Kapitel 6

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Leise klopfte es an dir Tür und Paul steckte seinen Kopf hinein.

„Was gibt es?" erkundigte ich mich. Hoffte, er würde das Gespräch von gestern nicht fortsetzen wollen. Sein Blick fiel auf den Strubbelkopf hinter mir.

„So gefährlich sieht er gar nicht aus" grinste er schief.

„Wer sagt, dass er gefährlich wäre?"

„Du weiß doch. Die Menschen hier reden gerne. Die tollsten Gerüchte über ihn sind im Umlauf. Von groß und muskulös ist die Rede. Er wäre vor ANGST geflohen. Er wäre krank und wäre schon dabei sich zu verwandeln. Er wäre ein brutaler Serienkiller und noch so einiges" grinste er weiter. Ich schaute zu dem blonden Strubbelkopf und fing herzhaft zu lachen an. Er und ein brutaler Serienkiller? Er ist doch noch ein halbes Kind.

„Die Leute haben eindeutig zu viel Langeweile und sollten sich um wichtigeres kümmern" erwiderte ich, nachdem ich mich beruhigt hatte.

„Wobei wir bei dem Grund wären, warum ich hier bin" stammelte er plötzlich rum. Abwartend schaute ich ihn an, bis er fortfuhr. „Ich muss für Maria bei der heutigen Tour einspringen und wollte dich bitten, dass du so lange Lucy nimmst. Sie wird sicher ganz lieb sein und du wirst sie gar nicht bemerken". Zweifelnd zog ich eine Augenbraue hoch. Sowas hat es bei Lucy noch nie gegeben. „Okay, ich gebe zu, das war ein schwacher Versuch... Bitte Tamara. Sie mag dich und ist gerne bei dir. Ich weiß sie in Sicherheit, wenn du bei ihr bist. Auch wenn du es abstreitest, aber du würdest niemals zulassen, dass ihr etwas geschieht. Es wäre nur für 2-3 Tage. Du hättest auch was gut bei mir. Bitte" flehte er mich an.

„Paul nein. Ich habe keine Zeit dem Kind die ganze Zeit hinterherzurennen und aufzupassen, dass sie nichts anstellt" erwiderte ich schroff.

„Tamara bitte. Ich wäre viel ruhiger und beruhigter, wenn ich sie bei dir in Sicherheit weiß. Sie ist doch alles, was ich noch habe..." flüsterte er nun und sah mich bittend an.

„Nee Paul, die Schiene zieht nicht bei mir. Das weißt du ganz genau. Warum hast du dann der Tour zugestimmt?" fragte ich genervt.

„Ich habe nicht zugestimmt. Lex hat es beschlossen. Du weißt, wie er ist. Er duldet keinen Widerspruch. Ihm ist es doch völlig egal, was mit Lucy wird. Die Kinder hier sind ihm alle ein Dorn im Auge. Ein Klotz am Bein. Wenn er könnte, würde er sie..." er unterbrach sich mitten im Satz und sein Schlucken blieb mir nicht verborgen. Er hatte Recht. Wenn es nach Lex gingen würde, wären keine Kinder hier. Er hätte sie draußen in der Brandwüste ihrem Schicksal überlassen. Oder sie eigenhändig umgebracht. Ich wusste, wie sehr Paul seine kleine Schwester liebte. Das er alles für sie tun würde.

„Na schön. Bring das kleine Biest her" gab ich mich genervt geschlagen. Die Erleichterung sah man ihm mehr als deutlich an.

„Danke, danke, danke. Du wirst es nicht bereuen. Hoffe ich... Du bist echt die Beste" rief er erfreut und bevor ich reagieren konnte, hatte er mir einen Kuss auf die Wange gegeben. „Oh..." lief er rot an und flüchtete regelrecht aus dem Krankenzimmer. Verblüfft schaute ich ihm hinterher. Was war das denn gerade?

„Und wie ich es bereuen werde" murmelte ich leise und räumte das Putzzeug weg. Das werden die längsten und härtesten Tage, die ich je hatte. „Gleich ist es vorbei mit der herrlichen Stille" redete ich mit dem Strubbelkopf, als wenn er antworten würde. Als wenn er mich hören könnte. Er ist ein angenehmer Zimmergenosse. Noch ruhiger geht nicht. Nicht einmal atmen hört man ihn. Perfekt für mich.

