Kapitel 22

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„Ihr kuschelt schon die ganze Zeit" kicherte es da leise neben mir und ich drehte mich zu den Vordersitzen um. Lucy strahlte mich regelrecht an. Sie schien die Flucht gut verarbeitet zu haben.

„Quatsch" erwiderte ich lediglich.

„Doch! Ich sehe das doch! Ihr habt euch lieb!" kicherte sie weiter.

„Lucy! Ich habe niemanden lieb!" knurrte ich leise und für einen kleinen Augenblick huschte ein Schatten über ihr Gesicht. Das strahlen wich einem traurigen Blick. „Ich habe ihn nur gewärmt, weil er gefroren hat. So wie Paul dich gewärmt hat" versuchte ich es ihr zu erklären. Sie drehte sich, ohne ein weiteres Wort, um und ließ sicher auf den Beifahrersitz nieder. Mein Blick wanderte zu Paul. Er sah mich an, doch kein Vorwurf lag in seinen Augen. Eher etwas Trauriges? Ich wusste, dass ich Lucy verletzt hatte. Doch es war besser so. Für sie war es so besser, redete ich mir ein.

Doch richtig wollte es nicht klappen. Und ich wollte auch nicht, dass sie wegen mir traurig ist. Ich kramte blind in meinem Rucksack herum, bis ich das Gesuchte gefunden hatte und zog es raus.

„Was würdest du gerne Essen, was du sehr lange nicht gegessen hast, Curley Sue?" fragte ich leise und ich kannte die Antwort schon.

„Schokolade. Weißt du doch" maulte sie und ich konnte mir vorstellen, wie sie bockig die Arme vor der Brust kreuzte. Sie liebte Schokolade, doch diese war schwer zu bekommen. Ich hatte bei der letzten Tour welche gefunden und behalten. Für besondere Situationen und das hier war vermutlich so ein Moment.

„Du meinst sowas hier?" fragte ich scheinheilig nach und wartete ab. Es dauerte gar nicht lange, da lugte ihr neugieriger Kopf vorsichtig um die Ecke herum. Ich hielt ihr einen kleinen Schokoriegel hin und ihre Augen wurden groß.

„Für mich...?" fragte sie ungläubig.

„Wenn du nicht willst, ich esse den auch" frech grinste ich sie kurz an.

„Nein! Meiner" lachte sie und schon hatte sie ihn sich gekrallt. Andächtig ließ sie ihn sich schmecken und ihr leuchtender Blick verriet mir, dass alles wieder gut war. „Dankeschön Tamara" murmelte sie mit vollem Mund und ließ Paul auch abbeißen. Dieser war genauso verrückt nach Schokolade. Muss wohl in der Familie liegen. Ich gab auch ihm einen Schokoriegel, als Art Entschuldigung. Er nickte mir zu und steckte sich ihn in die Tasche. Ich wusste, dass er ihn später Lucy geben würde. Er verzichtet für sie auf vieles.

„Ich befürchte, wir sitzen hier noch etliche Stunden fest. Wenn nicht sogar Tage" meinte er nun.

„Der Sturm hat aber auch etliche Vorteile für uns" erwiderte ich nach kurzem Überlegen. Fragend schaute er mich an. „Sie können uns so nicht suchen. Der Sturm lässt unsere Spuren im Sand verschwinden. ANGST wird sein Verschwinden somit auch erst später bemerken, da sie so nicht zum Boss hinkommen. Und Strubbelkopf kommt etwas zur Ruhe und kann Kraft tanken" erklärte ich ihm.

„Aber das ist soooo langweilig hier" warf Lucy berechtigterweise ein. Ich konnte mir auch besseres vorstellen, als hier noch tagelang festzusitzen. Paul gab ihr einen Block und Stifte, damit sie etwas malen konnte. Das würde sie zumindest ein paar Minuten beschäftigen.

„Hast du schon ein Plan, wie es weitergehen soll? Wir haben nicht den geringsten Anhaltspunkt, wo wir seine Freunde finden. Wissen nicht einmal, ob sie noch leben. Vielleicht haben sie es nicht bis in die Berge geschafft. Sind in der Wüste verdurstet. ANGST könnte sie schon längst gefunden haben. Oder sie haben sich einfach für ein anderes Ziel entschieden" überlegte Paul weiter.

„Wissen tun wir das nicht. Aber sie alle haben das selbe Ziel und sie wissen, dass es der Strubbelkopf kennt und versuchen könnte, in die Berge zu kommen. Somit glaube ich nicht, dass sie woanders hingegangen sind. Und meine letzte Info ist, dass Janson sie immer noch sucht, also hat ANGST sie nicht gefunden. Natürlich könnten sie längst tot sein. Aber wenn sie auch nur annährend den gleichen Überlebenswillen wie der Strubbelkopf haben, wovon ich ausgehe, dann haben sie es geschafft. Sie sind in den Bergen. Und wir werden sie finden" erwiderte ich. Nachdenklich betrachtete er Newt.

„Sieht man ihm gar nicht an, dass er so hart kämpfen kann"

„Das kann heutzutage ein Vorteil sein. Außerdem sieht man mir das auch nicht an" grinste ich fies.

„Definitiv nicht. Aber ich kenne dich und ich würde mich niemals mit dir anlegen wollen" grinste er zurück.

„Dabei bist du echt gut"

„Dankeschön" grinste er stolz, wurde aber gleich wieder Ernst. „Du lehnst dich ganz schön weit aus dem Fenster für ihn. Kenne ich überhaupt nicht von dir. Außer, wenn es um Lucy geht".

„Was willst du damit andeuten?"

„Nichts... Nur das es ungewohnt ist... Gibt es einen bestimmten Grund dafür?" fragte er mich leise. Gab es den? Sollte ich ihm von meinen Überlegungen bezüglich Newt erzählen? Das ich glaubte, dass er für was höheres bestimmt ist? Man, klingt das dämlich.

„Nein. Ich habe einfach die Hoffnung, dass er und seine Freunde zusammen mit euch einen sicheren Ort für euch findet" erwiderte ich. Wirklich gelogen war das gar nicht. Glaubte und hoffte ich das ja wirklich. Es war nur nicht der einzige Grund. Und es schien ihm nicht aufzufallen, dass ich mich bei der Aufzählung rausgelassen habe.

„Okay. Also fahren wir weiter zu den Bergen, sobald der Sturm sich gelegt hat. Hoffentlich ist es nicht mehr so weit, wie es aussieht. Gefühlt entfernen sie sich immer weiter von uns weg" gab er seine Gedanken preis und ich pflichtete ihm bei. Plötzlich regte sich der Blondschopf auf mir.

„Da erwacht jemand von den Toten" grinste Paul. Verschlafen sah Newt zu mir hoch und dann an uns herunter.

„Oh... Sorry" flüsterte er verlegen stotternd und rutschte von mir herunter. Nahm seine Hände von meinem Bauch und setzte sich auf. Rieb sich gähnend durchs Gesicht. Seine Haare standen in allen Richtungen und der Name Strubbelkopf passte gerade ausgezeichnet.

„Genauso nervig wie dein ständiges bedanken ist auch dein ständiges entschuldigen. Ich ergänze meine Drohung um diesen Punkt" meinte ich ernst zu ihm.

„Du meinst das nicht wirklich ernst...?" fragte er leise. Ich glaube, er konnte mich nicht gut einschätzen. Das war gut. Gut für mich.

„Willst du es herausfinden?"

„Nein" heftig schüttelte er den Kopf und ich konnte mir ein kurzes Grinsen nicht verkneifen, angesichts seines verzweifelten Gesichtsausdruckes. Augenblicklich entspannte er sich und versuchte seine Haare zu bändigen, doch es brachte nicht viel. Ich gab ihm was zu trinken und zu essen und versorgte seine Wunden. Der Schlaf hat ihm gutgetan. Für ihn persönlich wäre es das Beste, wenn der Sturm noch ein paar Tage anhalten würde. Damit er sich schonen und ausruhen kann. Kraft tanken kann. Doch für uns würde das echt hart werden. Die mangelnde Bewegung und das enge aufeinander hocken könnte böse ausgehen. Niemand konnte sich zurückziehen. Man hatte keine Ruhe, um alleine zu sein. Außerdem war meine Blase kurz vorm platzen und ich glaube, den anderen geht es nicht viel anders. 

Die Lichter in der Dunkelheit (Maze Runner, Newt FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt