinen Gedanken teilhaben. Schon von weitem sah ich ihn im Sand sitzen. Ich ging zu ihm und setzte mich neben ihm. Er drehte seinen Kopf zu mir und deutlich sah ich seine tiefen Augenringe. Irgendwas schien ihm den Schlaf zu rauben. Seine grünen Augen, traurig sahen sie mich an und auch sein Schlucken blieb mir nicht verborgen.
„Du weißt es..." hauchte er leise und sah wieder aufs Meer hinaus.
„Was weiß ich?"
„Was ich getan habe..."
„Was hast du denn getan?"
„Man Engel, verarsche mich nicht!"
„Ich verarsche dich nicht Grünauge. Aber ich möchte deine Geschichte hören. Deine Version. Deine Sicht der Dinge. Ich möchte es von dir hören" erklärte ich ihm ruhig und deutlich sah ich sein Schlucken. Sah, wie angespannt er ist.
„Wozu? Ist doch eh zu spät..." hauchte er bedrückt und deutlich erkannte ich die Angst in seiner Stimme.
„Wofür ist es zu spät?"
„Das war es doch, oder nicht? Zwischen uns wird es nie wieder so sein, wie es war. Wie es war, bevor du es erfahren hast. Du wirst dich von mir abwenden..." erwiderte er leise mit zitternder Stimme.
„Denkst du das wirklich von mir?" erkundigte ich mich bei ihm. Hatte er solch eine Angst davor?
„Keine Ahnung... Du bist doch alles, was mir noch geblieben ist... Du bist meine Familie. Mein ein und alles. Ich ertrage es nicht, dich zu verlieren. Ich habe einfach Angst. Angst, dass das immer zwischen uns stehen wird. Angst, dass du mich nun anders ansehen wirst. Angst, dass du nichts mehr mit mir zu tun haben möchtest. Angst, dass du gehen wirst. Einfach unglaubliche Angst, dich zu verlieren..." hauchte er leise und kämpfte sichtlich mit den Tränen.
„Warst du deswegen die letzten Tage so abwesend zu mir...?" erkundigte ich mich leise.
„Ja..." krächzte er leise, doch sah mich weiterhin nicht an.
„Ach Grünauge..." ich setzte mich breitbeinig auf seinen Schoß und umfasste sanft sein Gesicht. Zwang ihn so, mich anzuschauen. „Mich wirste nicht mehr los. Einmal an der Backe, immer an der Backe" versuchte ich ihm ein Grinsen zu entlocken, doch seine Miene blieb unverändert. Sanft streichelte ich seine Wange, während ich weitersprach. „Wir wollten uns doch immer alles sagen. Und wir haben uns immer alles gesagt. Du wirst mich nicht verlieren Gally. Das wirst du nicht. Geht es mir doch genauso. Du bist meine Familie... Alles, was ich noch habe... Ich brauche dich...Mit wem soll ich denn sonst dein ekliges Gesöff trinken? Wer zwingt mich dann zum Tanzen? Über wessen chaotisches Zimmer soll ich mich sonst aufregen? Wem soll ich denn dann ärgern und aufziehen? Mit wem soll ich mich sonst rangeln? Mit wem soll ich dann diskutieren, bis einer von uns sturen Eseln nachgibt? Du wirst mich nicht verlieren. Ich werde nicht gehen. Ich... Ich habe dich doch lieb... Bitte rede mit mir. Schließe mich nicht aus" bat ich ihn und wurde beim reden immer leiser. Es ist lange her, dass ich so ehrlich jemandem sagte, was ich für ihn fühlte. Verdammt lange her. Aber es entsprach der Wahrheit. Ich hatte ihn lieb. Sehr lieb sogar. Sanft wischte ich ihm seine Tränen ab und lächelte ihn leicht an.
Zögerlich fing er an, mir seine Geschichte zu erzählen. Wie er vor ungefähr 4 Jahren auf die Lichtung kam. Wie er die Zeit dort erlebt hat. Wie er sich anderen gegenüber verhalten hat. Was sie gemacht haben. Das es für ihn sein Zuhause war. Bis zu dem Tag, an dem Thomas und die anderen aufgebrochen sind, um einen Ausgang aus dem Labyrinth zu finden. Wie er mit wenigen Jungs auf der Lichtung zurückgeblieben ist. Wie nur kurz danach die Griewer gekommen sind. Wie sie ihn gestochen haben. Was er für Schmerzen durchlitten hat. Bis zu dem Moment, wo er Chuck getötet hat und Minho einen Speer auf Gally warf und ihn traf. Ich ließ ihn erzählen. Unterbrach ihn kein einziges Mal. Immer wieder liefen ihm die Tränen. Unermüdlich wischte ich sie ihm sachte ab. Ich sah, wie sehr es ihn schmerzte, davon zu erzählen. Es alles noch einmal zu erleben, doch er musste es erzählen. Es würde ihm helfen.
„Ich habe auf der Lichtung alles verloren. Alles. Mein Zuhause. Meine Freunde. Meine Familie. Sie denken, es hat mich kalt gelassen. Hat es aber nicht. Verdammt noch mal, das hat mich nicht kalt gelassen. Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht an Chuck denke. An dem ich nicht daran denke, was ich getan habe. An dem ich ihn nicht um Verzeihung anflehe. An dem ich nicht daran denke, was ich verloren habe. Es gibt keinen Tag, an dem ich mir nicht wünschte, dass ich an seiner Stelle gestorben wäre... Lange fühlte ich mich leer. Fühlte mich fehl am Platz. Wusste nicht, wohin mit mir. Es fühlte sich alles falsch an. Einfach so falsch. Doch dann kam der Tag, an dem ich dich kennengelernt habe. Dir war es völlig schnuppe, was ich dir an den Kopf geknallt habe, du hast es einfach eiskalt gekontert. Hast mir Feuer unter dem Hintern gemacht und dich nicht von meiner äußeren Hülle abschrecken lassen. Du hast hinter dir Fassade geschaut. Hast dir nicht von den anderen reinreden lassen, dass ich schlecht bin. Du hast dir die Mühe gemacht, mich selber kennenlernen zu wollen. Ich weiß nicht wie, aber du hast mir bis in meine Seele geschaut. Hast mir mein Lachen wiedergebracht. Konnte wieder Spaß haben und die Zeit genießen. Konnte seit langem wieder durchschlafen, ohne ständig von Alpträumen aufgeschreckt zu werden. Du warst einfach nur da. Für mich da. Hast mir zugehört. Hast mich getröstet. Hast dich sogar mit mir gerangelt. Hatte durch dich wieder einen Grund zum Leben. Einen Grund zum Kämpfen. Mit der Zeit bist du meine beste Freundin geworden und hast die dunklen Wolken vertrieben. Du bist zu meiner Familie geworden. Meine Familie, die ich beschützen möchte und muss. Meine Familie, der ich ein Zuhause geben möchte. Ich würde es nicht noch einmal ertragen, alles zu verlieren... Dich zu verlieren..." beendete er weinend seine Erzählung.
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Die Lichter in der Dunkelheit (Maze Runner, Newt FF)
FanfictionEine schier undurchdringliche Brandwüste. Cranks wohin das Auge blickt. Ständig die Gefahr im Nacken. Angst, vor dem Sein. Angst, vor dem, was wird. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Verschiedene Schicksale treffen aufeinander. Kann das gut gehen? Können s...