„Tamara" hörte ich da schon Lucy von weitem rufen und hielt ihr seufzend die Tür auf. Lachend kam sie hereingeschliddert und packte sich dabei fast hin. Wenn sie sich jetzt noch verletzten würde, dass würde mir gerade noch fehlen. „Ich freue mich schon auf die Zeit bei dir. Das wird bestimmt ganz lustig" grinste sie mich an.

„Welch Freude" erwiderte ich sarkastisch, doch das verstand sie noch nicht. War vielleicht auch besser so. Paul kam herein und stellte eine Tasche mit Sachen von Lucy ins Zimmer.

„Wenn was fehlt, bediene dich einfach im Zimmer. Bis dann" sagte er leise, ohne mich anzuschauen und verabschiedete sich von Lucy.

„Komm ja wieder. Sonst kannst du in der Höhle was erleben, wenn ich runterkomme" erklärte ich bestimmend. Nicht, dass ich Lucy für immer an der Backe hatte.

„Zu Befehl Madam" grinste er mich kurz an, winkte noch einmal und war schon verschwunden. Komischer Kauz.

„Nicht erschrecken. Ich puste jetzt auf dein ganzes aua. Dann geht es dir bald besser. Das macht Paul auch bei mir, wenn ich aua habe und es hilft" hörte ich da Lucy reden. Ich drehte mich suchend um und entdeckte sie auf einen Stuhl hockend neben der Liege, wo sie sich den Strubbelkopf ganz genau anschaut und anschließend gefühlt seinen ganzen Körper pustet, bis sie selber ganz rot im Gesicht wird, von der Anstrengung.

„Curley Sue... Was habe ich dir gesagt?"

„Das pusten nicht immer hilft. Aber ich kann es doch versuchen. Paul hat gesagt, dass es nicht schaden kann" erklärte sie mir, während sie fröhlich weiter pustet.

„So, hat er das... Hat er keine Angst, wenn du bei dem Strubbelkopf bist?" erkundigte ich mich bei ihr.

„Strubbelkopf. Das klingt lustig" leise kicherte sie vor sich hin. „Nein, hat er nicht. Er weiß ja, dass du auf mich aufpasst und mich beschützt" erklärte sie und schaute nun den Strubbelkopf an. „Hallo Strubbelkopf. Ich bin Lucy. Alle sagen, dass du böse bist. Aber du siehst ganz lieb aus. Du schläfst ganz schön lange. Wach doch mal auf" leicht stupste sie ihn an, doch er regte sich nicht.

„Er schläft nicht. Er ist bewusstlos" versuchte ich ihr zu erklären und ließ mich wieder auf meinen Stuhl fallen. Irgendwann würde er sicher zusammenbrechen, wenn ich mich drauffallen lasse.

„Was ist das?" vorsichtig strich sie ihm über die Wange, während sie mich neugierig anschaute. Seufzend versuchte ich die passenden Worte zu finden.

„Er ist sehr doll krank. Sein Körper hat ihn in einen tiefen Schlaf geschickt, damit der Körper sich auf das wichtigste Konzentrieren kann. So bekommt er die Ruhe, die er braucht, um wieder gesund zu werden" versuchte ich mein Glück.

„Dann wird er wieder gesund?"

„Das weiß ich nicht" genervt zuckte ich mit den Achseln. Behielt sie aber im Auge, damit sie nichts anstellt und nicht auf blöde Ideen kommt. Nachdenklich schaute sie ihn an.

„Du wirst wieder gesund. Das weiß ich. Tamara macht dich gesund" heftig nickte sie bei ihren Worten.

„Jetzt komm runter von dem Stuhl. Spiel mit deiner Puppe, dann kann ich noch was arbeiten" erklärte ich bestimmend. Seufzend kletterte sie vom Stuhl herunter und spielte auf dem Boden. Ich widmete mich der Bestandsaufnahme unserer Medikamente und dem Verbandszeug. Es hatte ganz schön abgenommen. Es würden bald welche auf Tour gehen müssen, um Nachschub zu besorgen. 

Die Lichter in der Dunkelheit (Maze Runner, Newt FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt